07.12.2006
DFG fördert Marburger Mittelalterportal
250.000-Euro-Projekt am Institut für Deutsche Philologie des Mittelalters gestartet – Digitale „Marburger Repertorien“ werden um Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus ergänzt
Mit rund 250.000 Euro fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) das Projekt „Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus“ (MR FH). Geleitet wird es von Professorin Dr. Christa Bertelsmeier-Kierst vom Institut für Deutsche Philologie des Mittelalters des Fachbereichs Germanistik und Kunstwissenschaften der Philipps-Universität Marburg.
MR FH ist Bestandteil der „Marburger Repertorien“ . Dieses von dem Marburger Germanisten Professor Dr. Joachim Heinzle verantwortete digitale Archiv stellt Dateninventare zur Überlieferung der älteren deutschen Literatur zur freien Nutzung im Internet bereit. Als umfassendstes Angebot seiner Art hat es einen exzellenten Ruf und gehört zu den wichtigsten wissenschaftlichen Informationsquellen für Altgermanisten.
Ziel des von Bertelsmeier-Kierst geleiteten Projekts ist es nun, Informationen über die frühhumanistische Übersetzungsliteratur im 15. und 16. Jahrhundert online zur Verfügung zu stellen. In jener Zeit wurde damit begonnen, Werke von Frühhumanisten wie Francesco Petrarca oder Giovanni Boccaccio, die in lateinischer oder italienischer Sprache schrieben, sowie antike Texte ins Deutsche zu übertragen. Genau diesen Übersetzungen gilt das Interesse des MR FH. Während die Marburger Repertorien bislang vor allem Informationen zu Handschriften liefern, widmet sich das neue Projekt verstärkt auch den im Betrachtungszeitraum aufkommenden frühen Drucken, so genannten Inkunabeln oder Wiegendrucken. Soweit möglich, soll das Portal auch Abbildungen der Drucke und Handschriften bereitstellen.
Darüber hinaus werden kurze Texte über Leben und Werk der deutschen Übersetzer informieren. Präsentiert werden auch Daten zum Leserkreis, zu den Adressaten der in vielen Werken enthaltenen Widmungen und zu den Erstbesitzern von Handschriften und Inkunabeln.
Vielfältige Ansätze für literaturwissenschaftliche Untersuchungen
Das Corpus der zu untersuchenden Schriften – in einem ersten Schritt will Bertelsmeier-Kierst die Zeit bis 1500 erfassen – bietet Literaturwissenschaftlern vielfältige Ansätze für Untersuchungen. Bereits die Auswahl der Texte, die ins Deutsche übersetzt wurden, gibt wichtige Hinweise auf damalige geistige Strömungen. Manche Werke wurden Wort für Wort übersetzt, bei anderen wurde mehr Wert darauf gelegt, den Text für ein deutsches Publikum verständlich zu machen und nur den Sinn richtig zu erfassen. Die Art und Weise der Übertragung lässt schließlich auch Rückschlüsse auf das Zielpublikum zu. Während ursprünglich vor allem der Adel als Leserkreis in Frage kam, richteten sich spätere, unmittelbar durch den Druck verbreitete Werke nun auch an das städtische Publikum. Nicht zuletzt anhand der Widmungen, die meist dem Auftraggeber galten, lässt sich feststellen, für welche gesellschaftlichen Kreise die Übersetzung intendiert war.
Bislang umfassen die Marburger Repertorien unter anderem die
deutschsprachigen Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts und
Abbildungen deutschsprachiger Handschriften des Mittelalters. Auch der
so genannte Handschriftencensus ist online zugänglich. Er informiert
über mehr als 2.300 Werke aus über 12.000 Handschriften, die ihrerseits
in über 1.200 Bibliotheken und Archiven aufbewahrt werden.
Kontakt
Professorin Dr. Christa Bertelsmeier-Kierst
Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Germanistik und Kunstwissenschaften, Institut für Deutsche Philologie des Mittelalters, Wilhelm-Röpke-Straße 6A, 35032 Marburg
Tel.:
(06421) 28 24684
E-Mail