15.11.2010
Neue Impulse für die Universitätsgeschichte
Dynamisch statt provinziell – Historiker fordern auf Tagung noch stärkere Verknüpfung mit allgemeiner Geschichte
Vom 11. bis 13. November 2010 ist in Marburg das Thema „Universitätsgeschichte“ als dynamisches und perspektivenreiches Forschungsgebiet auf einer Tagung präsentiert worden, zu der der universitätsweite Arbeitskreis Universitätsgeschichte der Philipps-Universität eingeladen hatte.
Ganz ohne den Anlass eines bevorstehenden Jubiläums – die Marburger Hochschule feiert erst im Jahr 2027 ihren 500. Gründungstag – widmete sich die Tagung, an der international renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler teilnahmen, den „Perspektiven einer 'modernen' Universitätsgeschichte“. Es ging also nicht nur um die Geschichte der Marburger Universität, „wenngleich man zweifellos am Beispiel der Marburger Universität auch allgemeine universitätshistorische Themen und Fragen untersuchen könnte“, wie Professor Dr. Eckart Conze, Sprecher des universitätshistorischen Arbeitskreises, betonte.
Professor Dr. Rüdiger vom Bruch aus Berlin, einer der führenden deutschen Universitäts- und Wissenschaftshistoriker, eröffnete die Tagung und hob die „Trias von Verfassungsgestalt, Sozialgestalt und Ideengestalt der Universität“ als Kernaufgabe moderner universitätshistorischer Forschung hervor. Positiv bewertete Bruch die seit einigen Jahren zu beobachtende Professionalisierung der Universitätsgeschichte in Verbindung mit einer Annäherung von Universitätsgeschichte und allgemeiner Geschichte, die er auch im Marburger Tagungsprogramm widergespiegelt sah: „Ihre Tagung setzt wichtige Themen auf die Agenda, sie wird Impuls gebend wirken.“
In den Sektionen „Universitätsverfassung, -verwaltung und -finanzierung“, „akademische Migration“, „Vernetzung und Internationalität“, „Universitätskultur“ sowie „Universität und Gesellschaft“ entwickelten die Referentinnen und Referenten ihre Thesen und berichteten aus laufenden Forschungsprojekten. Der zeitliche Bogen reichte dabei von der frühen Neuzeit bis an die Schwelle der Gegenwart; immer wieder wurden dabei traditionelle Zäsurensetzungen in Frage gestellt und relativiert. Nicht zuletzt der Problemkomplex Universitätsreform rückte in einer Reihe von Vorträgen in den Mittelpunkt. „Der Impuls der Gegenwart war deutlich zu erkennen“, berichtet Conze.
Eine Podiumsdiskussion, an der die Professoren Dr. Willem Frijhoff (Amsterdam), Dr. Notker Hammerstein (Frankfurt a. M.) und Dr. Ulrich Sieg (Marburg) teilnahmen, bündelte und interpretierte Ergebnisse der Tagung. Während Frijhoff für eine stärkere Internationalisierung der universitätshistorischen Forschung plädierte, verwies Hammerstein auf die Besonderheiten der deutschen Entwicklung, die in einer internationalen Perspektive nicht untergehen dürften. Sieg kritisierte die deutsche Universitätsgeschichte als zu provinziell und mahnte eine noch stärkere Verknüpfung mit der allgemeinen Geschichte an. Die Marburger Tagung, darüber waren sich am Ende alle Teilnehmer einig, hatte sich diese Verknüpfung geradezu programmatisch zu Eigen gemacht. „Nur deshalb war sie in der Lage, Akzente zu setzen, die weit über Marburg hinaus in der universitätsgeschichtlichen Landschaft wahrgenommen werden dürften“, erklärt Veranstalter Conze. Es sei ein hoher Anspruch entwickelt worden: „Auch für den Marburger Arbeitskreis Universitätsgeschichte und seine Aktivitäten in den kommenden Jahren liegt die Messlatte sehr hoch.“
Weitere Informationen:
Neueste Geschichte im Internet: www.uni-marburg.de/fb06/ng
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Professor Dr. Eckart Conze
Fachgebiet Neuere und Neueste Geschichte am Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften
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