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24.01.2012

Eisige Vergänglichkeit

Marburger Studierendenteam gewinnt internationalen Schneeskulpturenwettbewerb

Mit der Skulptur „Baby mit Mischpult“ setzte sich das Marburger Team unter 52 erfahrenen Mitbewerbern beim Internationalen Schneeskulpturenwettbewerb im chinesischen Harbin zum Jahresbeginn als Sieger durch. Karl Pont, William Smale, Isabel Starkbaum und Jan Hendrik Wielert, die an der Philipps-Universität Zahnmedizin studieren, hatten im Vorfeld ihren Entwurf zum Wettbewerbsmotto „Rhythmus der Jugend“ eingereicht. Das Kunstwerk wurde dann vor Ort in dreitägiger Arbeit aus einem Schneequader von 3 mal 3 mal 3,5 Metern Seitenlänge herausgekratzt.

Die Marburger Studierenden legen letzte Hand an ihre Skulptur „Baby mit Mischpult“ (Foto: Marburger Wettbewerbsteam)

„Als Zahnmedizinstudenten arbeiten wir in einem Mikrometerbereich. Wir erschaffen Kunstwerke aus verschiedenen Materialien für unsere Patienten. Wir wollten wissen, ob sich diese Präzisionsarbeit auch im Großen realisieren lässt“, erklärt Karl Pont. Zwar habe das Team vorerst gar nicht ans Gewinnen gedacht, sei aber zuversichtlich gewesen: „Meine drei Freunde sind künstlerisch sehr begabte Menschen mit sehr guten handwerklichen Fähigkeiten“, führt Pont aus. Eine Erschwernis sei gewesen, dass sie aus Zeit- und Schneemangel nicht viel geübt hätten, sondern nur Skizzen und Pläne für ihr Riesenbaby anfertigen konnten. Zudem hatte nur der 27-jährige Pont Erfahrung mit dem vergänglichen eisigen Material, da er bereits im litauischen Druskinikaj und im sibirischen Perm als Schneebildhauer angetreten war. „So was macht süchtig und man kommt davon nicht mehr weg“, bekennt er. Die Lerngruppe, mit der Pont seit dem ersten Semester Zahnmedizin büffelt, war spontan begeistert von der Idee, sich für einen der niveauvollsten internationalen Wettbewerbe anzumelden. Als einziges deutsches Team wurden die vier zugelassen.
Im Entwurfsstadium habe es einige Diskussionen zu Realisierbarkeit, Statik und Wirkungsgrad der geplanten Skulptur gegeben, bevor Detailskizzen und Arbeitspläne entstanden, erzählt Pont. Schließlich musste auch das für alle Mannschaften bindende Wettbewerbsmotto adäquat künstlerisch wiedergegeben werden. „Unser DJ-Baby am Mischpult sollte zeigen, dass junge Menschen heutzutage sehr technikaffin sind und immer schneller erwachsen werden“, erläutert das Marburger Team die Siegeridee. Dank der guten klimatischen Bedingungen in Harbin seien die begehbare Skulptur und die Wettbewerbsbeiträge der asiatischen, russischen und amerikanischen Konkurrenz dort noch bis voraussichtlich Ende März zu besichtigen.
Schnee, so schwärmen die Studierenden, sei trotz seiner Vergänglichkeit ein sehr schön zu verarbeitendes, anwenderfreundliches Material. Aber es erfordere planvolles Vorgehen: „Das große Problem ist, dass es sehr schwer ist, den Schnee wieder anzukleben. Man muss immer aufpassen, nicht zu viel wegzunehmen, denn mit Wasser Angeklebtes vereist und schmälert den ästhetischen Gesamteindruck“, erläutert Pont das Vorgehen von der Grob- zur Feinstruktur. Standardwerkzeuge seien dabei Spatel, Meißel, Reiben und Messer sowie Sägen. Zur Politur eigne sich grobes Sandpapier am besten. Bei den Wettbewerben seien alle Hilfsmittel, außer elektrische erlaubt, daher bastelten manche Teams ihre Arbeitsgeräte auch selbst. „Viel Improvisieren ist angesagt“, fasst er die Strategie zusammen.

Bei Temperaturen zwischen minus 20 und minus 30 Grad sei auch Durchhaltevermögen gefragt gewesen. „Glücklicherweise haben die Organisatoren immer Ingwertee mit braunem Zucker verteilt, denn sobald man die Arbeit kurz unterbrochen hat, ist man regelrecht eingefroren, so dass Hände und Füße nicht mehr zu spüren waren“, beschreibt das Team die Arbeitsbedingungen. Auch der Jetlag habe ihnen sehr zu schaffen gemacht. Zielstrebig hätten sie sich jeden Tag Etappenziele gesetzt und von 8 bis 22 Uhr gearbeitet, am letzten Abend bis sogar bis zwei Uhr morgens. Organisatoren und andere Teams hätten über den Einsatz der Marburger nur so gestaunt, da die meisten Teams nur bis 17 oder 18 Uhr gearbeitet hätten. „Aber der Einsatz hat sich unbedingt gelohnt“, betonen die strahlenden Sieger.

Das Siegerteam des Internationalen Schneeskulpturenwettbewerb (v.l.n.r.): Isabel Starkbaum, Jan Hendrik Wielert, William Smale und Karl Pont (Foto: Marburger Wettbewerbsteam)

Neben der künstlerischen Erfahrung heben die vier auch die interkulturelle hervor. Die Unterbringung und Verpflegung auf dem Gelände der Universität Harbin habe Einblicke in den dortigen Studienalltag ermöglicht. Die als Übersetzer zur Seite gestellten freiwilligen Helfer hätten spannende Kontakte zu Journalisten und Zuschauern ermöglicht und viele detaillierte Informationen über chinesische Kultur und die Viermillionenstadt Harbin gegeben. „Die positive Resonanz der Menschen hat uns sehr berührt“, berichten die Studierenden, „und es hat uns Spaß gemacht, für unsere Universität und die Stadt Marburg an diesem Kulturaustausch durch Kunst mitzuwirken.“
Für die Reise zum nordostchinesischen Austragungsort, der für seine idealen Bedingungen für Schneeskulpturen bekannt ist, konnten die Stadt Marburg sowie die Firmen Pluradent, RAPPE Zahntechnik GmbH, MLP und Dental Labor Jacob GmbH gewonnen werden. Das nächste Ziel der erfolgreichen Mannschaft ist der Wettbewerb im kanadischen Québec zu Beginn nächsten Jahres. Der dritte große internationale Wettbewerb in Sapporo in Japan ist ebenfalls in Planung. „Das größte Problem, das es dafür zu überwinden gilt, ist nicht die zündende Idee zu finden, denn wir sind wirklich alle kreativ, sondern die Sponsorensuche“, bekennen die jungen Künstler.

Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Karl Pont
E-Mail: frama.art@googlemail.com