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Workshop "Kapitalismus und unsichere Positionen von Minderheiten"
Das Teilprojekt C10 "Zwischen Minderheitenschutz und Versicherheitlichung" lädt zum Workshop "Kapitalismus und unsichere Positionen von Minderheiten. Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus durch die Brille materialistischer Kritik betrachtet" ein.
Veranstaltungsdaten
04. November 2024 12:30 – 05. November 2024 17:30
Termin herunterladen (.ics)
Justus-Liebig-Universität Gießen, Margarete-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34, 35390 Gießen
Inhalt des Workshops
Minderheiten stehen in der Theoriebildung zu sozialer Marginalisierung und Exklusion in doppelter Hinsicht auf unsicheren Positionen: Zum einen ist die tatsächliche Unsicherheit ihrer Positionen in der Gesellschaft Ausgangspunkt und zu erklärendes Phänomen für die Forschung. Zum anderen sind Minderheiten aber auch innerhalb der sozialwissenschaftlichen Theoriebildung unsicher situiert. Der Workshop nimmt theoretische Ansätze in den Fokus, die Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus vor dem Hintergrund kapitalistischer Dynamiken analysieren. Eine Stärke solcher Ansätze ist ihr Anspruch, die unsicheren Positionen von Minderheiten im Kontext materieller, gesellschaftlicher Strukturen zu erklären, statt sie allein auf Vorurteile zurückzuführen. So kann sichtbar gemacht werden, wie die ideologische Verortung von Minderheiten an jeweils spezifischen Positionen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft, etwa als „ausbeutbarer Schwarzer”, „rückständige Muslima“, „geldgieriger Jude“ oder „bettelnde Zigeunerin“, legitimiert, dass Menschen den Zwängen der Kapitalverwertung zu ungleichen Bedingungen ausgesetzt sind. Allerdings fällt an aktuellen Entwicklungen in der kapitalismuskritischen Theoriebildung zu Antisemitismus, Rassismus und Antiziganismus auf, dass die Analysen der verschiedenen Ideologien weitgehend isoliert verlaufen, sie für die jeweils anderen Ideologien blind werden oder diese sogar reproduzieren. Denn allzu leicht wird übersehen, dass sich Angehörige aller Minderheiten in prekären und unsicheren gesellschaftlichen Positionen befinden können.
Der Workshop soll eine konstruktive Gegendynamik erzeugen, indem er ein Forum für Diskussionen darüber schafft, inwiefern verschiedene kapitalismuskritische Theorien der Marginalisierung und Exklusion von Minderheiten sich gegenseitig bereichern können. Um dem Antisemitismus, dem Rassismus und dem Antiziganismus als je eigener Herrschafts- und Ideologieform gerecht zu werden, bedarf es zwar ihrer separaten Untersuchung. Zugleich ist jedoch auch die Zusammenschau notwendig, um ihre Unterschiede herauszuarbeiten und in Beziehung zum Kapitalismus zu setzen. Das Vorhaben ist also komplex. Umso mehr wären die drei Forschungsfelder angehalten, die methodischen Prämissen und Erkenntnisse der je anderen nachzuvollziehen.
Das epistemologische Potential einer solchen gegenseitigen Bereicherung wird bislang jedoch kaum genutzt. In den meisten Beiträgen zu Racial Capitalism, die das Augenmerk auf konkrete soziale Hierarchien und deren Auswirkungen auf die materiellen Lebensbedingungen Rassifizierter legen, taucht das Thema Antisemitismus nicht auf. Teilweise bedienen sich simplifizierte Erklärungen des Racial Capitalism sogar antisemitischer Stereotype. Daneben gibt es Antisemitismus-Forscher*innen, die etwa im Anschluss an die ältere Kritische Theorie versuchen, ihren Gegenstand aus der kapitalistischen Vergesellschaftung heraus zu verstehen und ihn auf eine fehlgeleitete, personifizierte Kapitalismuskritik zurückführen. Rassistisch strukturierte soziale Ungleichheit bleibt hierbei häufig unterbelichtet. Im Schatten dieser Diskussionen steht als relativ junges Sachgebiet die materialistische Antiziganismusforschung. Hier sind im deutschsprachigen Raum sowohl Perspektiven der subjekttheoretischen Analyse des Antisemitismus als auch der Kapitalismuskritik nach Marx eingeflossen. Solche Theorien des Antiziganismus ergänzen anthropologische und vorurteilsbezogene Herangehensweisen, sind jedoch bisher wenig ausgebaut.
Im Workshop soll herausgearbeitet werden, auf welche Weise kapitalistische Akkumulations- und Subjektivierungsformen berücksichtigt werden müssen, um den Besonderheiten von Antisemitismus, Rassismus und Antiziganismus in der Theoriebildung gerecht zu werden.
Programm des Workshops
Öffentliche Keynote
Am 4.11.2024 findet um 18:30 eine öffentliche Keynote Lecture von Ulrike Marz zum Thema "Materialismus und Psychologie: Bezugspunkte einer Kritischen Theorie des Rassismus" statt. Mehr Informationen
Anmeldung
Bei Interesse am Workshop bitten wir um eine Anmeldung bis zum 28.10.2024 an anna-sophie.schoenfelder@sowi.uni-giessen.de
Referierende
Christine Achinger | Francesco Arman | Randi Becker | Floris Biskamp | Martin Dornis | Lukas Egger | Magdalena Freckmann | Felix Kronau | Ulrike Marz | Tobias Neuburger | Anne Peiter | Helge Petersen | Jill Pöggel | Julian Prugger | Jan Rickermann | Leo Roepert | Roman Thurn | Stefan Vennmann | Moritz Zeiler
Veranstalter
Dr. Laura Tittel
Anna-Sophie Schönfelder
Max Waibel
Hannes Kaufmann
Prof. Regina Kreide
Kontakt
Anna-Sophie Schönfelder