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28.11.2011

Appell der fünf hessischen Universitäten an die Landesregierung

Konferenz Hessischer Universitätspräsidien (KHU) in großer Sorge um die Qualität der Lehre

Die Konferenz der Hessischen Universitätspräsidien (KHU) ist in großer Sorge um die Qualität von Lehre, Studium und Forschung. Binnen kürzester Zeit, seit 2007, sind die Studierendenzahlen an den hessischen Universitäten von insgesamt 107.351 auf 135.818 hochgeschnellt; das entspricht einer Steigerung von 27 Prozent. Bei den Erstsemestern beläuft sich der Anstieg sogar auf mehr als 40 Prozent, rechnet man die Masterstudiengänge hinzu, sind es mehr als 60 Prozent. In diesem Wintersemester erreichten dabei etliche hessische Hochschulen absolute Höchststände bei den Studierendenzahlen, so die Technische Universität Darmstadt (25.021), die Universität Gießen (25.277), die Universität Kassel (21.518) sowie die Universität Marburg (22.661). Ursachen des Anstiegs sind überwiegend Folgen politischer Beschlüsse wie zur gymnasialen Schulzeitverkürzung (G8), zur höheren Studierfähigenquote pro Alterskohorte (Hessen ist hier mit 46% der Spitzenreiter der Republik), zur Aussetzung der Wehrpflicht sowie zur Einführung von Bachelor- und Master-Abschlüssen. Ein Rückgang der Studierendenzahlen ist nicht absehbar. Im Gegenteil, der Trend wird anhalten, zumal in Hessen der G8-Anstieg erst noch bevorsteht. Gewiss erhalten auch die hessischen Hochschulen aus dem von Bund und Ländern gemeinsam finanzierten HSP2020-Programm Mittel, um den Studierendenaufwuchs zu bewältigen; allerdings sind diese zeitlich befristet und auch nicht auskömmlich. Insbesondere aber setzt ein Aufwuchs voraus, dass die Grundfinanzierung durch das Land zumindest konstant bleibt und nicht rückläufig ist. Genau das aber ist in Hessen nicht der Fall: Das reale Grundbudget der Hochschulen sinkt 2012 weiter. Zwar hat das Land Wort gehalten und wird infolge steigender Steuereinnahmen die Grundfinanzierung im Vergleich zu 2011 um 20 Mio. Euro wieder erhöhen. Das hilft auch einen Teil der Kürzungen in Höhe von 34 Mio. Euro auszugleichen, zu denen sich die hessischen Hochschulen 2011 bereit erklären mussten. Das gilt jedoch nicht für den tariflichen Mehraufwand , der mittlerweile die Haushalte der Hochschulen stark belastet. Bereits 2011 blieben hier die fünf Universitäten auf 6,6 Mio. Euro sitzen, da das Land nur mehr bereit war, ein Drittel der Tarif-Kosten (4 Mio. Euro) zu übernehmen. 2012 müssen sie nun den tarifbedingten Mehraufwand von 21,2 Mio. Euro komplett alleine schultern.

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich das Land im Hessischen Hochschulpakt bereit erklärt hat, sich an den Mehrkosten aus Tarifsteigerungen ab 2013 wieder zu beteiligen. Dennoch bleibt die Situation für die Universitäten 2011 und 2012 prekär. Angesichts der außerordentlichen Lehrbelastung auf der einen Seite und auf der anderen Seite erneut gestiegener Steuereinnahmen (Schätzungen zufolge sind es 700 Mio. Euro mehr) appelliert die KHU an die Wiesbadener Regierung, die Kosten für die Tarif- und Gehaltssteigerungen der Angestellten und Beamten 2011 und 2012 von rund 28 Mio. Euro rückwirkend zu übernehmen. Andernfalls hätten die hessischen Universitäten eine weiterhin schleichende Auszehrung ihrer Budgets hinzunehmen. Da infolge der bereits stattgefundenen Kürzungsrunden inzwischen verfügbare Einsparpotentiale weitgehend ausgeschöpft und verbliebene Rücklagen nicht beliebig abbaubar sind, ließe sich ein drohendes Defizit nurmehr durch einschneidende Maßnahmen wie Wiederbesetzungssperren abwenden, was de facto einem Jobabbau gleichkäme. Das wiederum wäre angesichts der außergewöhnlichen Belastung infolge des Studierendenaufwuchses extrem kontraproduktiv und in Hinblick auf den immer schärfer werdenden globalen Wettbewerb um Fachkräfte auch politisch ein falsches Signal.

Die fünf hessischen Universitäten fordern deshalb die Landesregierung auf: Investieren Sie in eine gute Zukunft der hessischen Jugend! Übernehmen Sie die Tarifsteigerungen rückwirkend von 2011 und 2012 in Höhe von 28 Mio. Euro und versetzen Sie so die hessischen Hochschulen in die Lage, ausreichend hoch qualifizierte Absolventinnen und Absolventen auszubilden, wie sie der Arbeitsmarkt so händeringend sucht!

Weitere Informationen:

Studierendenaufwuchs und Tarifsteigerung

Studierende und Erstsemester