23.10.2014
Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum: Im Herbst 2015 sollen die ersten Patienten bestrahlt werden
Gemeinsame Pressemitteilung: Technische und klinische Inbetriebnahme des Standortes Marburg auf Grundlage der erfolgreichen Konzepte am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum HIT / Technologie und Behandlungsspektrum sollen weiterentwickelt werden / Heidelberger und Marburger Kollegen arbeiten Hand in Hand / Patienten profitieren von beiden Standorten
Am 22. September 2014 wurden die Verträge unterzeichnet, die den
Betrieb des Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrums durch das
Universitätsklinikum Heidelberg sicherstellen. Im Herbst 2015 sollen
die ersten Patienten in der Partikeltherapieanlage am Standort Marburg
behandelt werden. Über den Ablauf der technischen und klinischen
Inbetriebnahme haben die Betreiber und Partner des MIT -
Universitätsklinikum Heidelberg, Rhön Klinikum AG, Land Hessen,
Universitätsklinikum Marburg, Universitäten Marburg und Heidelberg
sowie Siemens AG - in einer Pressekonferenz am 23. Oktober 2014
informiert.
„Die jetzt gefundene Lösung ist ein wichtiges Signal - sowohl an alle
betroffenen Krebspatienten, als auch an den Forschungsstandort Hessen.
Marburg erhält künftig eine Behandlungsmethode auf höchstem
technisch-medizinischem Niveau. Unser Ziel ist es, möglichst vielen
schwerstkranken Patienten mit der neuen Behandlungsmethode zu helfen
sowie die Forschung in diesem Bereich ein gutes Stück voranzubringen.
Möglich macht dies die neu geschaffene einmalige Forschungskooperation
zwischen Marburg und Heidelberg, sie hat das Potential ein
Vorzeigeprojekt für eine länderübergreifende Zusammenarbeit zu werden“,
sagte Boris Rhein, Hessischer Minister für Wissenschaft und
Kunst.
„Wir freuen uns, dass die innovative Technologie, die unter Mitwirkung
der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt
entwickelt wurde, nun an zwei Standorten in Deutschland zur Anwendung
kommt“, sagte Prof. Dr. Guido Adler, Vorstandsvorsitzender und
Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg. An
beiden Standorten werden die Patientinnen und Patienten unter
Verantwortung des Universitätsklinikums Heidelberg behandelt. „Dies
ermöglicht es uns, die Technologie so weiterzuentwickeln, dass eine
höhere Zahl von Patienten behandelt sowie das Behandlungsspektrum
erweitert werden kann.“ Ausfälle in einer der beiden Anlagen, z.B. bei
notwendigen Wartungen, können ebenfalls ausgeglichen werden. Der
überwiegende Teil der am HIT behandelten Patienten ist in Studien
eingeschlossen. „Dieses erfolgreiche Konzept werden wir auch auf den
Standort Marburg unter Mitwirkung der Marburger Kolleginnen und
Kollegen ausweiten.“
„Die Kostenträger beschritten bei Inbetriebnahme der
Schwerionentherapieanlage gemeinsam mit dem Universitätsklinikum
Heidelberg einen innovativen Weg zum Wohle der Patientinnen und
Patienten“, sagte Irmtraut Gürkan, Kaufmännische Direktorin des
Universitätsklinikums Heidelberg. „Die Behandlungserfolge am Standort
Heidelberg zeigen, dass der innovative Weg der richtige ist. Alle
Partner verfolgen gemeinsam das gleiche Ziel: die Anlage in Marburg so
schnell wie möglich in den Patientenbetrieb zu überführen.“ Die
dahinter liegende Verwaltungskonstruktion sei komplex, aber
beherrschbar. „Durch intensive Verhandlungen vor Unterzeichnung wurde
die Aufgaben- und Rollenverteilung der beteiligten Partner so klar
gefasst, dass jeder sich nun konzentriert der zügigen Inbetriebnahme
widmen kann.“
„Aufbauend auf unseren positiven Erfahrungen der Patientenbehandlungen
seit 1997 bei der GSI konnten wir seit 2009 schon mehr als 2500
Patienten im HIT behandeln“, erklärte Prof. Dr. Dr. Jürgen Debus,
Geschäftsführer der MIT GmbH und Ärztlicher Direktor des HIT und der
Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie. „Dabei kommen sowohl
Protonen speziell für die Behandlung von Kindern und jungen Erwachsenen
zum Einsatz, da diese Strahlen besonders schonend sind. Bei Tumoren,
die aus Erfahrung gegenüber der herkömmlichen Radiotherapie besonders
strahlenunempfindlich sind, haben sich Kohlenstoffionenstrahlen sehr
bewährt.“ Diese neuen Therapien werden im Rahmen von klinischen Studien
weiterentwickelt. Die Kosten für diese Therapie werden von der
überwiegenden Mehrzahl der Krankenkassen übernommen.
