17.01.2011
„Monitoring“-Tätigkeit des Marburger Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse
Studierende der Philipps-Universität beobachten Völkerstrafrechtsprozess in Frankfurt
Als Teil der „Monitoring“-Tätigkeit des Marburger Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse beobachten Studierende der Philipps-Universität Marburg den Völkermord-Prozess gegen einen ruandischen Staatsbürger. Ziel ist es, die Rechtsstaatlichkeit dieses Prozesses, der am 18. Januar 2011 am Oberlandesgericht Frankfurt beginnt, zu analysieren.
Dem 53-jährigen Ruander O. R. wird vorgeworfen, im April 1994 zu Pogromen gegen die Tutsi-Bevölkerung aufgerufen zu haben und deshalb für die Tötung von mehr als 3.700 Angehörige der Tutsi-Minderheit verantwortlich zu sein. Das ist strafbar als Völkermord und Mord sowie Anstiftung zum Völkermord und Mord. Da der Angeklagte nicht nach Ruanda ausgeliefert werden kann, wird ihm vor dem Oberlandesgericht Frankfurt der Prozess gemacht.
In internationalen Strafprozessen sind Monitoring-Projekte mittlerweile üblich. Ziel dieser Beobachtung ist es, die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens zu analysieren. Regelmäßige Berichte über den Prozessverlauf bilden dabei die Grundlage für die wissenschaftliche Auswertung. Das Marburger Forschungs- und Dokumentationszentrum Kriegsverbrecherprozesse war bereits an Monitoring-Projekten am Sondergericht in Sierra Leone sowie an den Außerordentlichen Kammern in den Gerichten Kambodschas beteiligt. Diese Erfahrungen sollen nun genutzt werden, um den Frankfurter Völkermordprozess aus wissenschaftlichem Interesse heraus zu begleiten. Für das deutsche Strafprozessrecht sind Verfahren dieser Art mit Auslandsermittlungen, Zeugen aus fremden Kulturkreisen, Zusammenarbeit mit Regimen, deren Rechtsstaatlichkeit nicht sichergestellt ist, Neuland und bedürfen daher der genauen Beobachtung und wissenschaftlichen Auswertung.
Zurzeit bereiten sich Studierende der Rechtswissenschaften und der Friedens- und Konfliktforschung unter Leitung von Professor Dr. Christoph Safferling auf diese Tätigkeit in verschiedenen Workshops vor, um sich mit der ungewohnten Materie und der konkreten Aufgabenstellung des „Monitoring“ vertraut zu machen. "Zugleich wird mit diesem Projekt ein neuer Weg in der juristischen Ausbildung beschritten, da Völkerstrafrecht und Strafprozessrecht auf diese Art und Weise den Studierenden praxisnah veranschaulicht und erlebbar gemacht werden können", sagt Safferling.
Weitere Informationen:
Professor Dr. Christoph
Safferling
Stellv. Direktor des Forschungs- und Dokumentationszentrums
Kriegsverbrecherprozesse der Philipps-Universität Marburg
Tel: 06421-2823120
monitor@jura.uni-marburg.de
www.icwc.de