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12.12.2013

Nanomaterial aus dem Meer

Neue Forschergruppe unter Marburger Beteiligung klärt Zellwandstrukturen von Kieselalgen auf

Der Chemiker Professor Dr. Armin Geyer von der Philipps-Universität ist an einer neuen Forschergruppe beteiligt, die sich mit der Silica-Struktur von Kieselalgen befasst. Die Federführung liegt bei der Technischen Universität Dresden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Konsortium unter dem Titel "Nanopatterned Organic Matrices in Biological Silica Mineralization" mit insgesamt etwa 1,7 Millionen Euro für eine Förderperiode von zunächst drei Jahren.

Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit Kieselalgen (in der Fachsprache Diatomeen genannt). Diese einzelligen, eukaryotischen Mikroorganismen kommen in nahezu allen wässrigen Habitaten vor und gehören zu den wichtigsten biologischen Primärproduzenten in den Weltmeeren.

Das wohl beeindruckendste Merkmal der Diatomeen sind die ungewöhnlichen Strukturen ihrer Zellwände. Diese bestehen aus anorganischem Material, SiO2 (Silica), und weisen artspezifische Strukturelemente wie etwa Porenmuster auf, die bis in den Nanometerbereich hinein regelmäßig angeordnet sind. Die Biosynthese der Silica-Zellwände beruht auf genetisch gesteuerten Nano- und Mikrovorgängen, die bisher noch weitgehend unverstanden sind.

Das Ziel der Forschergruppe ist es, die Mechanismen aufzuklären, welche dieser Nano- und Mikrostrukturierung – der Silica-Morphogenese – zugrunde liegen. Dabei baut das Konsortium auf Vorarbeiten auf, in denen bereits einige an der Silica-Morphogenese beteiligte Biomoleküle identifiziert wurden. Es wird erwartet, dass noch zahlreiche weitere, bisher unentdeckte Biomoleküle bei diesem Prozess eine Rolle spielen, vor allem Proteine.

Auch Energetik, Dynamik und Kontrolle der Interaktionen zwischen Biomolekülen und Silica sowie der Biomoleküle untereinander sind noch nahezu unerforscht. Diese Erkenntnislücken sollen durch die Forschergruppe geschlossen werden. Daher wird zunächst versucht, eine möglichst vollständige Kenntnis der molekularen Bestandteile der Sillica-Morphogenesemaschinerie von Kieselalgen zu erhalten und vertiefte Einblicke in die Funktion der jeweiligen Bestandteile durch in vitro und in vivo Studien zu erzielen. Mittels computergestützter Modellrechnungen soll dann untersucht werden, wie diese Erkenntnisse in ein mechanistisches Verständnis der Silica-Morphogenese vom nanoskopischen bis zum mikroskopischen Größenbereich überführt werden können.

Die Ergebnisse der Forschergruppe könnten einen bedeutenden Fortschritt für das Verständnis der Grundprinzipien biologischer Mineralbildung (Biomineralisation) darstellen. Darüber hinaus könnten diese Erkenntnisse genutzt werden, um biomimetische und biotechnologische Synthesen von neuen funktionellen Materialien zu ermöglichen, die zudem wesentlich ressourcenschonender sein könnten als konventionelle Synthesemethoden.

Das Forschungsprojekt ist fachübergreifend angelegt und verbindet insbesondere Expertisen auf dem Gebiet der Biochemie, der Zellbiologie, bioorganischen und bioanorganischen Chemie, Bionano-Materialwissenschaften und Biophysik sowie Computational Modelling.

Professor Dr. Nils Kröger (Biomimetische Materialien, Zentrum für Innovationskompetenz B CUBE der TU Dresden) sowie Professor Dr. Eike Brunner (Bioanalytische Chemie, TU Dresden) sind Sprecher beziehungsweise Co-Sprecher des Konsortiums, das im Januar 2014 seine Arbeit aufnehmen wird. Neben Armin Geyer sind des Weiteren Professor Dr. Gianaurelio Cuniberti, Dr. Manfred Bobeth und Dr. Rafael Gutiérrez vom Max-Bergmann-Zentrum für Biomaterialien, Dr. Michael Schlierf (AG für Bionanotechnologische Analytik und Manipulation) vom Zentrum für Innovationskompetenz B CUBE der TU Dresden, Professor Dr. Karl-Heinz van Peé (Biochemie) von der TU Dresden, Dr. Andrej Shevchenko (AG Massenspektrometrische Analytik von Biomolekülen) vom Max-Planck- Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden sowie Professorin Dr. Claudia Steinem (Biomolekulare Chemie) von der Georg-August-Universität Göttingen in das Projekt involviert.
(Pressetext: Pressestelle der TU Dresden)

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Armin Geyer,
Fachgebiet Bioorganische Chemie
Tel.: 06421 28 -22030
E-Mail: armin.geyer@staff.uni-marburg.de