21.12.2006
Zentrum für Lehrerbildung jetzt auch offiziell eröffnet
„Ein guter Tag für Marburg“: Gut besuchter Festakt am vergangenen Freitag mit prominenten Gastrednern in der Alten Aula – Professionalisierung der Lehrerbildung und Vergrößerung der verfügbaren Ressourcen angestrebt – „Lehrerbildung muss in der Universität ankommen“
Mittels einer besseren Integration der fachwissenschaftlichen mit
den fachdidaktischen und erziehungswissenschaftlichen Inhalten im
Studium will das ZfL künftig dazu beitragen, dass die universitäre
Lehrerbildung modernen Qualitätsstandards schulischen Lehrens und
Lernens gerecht wird. Damit sollen die heterogenen Studienelemente
besser integriert und die Inhalte systematischer aufeinander bezogen
werden. Indem es die Kooperation zu den anderen Trägern der
Lehrerbildung pflegt, folgt das Zentrum zugleich einer Empfehlung der
Hochschulrektorenkonferenz vom 21. Februar dieses Jahres, in der es
heißt: „Eine kompetenzorientierte Lehrerbildung braucht eine
verlässliche Koordination jener Leistungen, die von den verschiedenen
Partnerinstitutionen in der Lehrerbildung zu erwarten sind.“
Feste Bleibe nach mehreren Provisorien
Dass diese Koordination nicht ganz einfach werden wird, machte Universitätspräsident Professor Dr. Volker Nienhaus in seinem Grußwort deutlich. Zunächst begrüßte er sehr, dass das ZfL „nach mehreren Provisorien“ nun eine feste Bleibe erhalte. Ziel des von der Landesregierung initiierten Zentrums seien mehr Ressourcen für die Lehrerbildung ebenso wie deren Professionalisierung und bessere Organisation, die finanzielle Unterstützung indessen liege um jährlich einige hunderttausend Euro unter dem Bedarf. Das Zentrum habe angesichts dieser prekären Situation auch eine Informations- und Lobbyaufgabe gegenüber der Politik und damit auch eine politische Funktion.Für Joachim Jacobi, Staatssekretär im Hessischen Kultusministerium, war der gestrige Donnerstag ein „guter Tag für Marburg und für die Gymnasiallehrerausbildung in Hessen“. Er betonte das Anliegen der Politik, dass den Zentren für Lehrerbildung ein höherer Stellenwert zukommen müsse und machte zugleich deutlich, dass der gesetzliche Rahmen gesetzt sei und man sich nun in diesem bewegen müsse.
Die Problematik aus Studierendensicht beleuchtete schließlich Stefan
Scholl vom Forum Lehramt, einer Gruppe Marburger Lehramtsstudierender.
Er wies darauf hin, dass nur die „seit langem“ geforderten finanziellen
und personellen Mittel dem ZfL zu der für seine Arbeit notwendigen
Autonomie verhelfen können. Darüber hinaus konstatierte Scholl, dass es
das Lehramt an der Universität noch sehr schwer habe: Insbesondere als
Lehramtsstudierender fühle man sich häufig als „fünftes Rad am Wagen“ –
es sei daher unter anderem dringend erforderlich, eine „Lehramtskultur“
und inneruniversitär ein „Lehrerbild“ zu entwickeln.
Erhebliche Koordinationsaufgaben im Lehramt zu bewältigen
Dieser Problematik war sich auch Professorin Dr. Heike Ackermann, geschäftsführende Direktorin des ZfL bewusst. In ihrer Rede, die sie mit „Liebe Studierende“ begann, machte sie deutlich, dass die Möglichkeit der „sozialisatorischen Wirksamkeit“ der Lehrerbildung von zahlreichen Faktoren abhänge. Dazu gehören die „Querstrukturen“ der Zentren für Lehrerbildung, die diesen eine Rolle „unabhängig von Rektoraten und getrennt von Fachbereichen“ geben. Insbesondere erwähnte Ackermann auch die Tatsache, dass im Jahr 2000 bundesweit zehn ZfL bestanden, es im Jahr 2006 aber schon siebenundvierzig seien. Die Zunahme verdanke sich dem Bewusstsein, dass die Koordinationsaufgaben im Lehramt „erhebliche“ sind.
Während die Direktoriumsmitglieder ihre Beratungsaufgabe hinsichtlich der Gestaltung der Kerncurricula im Lehramtsstudium bereits seit Mai 2005 verfolgten, so Ackermann weiter, sei es in Marburg noch immer an der Tagesordnung, dass man aufgrund der problembehafteten Wahrnehmung der Lehrerbildung insgesamt und aufgrund der nicht am gesetzlichen Auftrag orientierten Finanzierung ständig „die eigenen Geschäftsgrundlagen thematisieren“ müsse. Zudem bestünde das ZfL-Direktorium ausschließlich aus Mitgliedern, die gleichzeitig „noch andere Verpflichtungen“ haben. „Für unser Arbeitsprogramm fehlen uns immer noch die Arbeitsvoraussetzungen“, sagte Ackermann.
Professor Dr. Jürgen Oelkers indessen richtete in seiner Festrede den Blick auf Deutschland und die Schweiz. So habe die Universität zwar von der Lehrerbildung profitiert und ihre fachlichen Differenzierungen auf ihr gründen können, gleichwohl sei die Existenz der Lehrerbildung als Einrichtung von Universitäten „nicht in Stein gemeißelt ... Wenn die Lehrerbildung in der Universität ankommen will, muss sie ihre Leistungsfähigkeit nachweisen.“ Ebenso wie in anderen Bereichen der Wissenschaft könne dies unter anderem in Form großer und auch internationaler Projekte geschehen. „Steuerung durch Forschungswissen“ mahnte Oelkers in diesem Zusammenhang an und forderte dazu auf, das noch immer „bescheidene“ Wissen über die Lehrerbildung als Disziplin, die „ihre eigene Wissenschaftlichkeit nicht hinlänglich akzeptiert“ habe, zu vermehren.
Stattgefunden hatte die Eröffnungsveranstaltung, die anschließend in einen geselligen und von einer Jazzband begleiteten Abend überging, im Rahmen einer Konferenz mit schweizerischen und deutschen Referenten, die das ZfL am 14. und 15. Dezember ausrichtete.
Kontakt
Heidemarie Holland-Pinter
Zentrum für Lehrerbildung an der Philipps-Universität Marburg, Geschäftsführung, Wilhelm-Röpke-Straße 6, Kern D, Raum 715, 35032 Marburg
Tel.:
(06421) 28 26162
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