07.05.2011
Marburger Konfliktforschung blickt zurück und nach vorne
Universität Marburg zeichnet Friedensstifter und zwei Friedensprojekte aus
Nach der Feierstunde zum zehnjährigen Jubiläum des Zentrums für Konfliktforschung (ZfK) verlieh die Philipps-Universität Marburg den Peter Becker-Preis für Friedens- und Konfliktforschung an einen Friedensstifter und zwei Friedensprojekte. Ziel des Preises, der am 6. Mai feierlich vergeben wurde, ist die Förderung der aktiven Mitarbeit an zivilen Friedensprozessen und die Ehrung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ihre Theorien in die Tat umsetzen.
Die Auszeichnung erhielt Prof. Dr. Gavriel Salomon von der Universität Haifa (Israel) für sein ausgezeichnetes Lebenswerk als Friedenswissenschaftler und Friedenspädagoge in Theorie und Praxis. Die zweite Hälfte des Preisgeldes zu je 2.500 Euro ging an zwei Projekte: Bei dem “Minds of Peace Experiment” von Dr. Sapir Handelman (Harvard) handelt sich um ein einzigartiges Projekt, das sich für die gewaltfreie Lösung von Konflikten und das Stiften von Frieden in der Region Palästina/Israel einsetzt. Ebenso vorbildlich ist das „Day Care Center for Arab and Jewish Children at Risk in Jaffa”, das das alltägliche Zusammentreffen von arabischen und jüdischen Risikokindern erleichtert, fördert und unterstützt. „Mit der Verleihung des Peter Becker-Preises für Friedens- und Konfliktforschung 2010 würdigt die Philipps-Universität die innovative Arbeit des Projekts für die Verbesserung der Lebensqualität dieser Kinder“, betonte Unipräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause bei der Preisverleihung an Lara Sirrin, die das Projekt vertrat.
Die Philipps-Universität Marburg verleiht seit 2004 alle zwei Jahre den von Dr. Peter Becker gestifteten „Peter Becker-Preis für Friedens- und Konfliktforschung" für Arbeiten oder Projekte, die wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung, den Verlauf und die Bearbeitung von Konflikten vorantreiben und eine praktische Umsetzung im Sinne der Konfliktregelung ermöglichen bzw. durchführen. Der Preis kann auch für Arbeiten oder Projekte vergeben werden, die sich mit Konflikten im außereuropäischen Ausland befassen und die umgesetzt worden sind oder zumindest umgesetzt werden können.
Der zum vierten Mal verliehene Preis ist insgesamt mit 10.000 Euro honoriert und damit eine der höchstdotierten sozialwissenschaftlichen Auszeichnungen in Deutschland. Der Marburger Rechtsanwalt hat den nach ihm benannten Preis 2004 gestiftet.
Zehn Jahre Zentrum für Konfliktforschung
Wie wichtig die Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Marburg mittlerweile ist, zeigt die aktuelle Nachfrage: Das – im deutschsprachigen Raum - einzigartige Nebenfach-Studienangebot, das derzeit von weit über 1.000 Studierenden genutzt wird, und der Masterstudiengang, der mittlerweile seinen siebten Durchgang erlebt, haben die Friedens- und Konfliktforschung an der Philipps-Universität zu einer festen Größe gemacht. Um die 30 Studienplätze bewarben sich letztes Jahr zehn Mal so viele Studierende - obwohl es mittlerweile sechs deutsche Master-Angebote für Friedens- und Konfliktforschung gibt. Der dieses Jahr erstmals eingeführte gemeinsame Master-Studiengang mit der Universität Kent schließlich erweitert das Angebot um eine zusätzliche internationale Dimension.
Umso spannender war der Blick zurück auf die schwierige Gründung des ZfK. Der Psychologe Prof. em. Dr. Gert Sommer rekapitulierte in seiner Festrede die Friedensbewegung der 1980er Jahre und die Entstehung der Interdisziplinären Arbeitsgruppe für Friedens- und Abrüstungsforschung (IAFA), aus der 2001 das Zentrum für Konfliktforschung entstanden ist. Ihr erster Gründungsdirektor, der Soziologe Prof. em. Dr. Ralf Zoll, erinnerte anschließend an die äußerst mühsame Etablierung der Friedens- und Konfliktforschung als Studiengang: vor 15 Jahren zunächst als Magister-Nebenfach, vor sieben Jahren dann als erster akkreditierter Master-Studiengang der Universität Marburg. Die Gründung des ZfK habe den qualitativen Sprung beschleunigt, sodass mittlerweile sechzehn verschiedene Fächer interdisziplinär in der Konfliktforschung forschen und lehren, so Zoll.
„Die Philipps-Universität schätzt sich glücklich, eine Institution zu haben, die mit einem breiten Angebot an Methodiken und Didaktiken in Lehre und Forschung Wege aufzeigt, gewalttätige Konflikte ohne den Einsatz von Militär zu regeln“, lobte die Unipräsidentin.