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24.07.2009

Projekt „CO2-neutrale Philipps-Universität“ gestartet

Größter Energieverbraucher in Marburg setzt verstärkt auf Klimaschutz: Bis 2020 will die Philipps-Universität ihren CO2-Ausstoß, der sich in 2008 auf rund 37.500 t CO2 im Gebäudebereich belief, halbieren.

Die Philipps-Universität startet zum Wintersemester 2009/10 das Projekt „CO 2 -neutrale Philipps-Universität“. Als konkretes Zwischenziel strebt die Universität an, bis 2020 den CO 2 -Ausstoß der Universität, der sich in 2008 auf rund 37.500 t CO 2 im Gebäudebereich belief, zu halbieren. „Wir haben jetzt die Chance, mit der anstehenden Sanierung unserer Gebäude bzw. der Neubauten dem Ziel einer CO 2 -neutralen Universität näherzukommen“, sagt Universitätspräsident Prof. Dr. Volker Nienhaus.

„Das ehrgeizige Ziel soll umgesetzt werden einerseits durch die Einsparung von Energie und andererseits durch den Einsatz regenerativer Energie“, sagt Uni-Kanzler Dr. Friedhelm Nonne. Bereits jetzt sei der reguläre Stromvertrag gekündigt, sodass die Universität Marburg ab 2010 Ökostrom beziehen kann. Derzeit bezahlt die Universität jährlich 6,5 Millionen Euro für Strom und 8,5 Millionen Euro für Heizung. „Hier gibt es ein erhebliches Einsparpotenzial“, vermutet der Humanmediziner Prof. Dr. Siegfried Bien, der vom Präsidium für drei Jahre zum Beauftragten für CO 2 -Reduktion ernannt worden ist. Bien gehört gemeinsam mit dem Kanzler und dem Leiter des Dezernats Gebäudemanagement und Technik, Dr. Eckhard Diehl, der Steuerungsgruppe für das Projekt an. Gemeinsam wurden bislang sieben Arbeitsfelder ins Auge gefasst:

Arbeitsfeld 1: CO2-Monitoring und –Bilanzierung, Öffentlichkeitsarbeit

Eine möglichst umfassende und kontinuierliche Erfassung des CO 2 -Ausstoß in der Universität sowie die ständige Verbesserung dieser Analysen ist Grundvoraussetzung für die Verringerung der CO 2 -Emissionen. Die regelmäßige Veröffentlichung der Ergebnisse sowie weitere öffentlichkeitswirksame Maßnahmen, durch die die Aufmerksamkeit von Beschäftigten, Studierenden, Geschäftspartnern und Förderern der Universität auf universitäre CO 2 -Emissionen und Möglichkeiten zur Annäherung an das Ziel einer CO 2 -neutralen Universität gelenkt werden, sind ein essentieller Bestandteil des Gesamtprojekts.

Arbeitsfeld 2: CO2-bewusste Bauplanung

Im Rahmen des Hochschulbauprogramm HEUREKA des Landes Hessen, des Sonderinvestitionsprogramms „Schulen und Hochschulen“ des Landes und des Konjunkturprogramms II des Bundes werden in den nächsten beiden Jahrzehnten die meisten Gebäude, in den die Universität untergebracht ist, grundlegend saniert oder neu errichtet. Eine besondere Herausforderung, aber auch eine besondere Chance entsteht durch den Umstand, dass viele universitäre Gebäude dem Denkmalschutz unterliegen. Gemeinsam mit dem Land wird die Universität darauf hinwirken, dass im Rahmen einer integralen Planung eine deutliche Verringerung des Energieverbrauchs und der CO 2 -Emissionen zusammen mit einer nachhaltigen Stadt- und Quartiersentwicklung, einer den Lebens- und Arbeitsbedürfnissen der Nutzer angepassten baulichen Struktur und niedrigen Kosten der Betriebsführung unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes angestrebt werden. Die derzeit geltenden Energieverbrauchsstandards sollen um mindestens 25% Prozent unterschritten werden. Auch die Baumaßnahmen im Rahmen der laufenden Bauunterhaltung sollen mit diesen Zielsetzungen geplant und durchgeführt werden.

Als ein erstes wichtiges Projekt in diesem Arbeitsfeld wird die Sanierung des Zentralen Hörsaalgebäudes im Lahntal durch die RWE im Rahmen ihres Energieeffizienzprogramms als Modelprojekt unterstützt. Partner der Philipps-Universität ist hier die RWE-Tochtergesellschaft KEVAG und die Stadtwerke Marburg, die derzeit die Universität bei der Planung der Sanierung des Hörsaalgebäudes mit dem Ziel einer energetischen Optimierung berät. Die Sanierungsmaßnahme wird dann mit Finanzmitteln des Konjunkturprogramms II des Bundes umgesetzt.

