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06.07.2012

Von außergewöhnlichem universellem Wert

Die Universitätsstadt Marburg bewirbt sich unter dem Titel „Marburg – die Universität als kultureller Raum“ gemeinsam mit der Philipps-Universität Marburg um die Aufnahme der Stadt in die UNESCO-Welterbeliste. In einer sogenannten seriellen Bewerbung hat sich Tübingen der Marburger Bewerbung angeschlossen. Am Freitag, 6. Juli, wurde die Bewerbung offiziell an eine Vertreterin der hessischen Landesregierung übergeben.

Gutachter Prof. Willem Frijhoff (von links), Ulrich Narr (Referent des Tübinger Oberbürgermeisters), Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause, Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher, Oberbürgermeister Egon Vaupel und Prof. Dr. Gerd Weiß, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege bei der Übergabe der Bewerbungsunterlagen. Foto: Gabriele Neumann
Oberbürgermeister Egon Vaupel betont die gute Zusammenarbeit von Universität und Stadt: „Philipps-Universität und Universitätsstadt Marburg haben mit ihrer Bewerbung um Aufnahme in die Tentativliste der Welterbestätten der UNESCO ein ambitioniertes Vorhaben gestartet, das wir wie andere Kooperationsprojekte von Universität und Stadt engagiert und Ziel führend umsetzen“.

„Die wissenschaftliche Überzeugungskraft des Antrags ist der beste Beweis für seinen wichtigsten Inhalt, für die jahrhundertelange und aktuelle Symbiose von Universität und Stadt“, betont Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause.

Grundlage der Bewerbung ist ein von dem Universitätshistoriker Prof. em. Dr. Dr. h.c. Willem Frijhoff erarbeitetes Gutachten. Prof. Frijhoff belegt darin, dass sich Marburg aufgrund seiner „einzigartigen engen Verbindung zwischen Universität einerseits und umgebender Stadt andererseits“ von anderen vergleichbaren europäischen Universitätsstädten unterscheide. Marburg habe sich in den fast 500 Jahren seit der weltweit ältesten noch bestehenden protestantischen Universitätsgründung faktisch zum Prototyp der europäischen Universitäts­stadt entwickelt. Durch die gegenseitige Durchdringung von Stadt und Universität sei somit ein einzigartiger Kulturraum entstanden.

Die Bewerbung Marburgs stützt sich in ihrer Argumentation auf drei wesentliche Schlüsselbegriffe:

  • Marburg als von der Universität geprägter Kulturraum , wie er in Gebäuden, universitären Sammlungen und dem akademischen Leben zum Ausdruck kommt;
  • die unterschiedlichen Funktionen , die Wissenschaft, Forschung, Lehre und Gesundheitsfürsorge über die Jahrhunderte für die Stadt und ihre Umgebung wahrgenommen haben;
  • und schließlich das Selbstverständnis Marburgs als Universitätsstadt und die entsprechende Wahrnehmung von außen.

Die UNESCO hat als Grundlage für eine Bewerbung um Aufnahme in die Welterbeliste zehn Kriterien definiert, von denen für die Zulassung mindestens eines erfüllt sein muss. Prof. Frijhoff führt aus, dass Marburg mindestens drei dieser Kriterien erfüllt.

Nach dem zweiten Kriterium soll der Ort „für einen Zeitraum oder in einem Kulturgebiet der Erde einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf Entwicklung der Architektur oder Technik, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung aufzeigen“. Das dritte Kriterium verlangt, der Kandidat solle „ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur darstellen“. Das sechste Kriterium verlangt nach Verbindungen mit z. B. besonderen Ereignissen oder lebendigen Traditionen, mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen. Dies gilt für Marburg im Besonderen für das wertvolle künstlerische Erbe, das in den Archiven, Bibliotheken und Sammlungen der Philipps-Universität bewahrt wird.

Für die Landesregierung nahm Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher vom Hessischen Finanzministerium den Antrag entgegen.


Hintergrund: Das Bewerbungsverfahren

Bis zum 1. August 2012 kann jedes Bundesland bis zu zwei Vorschläge für eine sogenannte Tentativliste (Vorschlagsliste) an die Kultusministerkonferenz einreichen. Zusätzlich können weitere Vorschläge präsentiert werden, wenn sie bislang unterrepräsentierte Kategorien repräsentieren wie z. B. den Bereich „geistiges Erbe“ oder wenn es sich um eine sogenannte „serielle“ Bewerbung mehrerer Stätten handelt. Die Universitätsstädte Marburg und Tübingen wollen eine solche gemeinsame „serielle“ Bewerbung einreichen.

Im Jahr 2013 werden die eingereichten Vorschläge aller Bundesländer von einer erstmalig eingesetzten Expertengruppe auf die Einhaltung der Grundbedingungen der UNESCO sowie auf die praktischen Erfolgsaussichten hin geprüft. Das Auswärtige Amt schließlich erstellt eine Liste der aussichtsreichen Bewerbungen und leitet diese an die UNESCO weiter.

Kurzbiographie Prof. em. Dr. Dr. h.c. Willem Frijhoff:

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Willem Th. M. Frijhoff studierte Philosophie, Theologie sowie Geschichte und Sozialwissenschaften in Utrecht und Paris. Prof. Frijhoff lehrte unter anderem an den Universitäten Rotterdam und der Freien Universität Amsterdam. Zahlreiche Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte sowie Auszeichnungen. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Universitäts- und Religionsgeschichte.

Mehr Informationen finden Sie unter:

www.uni-marburg.de/profil/Geschichte/unesco

www.marburg.de/de/118411

www.unesco.de/welterbe.html

www.unesco.de/3498.html

www.unesco-welterbe.de

whc.unesco.org/en/35