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07.03.2008

„Zeit-Reisen. Historische Schlesien-Ansichten“ im Universitätsmuseum

Eine deutsch-polnische Kooperation erschließt gemeinsames Kulturgut: Mit der nun ausgestellten Sammlung Haselbach liegt ein unschätzbarer Fundus zur Landeskunde, zur Kunst- und Kulturgeschichte Schlesiens vor. Nirgendwo sonst finden sich in solcher Dichte Bildquellen zur Topografie Schlesiens aus der Zeit vor der Fotografie.

Daniel Berger nach Sebastian Carl Christoph Reinhardt: „Blick vom Kavalierberg bei Hirschberg nach Warmbrunn“, 1793, Kolorierte Radierung mit Kupferstich. Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Sammlung Haselbach, Inv. Nr. P 5166 (Copyright Herder-Institut Marburg).
Die neue Ausstellung „Zeit-Reisen. Historische Schlesien-Ansichten“ des Universitätsmuseums Marburg erregte bereits bei ihrer Eröffnung am 9. März 2008 überproportionales Interesse: Rund 140 topographische Darstellungen, überwiegend aus der Zeit der Romantik und des Biedermeier, führen in eine faszinierende Welt der schlesischen Gebirgslandschaften, Städte und früher Industriehochburgen. „Diese Welt existiert so nicht mehr, auch wenn viele Deutsche sich noch an ihre ehemalige Heimat erinnern können“, erklärte der Staatssekretär des Hessischen Sozialministerium Gerd Krämer. Umso wichtiger sei es nun, wo zwischen Polen und Deutschland keine Grenze mehr sei, sich des gemeinsamen kulturellen Erbes zu widmen. „Heute interessiert unsere Völker weniger, welche Sprache die schlesischen Kulturdenkmäler sprechen, als vielmehr was sie sprechen“, freut sich der polnische Kulturattaché Dr. Slawomir Tryc. Gerade die jüngere polnische Generation habe ein Bedürfnis, die Vergangenheit der eigenen Heimat zu lernen. „Die gemeinsame Beschäftigung mit Schlesien kann zwischen beiden Völkern eine Brücke schlagen“, ergänzt Krämer, der das Projekt als gelebte Partnerschaft zwischen Polen und Deutschenland lobte.

Tatsächlich ist das Marburger Universitätsmuseum die letzte Station einer Wanderausstellung, die seit Frühjahr 2007 in Görlitz, Regensburg, Kattowitz und Breslau gezeigt wurde. Ausgestellt ist eine jeweils variierende hochwertige Auswahl originaler Blätter zur Topographie Schlesiens, allesamt aus der Sammlung Haselbach. Der 1892 geborene Albrecht Haselbach, dessen Vorfahren Mitte des 19. Jahrhunderts vom Harz nach Schlesien übergesiedelt waren, hatte 1940 eine einzigartige Sammlung von über 4.000 Kupferstichen, Radierungen, Lithographien, Zeichnungen und Aquarellen erworben. Die fortan nach ihm benannte Sammlung mit Ansichten von Schlesien dokumentiert die Entwicklung der topografischen Grafik von der frühen Neuzeit bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts.

Schlesien
Projektkoordinator Dr. Dietmar Popp (Herder-Institut), Museumsleiterin Dr. Agnes Tieze und Gerd Krämer, Staatssekretär im Hessischen Sozialministerium (Foto: Markus Farnung)
„Mit der Sammlung liegt ein unschätzbarer Fundus zur Landeskunde, zur Kunst- und zur Kulturgeschichte Schlesiens vor. Nirgendwo sonst finden sich in solcher Dichte Bildquellen zur Topografie Schlesiens aus der Zeit vor der Fotografie“, sagt Dr. Dietmar Popp vom Herder-Institut. Der Leiter des Bildarchivs im Herder-Institut koordinierte seit 2005 das deutsch-polnische Gemeinschaftsprojekt unter anderem mit dem Architekturmuseum in Breslau: Neben den Ausstellungskonzeptionen in beiden Ländern galt es vor allem, die Sammlung erstmals vollständig zu dokumentieren und digital zusammenzuführen. Denn rund 3200 Ansichten werden seit 1971 als Leihgabe des Landes Hessen im Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg aufbewahrt, während knapp 900 im Familienbesitz gebliebene Grafiken sowie 600 Bücher 2004 als Dauerleihgabe in das Schlesische Museum in Görlitz gelangten. Ein über 300-seitiger Ausstellungskatalog, ebenfalls in deutscher und polnischer Sprache, ergänzt die bilaterale Erschließung des gemeinsamen schlesischen Kulturgutes. Damit hat dieses Projekt mehrfachen Pilotcharakter, erklärt der Direktor des Marburger Herder-Institut, Prof. Dr. Peter Haslinger: „Zum einen durch die zumindest virtuelle Zusammenführung der vollständigen Sammlung, zum anderen durch die internationalen Ausstellungen.“

„Aufgrund der Bedeutung der Sammlung veranstalten wir ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Sonderführungen, Vorträgen und Workshops“, kündigt die Museumsleiterin Dr. Agnes Tieze an. Neben zwei Workshops zu Druckgrafiken beleuchten Vorträge „Schlesien in der Graphik vom Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (12. März 2008, 18.00 Uhr), „Frühe Photographie in Schlesien“ (9. April 2008, 18.00 Uhr) und „Kunst und Politik im kommunistischen Polen (23. April 2008, 18.00 Uhr).

Weitere Informationen:

  • Öffnungszeiten : 9. März bis 27. April 2008, Dienstag bis Sonntag 11-13 und 14-17 Uhr
  • Informationen: Universitätsmuseum Tel. 06421-28-22355 sowie im Herder-Institut, Tel. 06421-184-101
  • Ausstellungskatalog : „Zeit-Reisen, Historische Schlesien-Ansichten aus der Graphiksammlung Haselbach“, deutsch-polnische Beiträge von Angelika Marsch, Johanna Brade, Diana Codogni-Łańcucka u. a., hrsg. v. Herder-Institut Marburg, Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Muzeum Architektury we Wrocławiu, Schlesisches Museum zu Görlitz, Wrocław 2007 (ISBN 978-3-87969-337-5), Preis im Museum: 20 Euro

Begleitprogramm zur Ausstellung

(veranstaltet vom Universitätsmuseum Marburg und Herder-Institut Marburg)

Vorträge

  • 12. März 2008, 18.00 Uhr: Schlesien in der Graphik vom Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, Einführungsvortrag von Dr. Angelika Marsch
  • 9. April 2008, 18.00 Uhr: Die frühe Photographie in Schlesien Arkadiusz Cencora
  • 23. April 2008, 18.00 Uhr: Zwischen Anpassung und Widerstand. Kunst und Politik im kommunistischen Polen ( Dr. Thorsten Smidt)

Die Vorträge finden statt im Universitätsmuseum für Bildende Kunst (Ernst-von-Hülsen-Haus), Biegenstraße 11, 35037 Marburg). Das Museum ist an den Vortragstagen von 11 bis 13 und 14 bis 20 Uhr geöffnet.

Workshops „Druckgrafische Techniken“

  • 3. April 2008, 17-19 Uhr: Tiefdruckverfahren ( Helmi Ohlhagen)
  • 24. April 2008, 17-19 Uhr: Lithographie ( Jennifer Linder)

Max. 15 Teilnehmer, Unkostenbeitrag 6,- Euro pro Person,
Fachgebiet Grafik & Malerei, Gutenbergstraße 18, 35037 Marburg
Voranmeldung Tel. 06421-28-22357, graphik@staff.uni-marburg.de