14.04.2008
Internationaler Kriegsverbrecherprozess in Kambodscha
Marburger Wissenschaftler und Studierende besuchen Phnom Penh
Eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlern und Studierenden hat
sich im Wintersemester 2006/2007 in der Arbeitsgruppe "ECCC Marburg
Monitoring Group" unter dem Dach des von Professor Dr. Christoph
Safferling geleiteten Forschungs- und Dokumentationszentrums für
Kriegsverbrecherprozesse zusammengefunden und kürzlich eine zwölftägige
Forschungsreise in die Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh,
durchgeführt. Finanziell unterstützt wurde diese Reise vom Marburger
Universitätsbund, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD)
sowie dem Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität. Zwölf
Marburger Wissenschaftler und Studierende sowie drei
Rechtswissenschaftler von der Universität Zürich trafen sich in Süd-Ost
Asien mit internationalen Vertretern der Anklagebehörde und den
Ermittlungsrichtern und informierten sich über den aktuellen Stand des
Prozesses.
Im Department for Media and Communication (DMC) an der Royal University of Phnom Penh traf sich die Reisegruppe ferner mit Hochschullehrern und Studierenden zu einem regen Gedankenaustausch.
Weitere Stationen waren unter anderen das Cambodian Human Rights Action Commitee (CHRAC), dessen oberste Ziele der Schutz, die Verbreitung und Überwachung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in diesem Land sind, ferner das Khmer Institute for Democracy (KID), das im Rahmen von Zeugenaussagen und Opferschutz Polizeikräfte und Provinzadministrationen weiterbildet sowie das Cambodian Defender Program (CDP), das Verteidiger für Zivilparteien und generell juristische Fachkräfte zur Verfügung stellt und das Rechtsbewusstsein bei den Polizeikräften und in der Gesellschaft zu verbessern sucht.
Auf dem Besuchsprogramm der Gäste aus Marburg und Zürich standen ferner das Documentation Center of Cambodia (DC-Cam) sowie das Center for Social Development (CSD). Während das DC-Cam als die nationale Gedenk- und Dokumentationsstelle zur Khmer Rouge Zeit gilt, ist das CSD die führende nationale Human-Rights-Organisation.
Weitere Ziele der Reisegruppe waren zwei zentrale Gedenkorte in Phnom Penh: Das ehemalige Foltergefängnis Toul Sleng und die sogenannten Killing Fields am Stadtrand der kambodschanischen Hauptstadt, wo mehr als 10.000 Männer, Frauen und Kinder umgebracht und in Massengräbern verscharrt wurden.
Der am weitesten fortgeschrittene Prozess in Phnom Penh betrifft den ehemaligen Leiter von Toul Sleng, Kaing Guek Eavs, genannt Duch, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Im Janaur 2008 trat das Gericht an das Marburger Zentrum wegen der Übermittlung von Unterlagen zu britischen und US-amerikanischen Prozessen nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland heran. In der überwiegenden Zahl der Fälle konnten die benötigten Unterlagen zusammengestellt und von Dr. Wolfgang Form übergeben werden. Das IWC berät auch weiterhin die Anklagebehörde in verschiedenen Fragen - u.a. in Bezug auf strafrechtliche Zurechnung - und die Vorverfahrenskammer in Bezug auf prozessuale Fragen. Von Marburg aus werden auch in naher Zukunft weitere historische Unterlagen auf den Weg nach Phnom Penh geschickt. Außerdem soll auch der personelle Austausch mit dem ECCC beibehalten werden. Zurzeit sind zwei Promotionsstudenten des IWC zu Forschungszwecken in Kambodscha. In den kommenden Jahren können weitere Studierende und Absolventen am von der Universität Berkeley, Kalifornien, (Prof. David Cohen) initiierten "Asian International Justice Khmer Rouge Trial Monitoring Program" teilnehmen.
Weitere Informationen: www.ICWC.de
Kontakt
Dr. Wolfgang Form
Philipps-Universität Marburg
Forschungs- und Dokumentationszentrum für Kriegsverbrecherprozesse, Universitätsstraße 7, 35032 Marburg
Tel.:
06421 - 2826895
E-Mail