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10.10.2008

Lesung „100 Jahre Frauenstudium“ am 28. Oktober

Die heutige Verleihung des Frauenförderpreises 2008 an Prof. Dr. Marita Metz-Becker und Maria Sporrer ist kombiniert mit dem Festakt zum 100-jährigen Beginn des Frauenstudiums, der ein vergnüglicher Abend zu werden verspricht: In einer Lesung historischer Texte wird das damalige PRO und CONTRA für das Frauenstudium beleuchtet.

Den Frauenförderpreis 2008 erhält Prof. Dr. Marita Metz-Becker und Maria Sporrer. Gerade Metz-Becker, die unter anderem zur Geschichte der Marburger Frauen um 1800 und des Frauenstudiums forscht, wird sich freuen, ein ganz besonderes Rahmenprogramm während der Verleihung des Frauenförderpreises zu erleben: Die festliche Preisverleihung ist kombiniert mit dem Festakt zum 100-jährigen Beginn des Frauenstudiums. Im Wintersemester 1908/09 wurde erstmals Frauen der reguläre Zugang zum Studium an einer preußischen Hochschule und damit an der Philipps-Universität ermög­licht. Der Festakt am 28. Oktober bildet den Höhepunkt der Veranstal­tungen, mit dem die Universität dieses Jubiläum feiert und verspricht, ein vergnüglicher Abend zu werden: E ine Sprecherin des Hessischen Landestheaters wird historische Texte vortragen, die für das Frauenstudium argumentieren, ein Sprecher liest Texte dagegen.

So kam zum Beispiel 1887 ein damals angesehener Anatom zu dem Postulat: „Es fehlt dem weiblichen Geschlecht nach göttlicher und natür­licher Anordnung die Befähigung zur Pflege und Ausübung der Wissen­schaften.“ Der Anatom folgerte seine „wissenschaftlichen Erkenntnisse“ über die angebliche intellektuelle Unzulänglichkeit von Frauen für ein Studium aus Ergebnissen der vergleichenden Gehirn- und Schädelana­tomie. Und der Neurologe und Psychiater Paul Julius Möbius (1853-1907) sagte Ende des 19. Jahrhunderts: „Wollen wir ein Weib, das ganz seinen Mutterberuf erfüllt, so kann es nicht ein männliches Gehirn haben. Ließe es sich machen, dass die weiblichen Fähigkeiten den männlichen gleich entwickelt würden, so würden die Mutterorgane verkümmern und wir würden einen hässlichen und nutzlosen Zwitter vor uns haben.“

Inzwischen dienen historische Aussagen wie „ Man solle dem Weib nichts abverlangen, als dass es gesund und dumm sei“ in Marburg längst nur noch zur amüsanten Unterhaltung, haben Frauen doch hinreichend das Gegenteil bewiesen: Seit ihrer Zulassung vor genau 100 Jahren ist die Zahl der Studentinnen nahezu kontinuierlich gestiegen und liegt in Marburg inzwischen bei über 50 Prozent. Fast die Hälfte der ersten 27 Studentinnen schrieb sich 1908 für Deutsch und Geschichte ein, aber auch Medizin war beliebt. Inzwischen hat der Anteil der Frauen in Marburg drei Viertel im Fachbereich Psychologie erreicht, zwei Drittel in Germanistik und Kunstwissen­schaften, Fremdsprachlichen Philologien, Erziehungswissenschaften, Pharmazie und Biologie sowie drei Fünftel in Medizin. Viel seltener findet man Studentinnen in der Physik (Verhältnis Frauen zu Männern ca. 1 zu 4,5) oder in Mathematik und Informatik (1 zu 2,3).

Eine der ersten Marburger Studentinnen war gleich so erfolgreich, dass sie 1923 einen Ruf auf eine Professur erhielt: Mathilde Vaerting, die Mathematik und Naturwissenschaften auf Lehramt studiert hatte, wurde die zweite Professorin Deutschlands und die erste für Pädagogik.

Die Förderung von Frauen hat sich die Philipps-Universität auf die Fahne geschrieben: Mit ihrem Gleichstellungskonzept hat sie sich für die Teilnahme am bundesweiten Wettbewerb des Professorinnen­programms qualifiziert. Mit einer finanziellen Förderung der Berufung von Professorinnen soll die Anzahl von Wissenschaftlerinnen in Spitzenpositionen weiterhin erhöht werden. Der Anteil der Rufe an Frauen ist in den letzten Jahren in Marburg auf beachtliche 30 Prozent angestiegen.

Frauenförderpreis

Dennoch sind Frauen in einigen Bereichen noch unterrepräsentiert. Nicht zuletzt deshalb vergibt die Philipps-Universität seit 1998 ihren Frauen­förderpreis, der mit 2.500 Euro dotiert ist. Alle zwei Jahre soll die Aus­zeichnung hervorragende Verdienste von Mitgliedern oder Angehörigen der Philipps-Universität (auch ehemaligen) um die Förderung von Frauen im wissenschaftlichen oder nichtwissenschaftlichen Bereich der Philipps-Universität würdigen.

Der Frauenförderpreis wird in diesem Jahr auf die besondere Situation von Frauen aufmerksam machen, die sich langjährig ehrenamtlich im Bereich von Lehre und Studium engagieren oder engagiert haben. Die Preisträgerinnen sind Maria Sporrer und Professorin Dr. Marita Metz-Becker.


Weitere Informationen:

Öffentlicher Festakt a m Dienstag, 28. Oktober 2008 um 18 Uhr in der Aula der Alten Universität

Programm

  • Begrüßung: Prof. Dr. Volker Nienhaus, Präsident der Philipps-Universität
  • Grußwort: Staatssekretär Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst 1 00 Jahre Frauenstudium in Marburg - Einleitende Worte: Dr. Silke Lorch-Göllner, Frauenbeauftragte der Philipps-Universität Marburg
  • Lesung des Hessischen Landestheaters: „Die Frau soll studieren, weil sie studieren will“ – Christine Reinhardt und Jürgen Helmut Keuchel
  • Laudationes: Prof. Dr. Ingrid Kurz-Scherf; Prof. Dr. Harm-Peer Zimmermann
  • Verleihung des Frauenförderpreises durch die Vizepräsidentin der Philipps-Universität Prof. Dr. Babette Simon
  • Reden der Preisträgerinnen: Maria Sporrer; Prof. Dr. Marita Metz-Becker

Für die Dauer der Veranstaltung wird eine Kinderbetreuung angeboten. Eltern wenden sich bitte an das Frauenbüro der Philipps-Universität . Anmeldung telefonisch (06421 28-26116) oder per E-Mail ( kinderbetreuung@verwaltung.uni-marburg.de ).