17.11.2008
Sicherheit und Freiheitsrechte
Die Zeitschrift „Wissenschaft & Frieden“ feierte ihr 25-jähriges Bestehen
„Die Schutzpflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern endet an den grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechten des Einzelnen“ – mit diesen Worten hat der frühere Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Dr. Burkhard Hirsch, seine Ablehnung von Bundeswehreinsätzen im Inneren bekräftigt. Bei einem hochkarätig besetzten Symposium anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Zeitschrift „Wissenschaft & Frieden“ diskutierten am vergangenen Freitag außerdem die Bundestagsabgeordneten Professor Dr. Norman Paech und Willy Wimmer über Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Seit einem Vierteljahrhundert befasst sich die Zeitschrift "Wissenschaft und Frieden" mit Themen rund um Friedensforschung, Friedenspolitik und Friedensbewegung. Die führende interdisziplinäre Wissenschaftszeitschrift Europas zu Militärstrategie und Rüstung, zu Menschenrechten und ziviler Konfliktlösung wird unter anderem vom Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität mit herausgegeben.
Der bekannte Innenpolitiker Hirsch machte in seinem Vortrag deutlich, dass er nicht für einen wehrlosen Staat eintritt: „Natürlich kann die Polizei nicht auf dem technischen Stand von 1990 bleiben“, gestand der ehemalige nordrhein-westfälische Innenminister zu; man müsse die Bürger schützen, indem man die Rechtsordnung durchsetzt. „Aber das rechtfertigt nicht, bestehende Freiheitsrechte bis zur Unkenntlichkeit auszuhöhlen“, so Hirsch. „Der Sinn der Verfassung ist eindeutig“, beendete der FDP-Politiker sein engagiertes Plädoyer, nachdem er die Rechtslage sowie den Stand der Diskussion erörtert hatte: „Die Bundeswehr soll im Inneren nicht als eine Art Hilfspolizei eingesetzt werden.“
Anschließend gab zunächst Norman Paech von der Partei „Die Linke“ eine rechtliche Einschätzung des Afghanistaneinsatzes, wegen der er im Jahr 2001 aus der SPD ausgetreten ist. Mit diesem Angriff der NATO habe „nicht nur das Grundgesetz, sondern auch die UNO-Charta schweren Schaden genommen“, sagte der emeritierte Rechtswissenschaftler. Er kritisierte die „Entgrenzung des Verteidigungsbegriffs“.
Unterstützung erhielt Paech von seinem Parlamentskollegen Willy Wimmer. Der CDU-Abgeordnete hat im vergangenen Jahr Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen den Tornado-Einsatz in Afghanistan eingereicht. Er vertrat die Auffassung, dass „auch in den Beziehungen zwischen den Staaten gelten sollte, was man im Inneren wünscht: Dass das Recht herrscht.“
Das Geburtstags-Symposium im Marburger Rathaus finde zu einem „interessanten Zeitpunkt“ statt, erklärte der Politiker in Hinblick auf den Weltfinanzgipfel in Washington, den er mit dem Ende der Sowjetunion verglich: „Es kann sein, dass die bekannte Welt sich ändert“, so Wimmer.
Ein ausführlicher Bericht über die Veranstaltung findet sich auf den Seiten des Zentrums für Konfliktforschung unter www.uni-marburg.de/konfliktforschung/veranstaltungen/25w_f
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Privatdozent Dr. Johannes M. Becker,
Zentrum für Konfliktforschung
Internet:
www.uni-marburg.de/konfliktforschung