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02.10.2006

Fehlerhaftes Protein löst erbliche Form von Parkinson aus

Forschergruppe um Birgit Liss beschreibt in internationaler Kooperationsarbeit ein neues Gen für Parkinson-Syndrom


Das Kufor-Rakeb Syndrom ist eine seltene erbliche Variante der Parkinsonkrankheit, die bereits in der Jugend auftreten kann. Betroffene leiden nicht nur an typischen Symptomen einer Parkinson-Erkrankung, sondern sie haben zusätzlich auch noch Schwierigkeiten beim Bewegen der Augen und eine zunehmend eingeschränkte geistige Leistungsfähigkeit. Ein internationales Wissenschaftler-Team, unter anderem auch eine Marburger Forschergruppe um Prof. Dr. Birgit Liss, hat jetzt das Gen identifiziert, das für die Entstehung dieser Erkrankung verantwortlich ist.

„Wir untersuchten zwei Familien, in denen das Kufor-Rakeb Syndrom (KRS) bei mehreren Mitgliedern aufgetreten ist“, so der Leiter der Studie, Professor Christian Kubisch von der Universität Köln. „Dabei entdeckten wir das Gen ATP13A2. Beide Kopien dieses Gens sind bei erkrankten Familienmitgliedern von Mutationen betroffen. Jede dieser Genveränderungen führt zu einem Verlust der Funktion des Gens.“

Über das Protein, dessen Bauanleitung im Gen ATP13A2 enthalten ist, ist bislang nur wenig bekannt. Das Forscherteam um Prof. Christian Kubisch entdeckte jetzt aber, dass dieses Protein im Verdauungsapparat der Zelle – den sogenannten Lysosomen - vorkommt. Die Zellverdauungsorgane sehen aus wie kleine Bläschen. Sie nehmen Proteine und andere nicht mehr benötigte Materialien auf und bauen sie ab. Wie die Wissenschaftler nun durch Färbemethoden beobachten konnten, befindet sich das ATP13A2 Protein in der Hülle dieser Lysosomen und wird am stärksten im Gehirn gebildet, vor allem in der Schwarzen Substanz (substantia nigra), einer Gehirnregion, von der bekannt ist, dass sie eine zentrale Rolle bei der Parkinsonkrankheit spielt.

Da bei KRS-Patienten beide Kopien des ATP13A2 Gens ungünstig verändert sind, wird in ihren Körperzellen nur defektes ATP13A2-Protein gebildet. Nach ersten Erkenntnissen der Forscher wird dieses mutierte ATP13A2-Protein nicht in die Hülle der Lysosomen eingebaut, sondern in einem weiteren Zellorganell, dem endoplasmatischen Reticulum, als fehlerhaft erkannt und nachfolgend von der Zelle abgebaut. Prof. Kubisch vermutet, dass deshalb vielleicht die Verdauungstätigkeit der Lysosomen gestört ist. „Wenn bestimmte Abfallstoffe nicht mehr normal abgebaut werden und sich in der Zelle anreichern, könnte dies giftig für die Zelle sein“, erläutert Kubisch.

Interessanterweise konnten die Wissenschaftler zeigen, dass dieses Gen auch im Gehirn von Patienten, die an der typischen Parkinson-Erkrankung leiden, deutlich aktiver ist als im Gehirn von gesunden Menschen. „Wir haben also erste Hinweise darauf, dass ATP13A2 nicht nur beim seltenen Kufor-Rakeb Syndrom, sondern eventuell auch bei anderen Parkinson-Erkrankungen beteiligt ist,“ so Professor Birgit Liss, die eine Forschergruppe zur Molekularen Neurobiologie an der Philipps-Universität Marburg betreut

In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler herausfinden, welche Funktion das ATP13A2 Protein hat und welche Rolle es bei der Entstehung von Parkinson und anderen degenerativen Erkrankungen des Nervensystems spielt.“ An der Studie, die unter anderem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) gefördert wurde, waren Forschergruppen aus Köln, Marburg, Bonn, England, Chile und Jordanien beteiligt.

Weitere Informationen:

Homepage der Wissenschaftler
- am Institut für Physiologie der Universität Marburg: http://www.med.uni-marburg.de/d-einrichtungen/molneurophys/
- am Institut für Humangenetik der Universität Köln: http://www.uk-koeln.de/institute/humangenetik/forschung/kubisch/