10.03.2008
Hoffnung für Blinde durch neuartige Sehprothese
Forschungskonsortium von Netzhautchirurgen, Ingenieuren und Marburger Neurophysikern hat Netzhautimplantate erfolgreich eingesetzt: Nach zwölf Jahren Entwicklung hat das interdisziplinäre Team nun die weltweit erste vollständig in das menschliche Auge implantierbare Sehprothese erfolgreich bei sechs blinden Patienten eingesetzt.
Zwölf Jahre dauerte die Entwicklung: Nun hat ein interdisziplinäres Team von Netzhautchirurgen, Ingenieuren und Neurophysikern die weltweit erste vollständig in das menschliche Auge implantierbare Sehprothese erfolgreich bei sechs blinden Patienten eingesetzt. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) hat die Entwicklung dieser Technik initiiert und seit 1995 mit mehreren Millionen Euro maßgeblich gefördert. Von Beginn an trug die Arbeitsgruppe Neurophysik der Philipps-Universität entscheidend zur Entwicklung bei.
Die neue Sehprothese wurde sechs freiwilligen Patienten der Universitäts-Augenkliniken in Aachen und Essen eingesetzt. Alle Patienten waren seit mehreren Jahren erblindet. Während einer vierwöchigen Testphase untersuchten die Wissenschaftler der AG Neurophysik der Philipps-Universität (Dipl. Biol. Susanne Klauke, Dr. Thomas Wachtler, Prof. emer. Dr. Reinhard Eckhorn und der Leiter der AG, Prof. Dr. Frank Bremmer) die Wahrnehmungen der Patienten mit verschiedenen elektrischen Testreizen. „Bei allen Patienten wurden Seheindrücke ausgelöst, und sie konnten verschiedene Reizmuster unterscheiden“, so Bremmer. Nach diesem Erfolg besteht der nächste Schritt darin, die Implantationsdauer zu verlängern und die Operationstechnik weiter zu verbessern. Damit sich die Patienten mit der Prothese in ihrer Umwelt zurechtfinden können, muss das System künftig noch mit einer Kamera gekoppelt werden, die per Funk Signale an das Implantat sendet.
Nachdem sich diese Methode bei den ersten Patienten als wirksam und sicher erwiesen hat, haben mehrere Medizintechnikfirmen eine Firma gegründet, die jetzt ein marktfähiges Retina-Implantat entwickeln wird. Die AG Neurophysik wird auch an dieser Weiterentwicklung maßgeblich beteiligt sein. Durch diese Weiterentwicklung könnte die Prothese in einigen Jahren mehr Patienten verfügbar gemacht und auch zur Behandlung der fortgeschrittenen altersbedingten Makuladegeneration eingesetzt werden. Diese stärker verbreitete Augenkrankheit ist für etwa die Hälfte der Fälle von Altersblindheit verantwortlich.
Weitere Informationen:
Dr. Thomas Wachtler
Tel. 06421 28-26631, E-Mail:
thomas.wachtler@physik.uni-marburg.de
Prof. Dr. Frank Bremmer (Leiter der AG Neurophysik)
Tel. 06421 28-24161, E-Mail:
frank.bremmer@physik.uni-marburg.de