18.05.2010
Senat lehnt Hochschulpakt ab
Unterschrift von Unipräsidentin Krause wird hingenommen
In seiner Sitzung am 17. Mai 2010 hat sich der Senat der Philipps-Universität Marburg eingehend mit den finanziellen Konsequenzen des Vorschlags der Landesregierung für einen Hochschulpakt 2011-2015 befasst. Universitätspräsidentin Katharina Krause stellte die Ergebnisse von internen Modellrechnungen vor, die erst seit vergangenem Dienstag erarbeitet werden konnten.
Sie erläuterte, dass ein die aktuellen Kürzungen konsequent durch Abbau umsetzender Hochschulbetrieb mit „Dienst nach Vorschrift“, verringerten Studierendenzahlen und massiven Personalreduktionen zu weiteren hohen Budgetverlusten führen werde und deshalb keine sinnvolle Handlungsperspektive biete. Die andere Option, die Krause mit „Verantwortung für die Studierenden“ übertitelte, beinhalte ein „einigermaßen beherrschbares Risiko“. Dieses Szenario sehe eine weitere Steigerung der Studienanfängerzahlen vor, um für die Schulabgänger aus den doppelten Abiturjahrgängen Studienmöglichkeiten zu bieten. Wenn auch an den übrigen hessischen Hochschulen nur ein maßvoller Aufwuchs der Studienanfängerzahlen zu verzeichnen sei, werde das Grundbudget der Philipps-Universität nach 2011 voraussichtlich stabil bleiben. Die zusätzlichen Studienanfänger könnten dann aus den Zusatzmitteln des Hochschulpakts 2020 finanziert werden. Die finanziellen Konsequenzen dieses Szenarios bewertete die Präsidentin als „beherrschbar“.
Die Präsidentin gab zu erkennen, dass sie den Hochschulpakt voraussichtlich unterschreiben werde. Sie bezeichnete die Unterzeichnung des Hochschulpakts in Übereinstimmung mit anderen hessischen Hochschulleitungen als „das kleinere Übel“, da Budgetverhandlungen einer einzelnen Hochschule mit dem Ministerium im wirtschaftlich schwierigen nächsten Jahr nicht sehr erfolgversprechend seien. Die Präsidien mehrerer hessischer Hochschulen wollten aber gemeinsam ihre Kritik an dem Pakt in einer Protokollnotiz deutlich machen. In diesem Zusammenhang wies Krause nochmals darauf hin, dass der geordnete und friedliche Protest aller Statusgruppen gegen den Hochschulpakt dazu beigetragen habe, dass die schon mehrfach vorgetragenen Argumente zur Unterfinanzierung der Universitäten und speziell der Universität Marburg nun vermehrt bei Vertretern aus Wirtschaft und Politik Gehör fänden.
Die Mitglieder des Senats äußerten ihre Enttäuschung über die geplante nochmalige Kürzung der Zuweisung an die Philipps-Universität und beurteilten den Hochschulpakt durchgängig sehr negativ. Die Diskussion mündete in den einstimmig gefassten folgenden Beschluss:
„Aus Verantwortung für die Philipps-Universität Marburg und die hessischen Hochschulen und Bildungseinrichtungen insgesamt sind Senat und Erweitertes Präsidium der Philipps-Universität Marburg nicht bereit, den von der Landesregierung vorgelegten Entwurf des Hochschulpakts mitzutragen. Wenn sich das Präsidium dennoch gezwungen sieht zu unterschreiben, betrachten der Senat und das Erweiterte Präsidium dies als Ergebnis einer Nötigung durch die Landesregierung.“
Für den morgigen Dienstag, wenn der Hochschulpakt in Wiesbaden unterzeichnet werden soll, hat die Studierendenvertretung zu einer Info-Vollversammlung um 13.45 vor dem Hörsaalgebäude Biegenstrasse 14 eingeladen. Der Senat empfahl außerdem den Lehrenden, um 11 Uhr die Lehrveranstaltungen zu unterbrechen und eine Protestnote des Senats zum Hochschulpakt zu verlesen. Für Donnerstag, 27. Mai 2010, 19 Uhr, kündigte die Präsidentin eine Diskussionsveranstaltung zu den aktuellen Themen Hochschulpakt, Sparmaßnahmen in der Bildung und Bolognaprozess an (Aula der Alten Universität, Lahntor 3). Es gehe nicht um ein Marburger Problem, sondern um gesellschaftspolitische Entwicklungen, mit denen man sich sowohl aus der Sicht der Betroffenen als auch der Wissenschaft auseinandersetzen müsse, sagte Krause.