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24.10.2011

Ehrendoktorwürde für Komponisten und Theologen

Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Schnebel vom Fachbereich Evangelische Theologie ausgezeichnet

In einem Festakt hat der Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität-Marburg die Ehrendoktorwürde an den Komponisten, Musikwissenschaftler und Theologen Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Schnebel verliehen.

Schnebel und Schäufele
Prof. Dr. Wolf-Dietrich Schäufele (r.) überreicht die Ehrenpromotions-Urkunde an den Komponisten und Theologen Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Schnebel (Foto: Thorsten Richter / Oberhessische Presse)

Schnebel, Jahrgang 1930, studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Theologie. Musikalisch stand Schnebel den Protagonisten der Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik nahe (Theodor W. Adorno, Edgar Varèse, Olivier Messiaen, Luigi Nono, Karl-Heinz Stockhausen) und trat später in Auseinandersetzung mit John Cage. Das musikwissenschaftliche Studium führte zur Promotion über die Dynamik bei Arnold Schönberg. Nach langjähriger Tätigkeit als Pfarrer und Religionslehrer in Kaiserslautern, Frankfurt am Main und München übernahm er 1976 eine eigens für ihn errichtete Professur für experimentelle Musik und Musikwissenschaft an der Hochschule der Künste in Berlin, die er bis 1995 innehatte. Seine theologische Arbeit setzte er als Prediger an der Johann-Sebastian-Bach-Kirche und an der St.-Annen-Kirche in Berlin fort. Seine musikwissenschaftlichen Publikationen behandeln Themen, die von Bach über Beethoven, Schubert, Schumann, Wagner, Mahler und Debussy bis zu Cage und Kagel reichen.

In seiner wissenschaftlichen Arbeit erwies sich Schnebel als eigenständiger Gelehrter, der insbesondere den Zusammenhang zwischen der fortgeschrittenen Musik des 19. Jahrhunderts und der musikalischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts herausgearbeitet hat. Schnebel ist seit 1991 Mitglied der Akademie der Künste Berlin sowie der Freien Akademie der Künste Leipzig und seit 1996 der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Im Jahr 1999 verlieh ihm die Stadt Schwäbisch Gmünd den erstmals vergebenen Preis der Europäischen Kirchenmusik.

Im umfangreichen musikalischen Werk Schnebels versammeln sich maßgebliche ästhetische, politische und religiöse Tendenzen des 20. Jahrhunderts. Dabei kommt es immer wieder zur Überschneidung und spannungsvollen Integration dieser Momente. Paradigmatisch dafür steht Schnebels großes Werk „Missa“ (1988), das dem Andenken der Bekennenden Kirche, insbesondere Martin Niemöllers, Dietrich Bonhoeffers und Karl Barths, gewidmet ist und in der Dahlemer Jesus-Christus-Kirche, der Kirche Niemöllers, uraufgeführt wurde. Dabei macht Schnebel von einer ökumenischen Perspektive ganz eigenen Zuschnitts Gebrauch, indem er Elemente unterschiedlicher christlicher Kirchenmusik auch mit dem jüdischen Pendant verbindet.

Die „Missa brevis“ für Stimme und Schlagzeug wurde auch im Rahmen des Festakts an der Philipps-Universität aufgeführt und erzeugte „Verwunderung und Bewunderung“, wie Prof. Dr. Dietrich Korsch vom Fachbereich Evangelische Theologie erzählt: „Verwunderung, weil zeitgenössische Musik im Konzert zu hören außergewöhnlich ist. Bewunderung, weil sie eine Verbindung von geistlicher Intensität und künstlerischer Expressivität darstellt.“ Korsch entwickelte in seiner Laudatio eine Sichtweise von Schnebels Musik als „musica ex auditu“ – Musik die aus dem Hören kommt und sich im Hören vollendet – in Analogie zur reformatorischen Formel „fides ex auditu“, dem Glauben, der aus dem Hören kommt und ins Sprechen übergeht.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Prof. Dr. Dietrich Korsch, Fachgebiet Systematische Theologie am Fachbereich Evangelische Theologie
Tel.: 06421 28-24276
E-Mail: korsch@staff.uni-marburg.de

Evangelische Theologie im Internet: www.uni-marburg.de/fb05