02.02.2011
Wortschatz der ländlichen Alltagssprache Hessens dokumentiert
Der Deutsche Sprachatlas schließt mit dem „Wortatlas zur Alltagssprache der ländlichen Räume Hessens“ die Reihe „Hessische Sprachatlanten“ ab, die exemplarisch den Sprachgebrauch in den städtischen Zentren und ländlichen Gebieten Hessens anhand des Wortschatzes sowie der Anteil der Dialektsprecher an der Bevölkerung Hessens dokumentiert.
Der verantwortliche Bearbeiter und Herausgeber Prof. Dr. Heinrich J. Dingeldein vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas der Philipps-Universität Marburg hat den Band gestern im Landtag Staatsministerin Eva Kühne-Hörmann überreicht. „Die Sprachwissenschaft ist einer der profilbildenden Forschungsschwerpunkte der Philipps-Universität und daran hat der Deutsche Sprachatlas entscheidenden Anteil“, sagte Ministerin Kühne-Hörmann und verwies dabei auch auf den geplanten Forschungsneubau.
Der „Wortatlas zur Alltagssprache der ländlichen Räume Hessens“ bietet auf mehr als 200 Karten ein genaues Bild, welche Wörter in den einzelnen Sprachlandschaften Hessens für verschiedene Sachverhalte und Tätigkeiten in Gebrauch sind. Dabei zeigen sich deutliche Nord-Süd-Gegensätze: So stehen etwa den nordhessischen Bezeichnungen „Junge“, „Sonnabend“ und „Trecker“ oder „Schlepper“ die südhessischen Ausdrücke „Bub“, „Samstag“ und „Bulldog“ gegenüber. Für manche Begriffe wie etwa für den Marienkäfer sind weit mehr als zwanzig verschiedene Ausdrücke im Gebrauch. Vergleichsdaten mit beigegebenem älterem Kartenmaterial zeigen, dass sich die Standardsprache in Hessen überall auf dem Vormarsch befindet, in Südhessen aber immer noch zahlreiche Dialektwörter zur Alltagssprache gehören.
„Für kein anderes Bundesland liegt bisher eine vergleichbare Dokumentation zur Alltagssprache vor“, hob Dingeldein hervor. Mit dem Atlas präsentiere sich Hessen auch auf der sprachlichen Ebene als Land der Vielfalt und des dynamischen Wandels, in dem bewahrenswertes Altes und kommunikativ notwendiges Neues nebeneinander Platz fänden.
Die Daten zum neuen Atlasband wurden mit Unterstützung der Hessischen Akademie der Forschung und Planung im ländlichen Raum erhoben. Deren Vorsitzender, Prof. Dr. Heinrich Klose, war bei der Übergabe des Wortatlasses ebenso dabei wie der Geschäftsführer der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, Dr. Thomas Wurzel. Diese hatte durch einen Zuschuss die Drucklegung ermöglicht.
Das „Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas“ am Fachbereich Germanistik und Kunstwissenschaften der Philipps-Universität Marburg ist das älteste sprachwissenschaftliche Forschungszentrum der Welt. Zu den großen Projekten dort gehört unter anderem auch „regionalsprache.de (REDE)“, das nach einem Beschluss der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung als eine zentrale Forschungsplattform für die Regionalsprachen des Deutschen über eine Laufzeit von 19 Jahren mit rund 14 Millionen Euro gefördert wird.
Bibliographische Angaben:
Wortatlas zur Alltagssprache der ländlichen Räume Hessens. Herausgegeben und bearbeitet von Heinrich J. Dingeldein unter Mitarbeit von Christoph Hallerstede, Michael Kusch und Marisé Vidal. Tübingen: Francke Verlag 2010 (Hessische Sprachatlanten. Band 4). – ISBN 978-3-7720-1813-8