07.07.2008
Aus dem Land des ewigen Frühlings an die Lahn
Gastdozentin aus Guatemala lehrt am Fachbereich Erziehungswissenschaften
Der Fachbereich Erziehungswissenschaften hat die guatemaltekische Psychologin Dr. Vilma Duque als Dozentin gewinnen können. Die Studierenden erhalten in ihren Veranstaltungen einen Eindruck vom Lehren und Lernen aus lateinamerikanischer Sicht. Die Gastdozentur währt noch bis zum kommenden Jahr, finanziert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).
Entwicklung ist keine Einbahnstrasse. Nach diesem Motto handelte der DAAD, als er Dr. Vilma Belarmina Duque Arellanos aus Guatemala als Gastdozentin einlud, am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität zu lehren. Seit diesem Sommersemester bietet sie nun den Studierenden der Erziehungswissenschaften, hier vor allem den Lehramtsstudierenden, eine erweiterte, nämlich internationale Perspektive des Lernens und Lehrens an. „Denn trotz aller Offenheit bleibt es Lehrenden aus Mitteleuropa letztendlich verborgen, wie sich zum Beispiel Theorien der Multi- und Interkulturalität in einem ganz anderen Kulturkreis darstellen und anfühlen; welche Visionen und Konzepte dort entwickelt wurden, um Ressourcen für Verbesserungen aus einer häufig konfliktreichen Realität zu schöpfen“, sagt Professorin Dr. Elisabeth Rohr vom Fachbereich Erziehungswissenschaften zu den Lehrangeboten der neuen Gastdozentin.
Mit den erziehungswissenschaftlichen Veranstaltungen zu den Themen „Leben in zwei Welten“, „Kindheit und Jugend in Lateinamerika“ und „Das Erziehungssystem in Guatemala“ wurden den Studierenden neue, internationale Orientierungen vermittelt, die sie anregten, globale Zusammenhänge einmal anders, nämlich aus dem Blickwinkel Lateinamerikas zu betrachten und zu begreifen. Mit diesem Blick aus dem Süden und in die Ferne endete das Sommersemester. Im kommenden Wintersemester folgt eine Fortsetzung, unter anderem mit Veranstaltungen zu kriminellen Jugendbanden, den so genannten „maras“. „Damit besteht die Möglichkeit, die im Sommersemester begonnene Auseinandersetzung zu Themen der Multiethnizität und Multilingualität in einem fremdkulturellen Kontext zu vertiefen“, so Rohr.
Vilma Duque, von Haus aus Lehrerin und Psychologin, wurde in Berlin bei Professor Dr. Klaus Holzkamp promoviert. Aufgrund des anhaltenden und blutigen Bürgerkrieges in ihrer Heimat lebte sie anschließend zunächst in Mexiko. Als Mitarbeiterin von Rigoberta Menchú Tum, der Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 1992, arbeitete sie an der indigenen Perspektive einer neuen Erziehung und entwickelte Lehrmaterialien und Curricula für eine multiethnische und multilinguale Erziehung an den Schulen Guatemalas. Nach dem Ende des Krieges 1996 kehrte sie nach Guatemala zurück und übernahm hier die Verantwortung für ein Projekt zur psychosozialen Gesundheitsversorgung.
Als Dozentin arbeitete sie außerdem viele Jahre lang an der staatlichen Universität San Carlos, wo sie den neuen Master-Studiengang „Sozialpsychologie und politische Gewalt“ initiierte, curricular entwickelte und etablierte. In diesem Zeitraum entstanden auch die Kontakte zur Philipps-Universität Marburg. Gemeinsam mit Elisabeth Rohr begann Duque, Fachpersonal für Supervision auszubilden, um diese weiter zu professionalisieren; gleichzeitig wurde eine burn-out-Prophylaxe angeboten, denn die Arbeit an den sozialpsychologischen Folgen eines 36 Jahre währenden Krieges geht auch an den Helfern nicht spurlos vorbei.
Frau Dr. Duque wird bis Mitte März 2009 und eventuell noch etwas länger in Marburg bleiben. Derzeit bereitet sie zusammen mit Elisabeth Rohr eine Tagung vor, die sich im Januar 2009 den Formen der Erinnerungskultur und der Vergangenheitsbewältigung in Guatemala widmen soll.
Weitere Informationen:
Ansprechpartnerin: Professorin Dr. Elisabeth Rohr,
Institut für Schulpädagogik
Tel.: 06421 28-24736
E-Mail:
erohr@staff.uni-marburg.de