03.06.2009
Der Briefwechsel der Ingeborg Schnack
Braun-Elwert schenkt Nachlass an Universitätsbibliothek
Hier sechs Briefe des Bundespräsidenten Gustav Heinemann, dort vier Briefe des international renommierten Philosophen Hans-Georg Gadamer, des nicht minder Weg weisenden Theologen Rudolf Bultmann oder des Nobelpreisträgers Otto Hahn – Ingeborg Schnack pflegte Korrespondenz mit zahlreichen Prominenten des 20. Jahrhunderts, vorausgesetzt sie hatten einen Bezug zur Philipps-Universität Marburg.
Speziell das Brief-Konvolut zur Universitätsgeschichte ist nun im Bestand der Universitätsbibliothek Marburg. Rudolph Braun-Elwert, Inhaber der Marburger Universitätsbuchhandlung Elwert und Mitglied des Marburger Universitätsbundes, erwarb die wertvolle Briefsammlung von Schnacks langjähriger Freundin Dr. Renate Scharffenberg und übereignete sie der Universitätsbibliothek, die bereits andere Bestände aus dem Nachlass Ingeborg Schnacks besitzt. „Unsere Sammlung von Autographen und Nachlässen sind mit diesem Konvolut um einen wertvollen Bestand erweitert“, freut sich Hubertus Neuhausen, Leiter der Universitätsbibliothek. Die Sammlung umfasst 320 Briefe von 151 verschiedenen Absendern, die Schnack von 1920 bis zu ihrem Tode 1997 geschrieben haben. „Diese Briefe stellen eine interessante Quelle für die jüngere Geschichte der Philipps-Universität dar“, sagt Dr. Bernd Reifenberg, der in der Universitätsbibliothek unter anderem die Nachlässe betreut. Bereits jetzt habe er Nachfragen nach Briefen etwa zu Theodor Heuss positiv beantworten können.
Einen Großteil der Korrespondenz schrieb die Bibliothekarin Schnack, die im hohen Alter von 102 Jahren verstarb, im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Redakteurin des Marburger Universitätsbundes. Bis zu ihrem Tode war Schnack 35 Jahre für die „alma mater philippina“ verantwortlich: Jedes Semester brachte sie zusammen mit Kollegen eine Ausgabe der Zeitschrift heraus, die dem Leben und der Arbeit in der Universität gewidmet war. Die Universität zeigte ihre Anerkennung durch die Verleihung der Silbernen Philippsplakette 1968, der Universitätsbund durch die Wahl zum Ehrenmitglied 1976. Im selben Jahr bekam sie die Ehrennadel der Universitätsstadt Marburg, drei Jahre später die Goldene Ehrennadel des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, dessen Ehrenmitglied sie 1985 wurde.
Schnack studierte als eine der ersten Frauen in Preußen, wurde 1920 promoviert und war 1923 die erste Bibliotheksreferendarin nicht nur an der Universitätsbibliothek Marburg, sondern in ganz in Preußen. Später wurde sie hier Stellvertretende Bibliotheksdirektorin und passionierte Rilke-Forscherin. Doch die erste wissenschaftliche Aufgabe, der sich Ingeborg Schnack im Berufsleben stellen musste, war die Sammlung und Katalogisierung aller Porträts von Marburger Universitätslehrern seit der Gründung der Universität im Jahre 1527. Mit dieser Arbeit wurde sie zum 400. Universitätsjubiläum beauftragt, und fortan blieb Universitätsgeschichte eines ihrer zentralen Arbeitsfelder. 1961 erschien das reich bebilderte Buch „ Marburg. Bild einer alten Stadt “, das als eine der ersten unter ihren „hessischen" Publikationen der Wahlheimat ihre Verbundenheit bewies. Und zum 450. Jubiläum legte sie den Band „Marburger Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts" vor.