13.05.2009
„Die Suche nach Sicherheit“
Außenminister Steinmeier stellte Buch von Eckart Conze vor
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat in Berlin das jüngste Werk des Marburger Historikers Professor Dr. Eckart Conze vorgestellt, in dem dieser die Geschichte der Bundesrepublik nachzeichnet. Bei der Präsentation gestern im Haus der Bundespressekonferenz lobte der Außenminister das Buch als „ umfangreich, gründlich, lesbar – und im besten Sinne der Aufklärung verpflichtet“.
Im Kern beschreibt Conze die deutsche Geschichte von 1949 bis in die Gegenwart als „Die Suche nach Sicherheit“, so der Titel des Werks, das soeben im Siedler-Verlag erschienen ist. Historisch erklärbare, kollektive Erwartungen an ein friedliches, sozial gesichertes Gemeinwesen haben seit 1949 sowohl innen- als auch außenpolitisch die Entwicklung Westdeutschlands entscheidend geprägt. „ Sie haben hier zweifellos einen prägenden Zug der deutschen Nachkriegsgeschichte und der Sozialpsychologie der Deutschen entdeckt und dechiffriert“, sagte Steinmeier.
Der Verfasser wende sich „gegen eine Geschichtsschreibung, die im Jahr 1989 den quasi-natürlichen Fluchtpunkt deutscher Nachkriegsgeschichte sieht“, führte der Außenminister weiter aus: „Die deutsche Einheit findet in Ihrem Buch ihren gebührenden Platz. Aber eine historiographische Verklärung dieses Ereignisses findet nicht statt. Sie verzichten auf die große teleologische Geste, beschreiben Brüche, beschreiben Sackgassen, beschreiben das harte Ringen um den Erhalt des Sozialstaates, die Suche nach der Rolle Deutschlands in einer sich dynamisch verändernden Welt.“
Conze bekräftigte in seiner Antwort, die Wahrnehmung der bundesrepublikanischen Geschichte als Erfolg dürfe in der Geschichtsschreibung nicht „zu einer harmonisierenden Selbstbestätigung der Bundesrepublik führen, in der letztlich alle Konflikte, Spannungsfelder und Problemlagen in der Geschichte der Bundesrepublik aufgehoben, ja glatt gebügelt werden“. Er hob insbesondere hervor, dass die Wiedervereinigung in den neunziger Jahren als Reformblockade gewirkt habe, „weil der Erfolg der Wiedervereinigung bestätigend, stabilisierend, aber eben auch immobilisierend wirkte“.
Am Anfang von Eckart Conzes Geschichte der Bundesrepublik Deutschland steht der deutsche Staat im Jahr 2009, seine Politik, seine Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur sechzig Jahre nach seiner Gründung. Conzes Darstellung ist konsequent von der Gegenwart her konzipiert und in besonderem Maße vom Anspruch des Zeithistorikers getragen, durch seine Analyse auch zur Erklärung unserer heutigen Zeit beizutragen. Der Autor erhellt in einer spannenden Erzählung den Hintergrund gegenwärtiger Reformdiskussionen und Reformblockaden: „Das Verhältnis von Staat und Markt, von Wirtschaft und Gesellschaft wird neu diskutiert und neu justiert... Es geht um die Stabilisierung des Gemeinwesens und den Zusammenhalt der Gesellschaft.“ Mit seiner historisch fundierten Analyse trägt das Buch entscheidend zum Verständnis derjenigen Probleme und Schwierigkeiten bei, mit denen die Bundesrepublik heute zu kämpfen hat.
Eckart Conze ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Philipps-Universität. Zudem ist er Sprecher der „Unabhängigen Historikerkommission zur Geschichte des Auswärtigen Amtes zwischen Nationalsozialismus und Bundesrepublik Deutschland“.
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Eckart Conze,
Fachbereich
Geschichte und
Kulturwissenschaften
Tel.: 06421
28-24610
E-Mail:
conze@staff.uni-marburg.de