13.11.2006
Forschen mit dem Weltmarktführer
BMBF fördert Kooperation zwischen Marburger Industrieunternehmen und der Universität – 500.000 Euro fließen an den Fachbereich Chemie
Das ist bislang einmalig in der Region: eine vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderte Kooperation zwischen einem Industrieunternehmen und den mittelhessischen Universitäten. Nun aber ist das Projekt bereits am Laufen: Rund 1,3 Millionen Euro flossen Ende Oktober an die Marburger Firma Seidel, die im Bereich der Oberflächenveredelung von Materialien tätig ist und einen Jahresumsatz von rund fünfzig Millionen Euro erzielt, darüber hinaus teilen sich drei Arbeitsgruppen – zwei aus der Marburger Chemie und eine aus Gießen – einen Betrag von 750.000 Euro. „Seidel hat in Fronhausen bereits eine sechshundert Quadratmeter große Halle errichtet“, so der Marburger Chemieprofessor Joachim H. Wendorff. „Dort wird in diesen Tagen eine rund dreißig Meter lange Versuchsanlage installiert, an der wir bald werden arbeiten können.“
Konkret geht es um neue Verfahren für die Herstellung von
Designartikeln für die Kosmetikindustrie – ein Bereich, in dem Seidel
Weltmarktführer ist und unter anderem für Marken wie Boss oder Puma
arbeitet. „Mit Hilfe der materialwissenschaftlichen Verfahren, die mein
Kollege Andreas Greiner und ich entwickelt haben, wollen wir diese
Obeflächen mit feinsten Strukturen aus Nanofilmen und Nanofasern
versehen und dabei dieselben optischen Effekte erzielen, für die sonst
viel mehr Material erforderlich ist.“ Basis ihrer Forschung ist unter
anderem das von Seidel bereits verwendete „Eloxal-Verfahren“: Dabei
wird Rohaluminium durch einen elektrochemischen Prozess mit einer
Oxidschicht überzogen. In dessen nanometergroßen Poren kann schließlich
Farbe eingelagert werden, zudem lässt sich die Oberfläche chemisch
glätten und so optisch ansprechend gestalten. Auch die Beständigkeit
der Oberfläche wird hierdurch erhöht.
Selbstreinigungseffekte sollen Fingerabdrücke verschwinden lassen
Die Förderung des BMBF im Rahmen des Programms Wing (Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft) zielt darauf, die klassische Materialforschung mit der Basisdisziplin Chemie und der Nanotechnologie zu integrieren. Insbesondere stehen dabei auch Materialersparnis und Recylingfähigkeit im Mittelpunkt der Bemühungen.
Darüber hinaus aber wollen Wendorff und Greiner, die mit ihrem
Kollegen Professor Dr. Michael Fröba vom Institut für Anorganische und
Analytische Chemie der Universität Gießen einen Experten für die
Behandlung von Aluminium mit im Boot haben, auch weitere Möglichkeiten
ausloten: Künftig könnten Fingerabdrücke auf Kosmetikgefäßen dank
Selbstreinigungseffekten wie von selbst wieder verschwinden oder
Aluminium sich warm statt kalt anfühlen.
Kontakt
Professor Dr. Joachim H. Wendorff:
Philipps-Universität
Marburg, Institut für Physikalische Chemie, Kernchemie und
Makromolekulare Chemie, Fachbereich Chemie, Hans-Meerwein-Straße, 35032
Marburg
Tel. (06421) 28 25964, E-Mail:
wendorff@staff.uni-marburg.de
,
Internet:
http://www.chemie.uni-marburg.de/ag-wendorff
Professor Dr. Andreas Greiner:
Philipps-Universität Marburg, Institut für Physikalische Chemie,
Kernchemie und Makromolekulare Chemie, Fachbereich Chemie,
Hans-Meerwein-Straße, 35032 Marburg
Tel. (06421) 28 25573, E-Mail:
greiner@staff.uni-marburg.de
,
Internet:
www.chemie.uni-marburg.de/~akgr