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22.11.2013

Forschen für den Frieden

Peter Becker-Preis für Friedens- und Konfliktforschung wurde zum fünften Mal verliehen

Universitäts-Kanzler Dr. Friedhelm Nonne (von links) mit den Preisträgern Dr. Rama Mani, Nina Winkler, Prof. Dr. Andreas Buro, Martin Singe und der Geschäftsführenden Direktorin des Zentrums für Konfliktforschung, Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel. (Foto: Pressestelle der Philipps-Universität/Gabriele Neumann)

Bei einem Festakt in der Aula der Alten Universität erhielten Dr. Rama Mani aus Genf und das Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. aus Köln am Freitag, dem 22. November, den Peter Becker-Preis für Friedens- und Konfliktforschung. Der mit insgesamt 10.000 Euro dotierte Preis wird alle zwei Jahre vergeben und ist die am höchsten dotierte Auszeichnung für Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland. Der mit 1.000 Euro dotierte Nachwuchspreis ging an die Psychologin Nina Winkler. Der Preis wird vom Marburger Rechtsanwalt Dr. Peter Becker gestiftet.

„Mit der fünften Verleihung hat der Peter Becker-Preis an der Philipps-Universität nun schon fast Tradition, eine Tradition, die durch einen Stifter möglich geworden ist“, sagte Dr. Friedhelm Nonne beim Festakt. Die Bedeutung der Friedens- und Konfliktforschung für die Philipps-Universität spiegele sich auch in der Verankerung des Forschungszweiges in einem wissenschaftlichen Zentrum, betonte der Universitäts-Kanzler. „Der Erfolg des Zentrums für Konfliktforschung zeigt sich ganz aktuell an der Einwerbung des neuen Sonderforschungsbereichs ,Dynamiken der Sicherheit‘, an den Universitäten Marburg und Gießen, an dem das Zentrum für Konfliktforschung und das Forschungs- und Dokumentationszentrum für Kriegsverbrecherprozesse beteiligt sind“, sagte der Kanzler. Die Geschäftsführende Direktorin des Zentrums für Konfliktforschung (ZfK), Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel, wies darauf hin, „dass Friedens- und Konfliktforschung sich immer in einem enormen Spannungsfeld bewegt und neben dem wissenschaftlichen auch ein hohes Maß an persönlichem Engagement verlangt.“

„Die 5.000 Euro Preisgeld stehen für 5.000 Schultern, auf die sich jene stützen können, die für Frieden und Gerechtigkeit arbeiten. Es sind 5.000 Zeugnisse des Mitgefühls für die Opfer, die oft erleben, dass ihr Leiden nicht gesehen oder gehört wird. Es sind 5.000 Funken der Ermutigung für jene, die einen Weg aus der Verzweiflung suchen. Und es sind 5.000 Saatkörner des Mutes für die Gärtner des Friedens und der Gerechtigkeit. Jedes einzelne Saatkorn, das sie säen, wird zu einem Baum heranwachsen, und daraus werden ganze Wälder werden“, sagte Preisträgerin Dr. Rama Mani (Agents of Transformation, Genf) in ihrer Dankesrede.

Preisträgerin Dr. Rama Mani (Agents of Transformation, Genf) ist eine international renommierte Expertin auf den Gebieten Friedens- und Konfliktforschung, Internationales Recht und Internationale Beziehungen. Die Wissenschaftlerin setzt sich bereits seit Beginn ihres akademischen Werdegangs für die Verbindung und gegenseitige Bereicherung von praktischer Friedensarbeit und Friedensforschung ein.

„Dr. Rama Mani forscht auf der einen Seite zu brennenden Fragen des Friedens , der Friedensstiftung und ihrer Voraussetzungen. Auf der anderen Seite ist sie Mitglied in Gremien, die politische Wege zu gerechtem und nachhaltigem Frieden aufzeigen und in diesem Sinne beraten und Lobbyarbeit leisten . Rama Mani beschreibt sich selbst zu Recht als ,Gelehrte - Praktikerin‘ der Friedenskonsolidierung “, hob Prof. Dr. Claudia von Braunmühl (Freie Universität Berlin) in ihrer Laudatio hervor.

Der zweite Preisträger, das Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., engagiert sich bereits seit 1980 für die Einhaltung und Umsetzung von demokratischen Grund- und Freiheitsrechten in Deutschland sowie weltweit. „Das Komitee arbeitet mit der Kraft der Argumente gegen Krieg, Ungerechtigkeit und Unterdrückung“, sagte Reiner Braun vom International Peace Bureau in Berlin in seiner Laudatio. Projekte wie Ferienbegegnungen mit Jugendlichen aus Kriegs- und Spannungsgebieten, die unter dem Titel „Ferien vom Krieg“ stattfanden, oder auch die Entsendung von Beobachtern zu Schauplätzen möglicher Menschenrechtsverletzungen zeugen vom Engagement des Komitees. Stellvertretend für das Komitee nahmen Prof. Dr. Andreas Buro und Martin Singe den Preis entgegen. „Die Verbindung von Friedens- und Konfliktforschung mit einer vielfältigen Praxis von streitbarer und konstruktiver Friedensarbeit ist das Anliegen des Komitees“, sagt Buro. „Ich halte es für eine der wichtigsten Aufgaben der Friedensbewegung, die Legitimationsideologien für Militär, Rüstung und Krieg im gesellschaftlichen Bewusstsein in ihrer Verlogenheit zu enthüllen“, fügte der Preisträger hinzu.

„Krieg ist, wenn Kinder gezwungen werden, ihre eigenen Eltern mit Macheten zu ermorden und ihre Dörfer zu verbrennen“, sagt Nachwuchspreisträgerin Nina Winkler. Die Psychologin arbeitete in Uganda mit Kriegsüberlebenden und ehemaligen Kindersoldaten in der Traumatherapie. „Trauma hängt mit Versöhnungsprozessen und Konflikttransformation in Nachkriegsgesellschaften eng zusammen. Trauma-fokussierte Psychotherapie ist per se individuelle Friedensarbeit, muss aber in Friedensarbeit auf gesellschaftlicher Ebene eingebettet werden“, erklärt die Preisträgerin. Nina Winkler ist Vorstandsmitglied der Hilfsorganisation vivo (victim’s voice) und Doktorandin in klinischer Psychologie an der Universität Konstanz. Sie arbeitet zur Zeit für die Vereinten Nationen im Südsudan (UNESCO) an Trainingsprogrammen, die ehemaligen Bürgerkriegskämpfern Fertigkeiten zur friedlichen Konfliktlösung und zu zivilbürgerlichem Handeln vermitteln und damit die Konfliktspirale auf gesellschaftlicher Ebene unterbrechen sollen.

Der von dem Marburger Rechtsanwalt Dr. Peter Becker gestiftete gleichnamige Preis wird alle zwei Jahre für Arbeiten oder Projekte vergeben, die wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung, den Verlauf und die Bearbeitung von Konflikten vorantreiben und zu einer Konfliktregelung beitragen. Daneben kann der Preis für Arbeiten oder Projekte vergeben werden, die sich mit Konflikten im außereuropäischen Ausland befassen.

Weitere Informationen unter:
www.uni-marburg.de/konfliktforschung/aktuelles/index_html/peterbeckerpreis


Kontakt

PD Dr. Johannes M. Becker
Zentrum für Konfliktforschung
Tel.: 06421 28-24503
E-Mail