Arbeitsfeld 3: CO2-minimierende Beschaffungsprozesse

Insbesondere in den Natur- und Lebenswissenschaften werden an der Universität zahlreiche Geräte in Lehre und Forschung eingesetzt. Bei der Beschaffung solcher Geräte ist dem Energieverbrauch und den CO 2 -Emissionen in der Vergangenheit häufig kaum Beachtung geschenkt worden. Künftig soll dieser Aspekt systematisch in Beschaffungsprozessen berücksichtigt werden. Dies stellt im Hochschulbereich eine besondere Herausforderung dar, weil häufig Spezialgeräte benötigt werden, für die es nur wenige Anbieter gibt. Die CO 2 -bewusste Beschaffung soll selbstverständlich für alle Bereiche in der Universität, also z.B. auch den Fuhrpark, die Arbeitsplatzrechner und die Kopierer zur Anwendung kommen.

Arbeitsfeld 4: CO2-Reduktion durch Verhaltensänderung und Nutzeraktivierung

Nicht nur die Technik, sondern auch das Nutzerverhalten hat erhebliche Auswirkungen auf den Energieverbrauche. „Für den Hochschulbereich gibt es eine Schätzung, nach der durch Änderungen des Nutzerverhaltens Energieeinsparmöglichkeiten von mehr als 10 Prozent realisiert werden können“, so Nonne. Durch gezielte Kampagnen sollen die universitären Nutzer, d.h. insbesondere Studierende und Beschäftigte, für Fragen der CO 2 -Emission sensibilisiert und über Möglichkeiten, durch Verhaltensänderungen den CO 2 -Ausstoß zu verringern, aufgeklärt werden. Dabei soll die Zusammenarbeit mit studentischen Initiativen gesucht werden. Da die Nutzer oftmals aufgrund ihrer Kenntnisse vor Ort wichtige Hinweise und Vorschläge für Energieeinsparungsmöglichkeiten in den jeweiligen Gebäuden geben können, sollen Kommunikationsstrukturen und –netzwerke aufgebaut werden, um dieses lokale Wissen für das Gesamtprojekt CO 2 2-neutrale Philipps-Universität wirksam werden zu lassen. Dazu könnte u.a. ein Netzwerk von Energiebeauftragten beitragen. Darüber hinaus sollen Modelle für finanzielle Anreize zur Energieeinsparung entwickelt und erprobt werden.

Arbeitsfeld 5: CO2-bewusste Energieerzeugung und -beschaffung

Die Philipps-Universität betreibt ein Heizwerk, mit dem am Standort Lahnberge universitäre und nichtuniversitäre Gebäude mit Fernwärme versorgt werden. Das Heizwerk soll – in Zusammenarbeit mit einem Partner - energietechnisch grundlegend modernisiert und damit der CO 2 -Ausstoß deutlich verringert werden. Durch weitere Initiativen soll darauf hingewirkt werden, dass auch die Wärmeversorgung anderer universitärer Gebäude mit dem Ziel der Verringerung von CO 2 -Emissionen technisch optimiert oder verändert wird. Bei der Stromversorgung soll künftig – soweit die Universität über den Strombezug selbstständig entscheiden kann – Ökostrom beschafft werden. Die Universität wird sich zudem an Initiativen zur Errichtung von Photovoltaikanlagen in Marburg beteiligen und für diese Zwecke Dächer von universitären Liegenschaften zur Verfügung stellen.

Arbeitsfeld 6: Systemische Strategien der CO2-Reduktion

Als ein Weg im Kontext der übergreifenden Zielsetzung der Reduktion von CO 2 -Emissionen soll gezielt nach systemischen Konzepten im universitären Kontext gesucht werden. So könnte z.B. geprüft werden, ob Dienstreisen verstärkt durch Videokonferenzen ersetzt werden können, oder ob durch eine Optimierung der Lehrveranstaltungsplanung die Notwendigkeit von Transfers zwischen den beiden Hochschulstandorten Lahntal und Lahnberge für die Studierenden verringert werden kann.

Arbeitsfeld 7: Know-How-Austausch und Best-Practice-Lernen

Die Philipps-Universität wird den Austausch mit anderen einschlägig engagierten Hochschulen suchen, um Erfahrungen auszutauschen und weitere Anregungen für neue Ansätze zur CO 2 -Reduktion im Hochschulbereich zu sammeln. Aus diesem Grund wird sich die Universität als Praxispartner an dem vom Bundsministerium für Bildung und Wissenschaft geförderten Projekt „Veränderung nachhaltigkeitsrelevanter Routinen in Organisationen zur Förderung eines energieeffizienten Nutzerverhaltens“ beteiligen.