06.12.2007
Friedensforscher hielt Vortrag „Globaler Sachzwang Gewalt?“
Träger des Alternativen Nobelpreises Johan Galtung zu Gast in Marburg
„Es freut uns sehr, dass Sie insbesondere unseren Studierenden diesen Einblick in Ihre Forschungsarbeit der letzten 50 Jahre ermöglichen“, begrüßte Dr. Friedhelm Nonne, Kanzler der Philipps-Universität, den Friedensforscher Prof. Dr. mult. Johan Vincent Galtung am 4. Dezember 2007 im voll besetzten AudiMax. Galtungs Vortrag und die anschließende offene Diskussion standen unter dem Motto „Globaler Sachzwang heute? Zur Lage der Welt – Gegenwartsdiagnose und Friedensperspektiven“. Ein zentraler Punkt bei der erfolgreichen Lösung von Konflikten sei, so Galtung, eine „gute Karte der Konfliktformation“ zu erarbeiten, in die man alle betroffenen Parteien einbeziehen solle. Frieden schaffe man, indem man Konflikte kreativ löse. Mit der von ihm 1993 mitbegründeten Organisation „Transcend: A Peace and Development Network“ ist er weltweit als Vermittler von Konflikten tätig, so zum Beispiel im Nahen Osten. In seiner Vermittlerrolle versuche er stets, ein gemeinsames Projekt für die Konfliktparteien zu finden, erklärte Galtung. Seine Arbeit beschreibt er als „Kombination von Konstruktivismus und Humor“, mit den Konfliktparteien redet er nach eigener Aussage „relativ zynisch und klar“. Galtung wendet sich gegen reine Appeasement-Politik ohne konkreten Lösungsansatz: „Waffenstillstand, Geld und Versöhnung helfen, sollten aber nicht allein stehen.“
Wesentlicher Bestandteil seines Aufenthalts in Marburg war neben dem Vortrag ein Lehrgang mit über 100 Teilnehmern, der am 4. und 5. Dezember im Stadtverordnetensaal abgehalten wurde. Inhalt waren wissenschaftstheoretische Grundlagen der Friedensforschung sowie zentrale friedenswissenschaftliche Forschungsparameter. „Wir wollten die wissenschaftliche Grundlage, die analytischen Bausteine, kennen lernen, die Johan Galtung zu seinen Prognosen und Aussagen befähigen“, erklärte Naakow Grant-Hayford. Der Student der Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung und Jura hat vor drei Jahren das Referat für Interkulturelle Friedensforschung des Marburger AStA gegründet und zusammen mit seiner Kommilitonin Karoline Weber die Hauptorganisation von Galtungs Besuch übernommen.
„Dabei haben uns das Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung und die Uni Marburg optimal unterstützt“, so Grant-Hayford. Finanzielle wie ideelle Unterstützung wurde auch durch die Mitveranstalter und Kooperationspartner geleistet: die Heinrich Böll Stiftung Hessen e.V., die Hessische Landeszentrale für Politische Bildung, die Blätter für deutsche und internationale Politik, die UN-Society Marburg, VHS Marburg und Arbeit und Leben (AG zwischen VHS und DGB), die GEW Marburg, die evangelische Studierendengemeinde Marburg (ESG), die evangelische Kirche Marburg (EKM) und das Marburger Forum – Fördergemeinschaft Friedensarbeit e.V.Johan Galtung hat mehr als die Hälfte seines Lebens der Friedensstiftung und deren konkreter Umsetzung gewidmet. So rief er 1959 - im Alter von 29 Jahren - mit dem Internationalen Friedensforschungsinstitut PRIO in Oslo das erste europäische Friedensforschungsinstitut ins Leben. Im Jahre 1987 erhielt er den Alternativen Nobelpreis und 1993 den internationalen Gandhi-Preis. Der Norweger ist ausgezeichnet mit acht Ehrenpromotionen und vier Ehrenprofessuren und hat in den letzten dreißig Jahren unter anderem an Universitäten in den USA, Brasilien, Norwegen, Ägypten, Deutschland, Pakistan, Jugoslawien und Japan gelehrt.
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Referat für Interkulturelle Konfliktforschung des
AStA
Kontakt: Naakow Grant-Hayford und Karoline Weber
E-Mail:
vortragsreihe@gmx.de
Internet:
www.konfliktforschung.org