„Im HIT nutzen wir die vorteilhaften physikalischen und
strahlenbiologischen Eigenschaften der Ionenstrahlen in der
Patientenbestrahlung seit 2009 und das gesamte HIT-Team steht bereit,
um den Einsatz dieser hochinnovativen Methode auch in Marburg zu
ermöglichen“, sagte Prof. Dr. Thomas Haberer,
Wissenschaftlich-technischer Direktor MIT GmbH und des HIT. Bereits in
diesen Tagen sind HIT-Experten im Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum
vor Ort und bereiten die Wiederinbetriebnahme der Anlage vor. Parallel
läuft die Suche nach Mitarbeitern zur Betreuung der komplexen
Beschleuniger- und Bestrahlungstechnologie auf Hochtouren. „Nach einer
intensiven Schulungs- und Inbetriebnahmephase planen wir noch in 2015
die ersten Patienten im MIT behandeln zu können.“
Prof. Dr. Rita Engenhart-Cabillic, Zentrum für Radiologie der
Philipps-Universität Marburg, Ärztliche Direktorin der Klinik für
Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Gießen und
Marburg GmbH, erklärte: „Die Marburger Arbeitsgruppe konnte bereits in
wissenschaftlichen Arbeiten innerhalb translationaler Projekte wichtige
Wirkmechanismen der Kohlenstoffionentherapie aufdecken und geht daher
gut gerüstet und mit großem Enthusiasmus zusammen mit den Heidelberger
Kolleginnen und Kollegen in die „klinische Phase“ der
Partikeltherapie.“ Ein Ziel sei, die Patientengruppen zu
identifizieren, die vom optimalen Einsatz der Strahlentherapie mit
Partikeln den größten Nutzen hat und die Wirkmechanismen aufzuklären.
„Wir werden unter anderem einen Schwerpunkt setzen bei der Behandlung
von Patienten mit nicht-kleinzelligen Lungentumoren, für die innerhalb
des Loewe-Zentrums Universities of Giessen and Marburg Lung Center
(UGMLC) bereits ein Forschungsschwerpunkt vorhanden ist, sowie mit
bestimmten Tumoren im Hirn und der Kopf-Hals Region.“
„Mit dieser bahnbrechenden Technologie Made in Germany unterstreichen
wir unseren weltweiten Anspruch auf Innovationsführerschaft in der
Medizintechnik“, sagte Prof. Dr. Hermann Requardt, Vorstand der Siemens
AG, CEO Siemens Healthcare. „Die Umsetzung medizinischer
Spitzenforschung über außergewöhnliche technologische Lösungen in die
klinische Nutzbarkeit ist eine gewaltige Herausforderung. Durch die
konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten ist das MIT nun in der
Lage, die Partikeltherapie zusätzlich zu der wissenschaftlichen
Weiterentwicklung auch als Therapiekonzept in den klinischen Betrieb zu
überführen und damit einer wachsenden Patientenzahl zugänglich zu
machen.“
„Es ist unverändert der Anspruch der RHÖN-KLINKUM AG, unseren Patienten
- wo immer möglich – mit hochkarätiger Spitzenmedizin zu helfen; diesen
Anspruch können wir mit der Inbetriebnahmen des Marburger
Partikeltherapiezentrums einmal mehr verwirklichen“, sagte Dr. Dr.
Martin Siebert, Vorstandsvorsitzender der RHÖN-KLINIKUM AG. „Die
Methode erlaubt eine wissenschaftlich gestützte, präzisere, von weniger
Nebenwirkungen begleitete Bestrahlung spezieller bösartiger Tumore. Sie
stärkt den onkologischen Schwerpunkt des Universitätsklinikums Marburg
und stellt einen medizinischen Meilenstein von internationaler
Bedeutung dar. Mit dem Universitätsklinikum Heidelberg haben wir
zugleich einen Partner gefunden, der mit seiner Expertise und Erfahrung
den Erfolg unserer Einrichtung nachhaltig unterstützen wird.“
(Text: Julia Bird, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät
Heidelberg)
Weitere Informationen:
http://www.mit-marburg.de
http://www.heidelberg-hit.de
Unterlagen zur Pressekonferenz vom 23. Oktober 2014 sowie
Bilderstrecke:
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/PK-MIT-Marburg.138074.0.html
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/index.php?id=138076