17.02.2014
Startschuss für Marburger Centrum Antike Welt (MCAW)
Eröffnung im Rahmen der Tagung "Antike Wirtschaft und ihre kulturelle Prägung (2000 v. Chr. – 500 n. Chr.)“ am 20. Februar 2014
Das Marburger Centrum Antike Welt (MCAW) an
der Philipps-Universität, dessen Anfänge bis 2009 zurückreichen, feiert
am 20. Februar 2014 (Aula der Alten Universität, 19 Uhr) seine
Gründung. Unter seinem Dach vereinen sich Vertreter und Vertreterinnen
zahlreicher altertumswissenschaftlicher Disziplinen, die gemeinsam der
Frage nachgehen, wie in der Antike der Austausch von Waren und Ideen
verlief. Zur offiziellen Eröffnung lädt das MCAW zu der von der
Althistorikerin Dr. Kerstin Droß-Krüpe organisierten Tagung "Antike
Wirtschaft und ihre kulturelle Prägung (2000 v. Chr. – 500 n. Chr.)“,
deren Höhepunkt eine öffentliche Feierstunde mit dem Vortrag „Zehn Maß
Armut kamen in die Welt herab, neun erhielt Babylon und eines die ganze
Welt? – Die Wirtschaftsgeschichte Babylons zwischen Talmud und Keynes“
von Professor Dr. Michael Jursa (Wien) bildet.
In seinem Festvortrag befasst sich Jursa mit der
Wirtschaftsentwicklung Babyloniens von den Assyrern bis zur islamischen
Eroberung. Er zieht dazu die archäologisch erschließbaren Grundzüge der
Agrargeschichte Südmesopotamiens im Wechselspiel mit der wesentlich
detaillierteren, aber gleichzeitig kleinteiligeren Dokumentation heran,
die etwa babylonischen Quellen des sechsten oder des dritten Jh. v.
Chr. oder auch aus dem Talmud entnommen werden kann. Dabei beschreibt
er modellhaft das Zusammenspiel unterschiedlicher sozialer, politischer
und wirtschaftlicher Institutionen und Strukturen über längere
Zeiträume. Die Begrifflichkeiten und das analytische Instrumentarium,
die sich bei der Beschreibung und Modellierung dieser vormodernen,
außereuropäischen Wirtschaft bewähren, erweisen sich zum Teil als
durchaus 'modern'.
Zur Tagung:
Wirtschaftsbeziehungen sind letztlich Tauschbeziehungen. Sie
beruhen in der Moderne wie in der Antike auf Regeln, die durch Werte
oder Normen Verbindlichkeit gewinnen. Diese Systeme von Regeln, Werten
und Normen sind dabei in verschiedenen Kulturkreisen unterschiedlich.
Die kulturellen Bedingungen wirtschaftlichen Handelns werden in den
letzten Jahren mehr und mehr auch in den Altertumswissenschaften
thematisiert. Die wirtschaftlichen Akteure unterlagen spezifischen
Wertvorstellungen und Normensystemen, und kulturelle Unterschiede
konnten zu ökonomisch erfolgsrelevanten Faktoren werden, wenn
wirtschaftliches Agieren in multi-kulturellen Kontexten stattfand. Die
von der Althistorikerin Frau Dr. Kerstin Droß-Krüpe organisierte
internationale Tagung "Antike Wirtschaft und ihre kulturelle Prägung
(2000 v. Chr. – 500 n. Chr.)“ untersucht den Zusammenhang von
Wirtschaft und Kultur in der Antike. Im Zentrum stehen die
kulturspezifischen Werte- und Regelsysteme, die in den antiken Quellen
im Kontext ökonomischer Aktivitäten fassbar werden. Es interessiert die
kulturelle Einbettung wirtschaftlichen Handelns. Einen theoretischen
Rahmen, der sich in der aktuellen Forschungssituation anbietet, bilden
die Modelle der Neuen Institutionenökonomik (NIÖ), die eingangs der
Tagung ausführlich vorgestellt werden, und deren Anwendbarkeit auf die
Problematik.
Führende Vertreter und Vertreterinnen verschiedener
altertumswissenschaftlicher Disziplinen (Hethitologie,
Altorientalistik, Vor- und Frühgeschichte, Alte Geschichte, Gräzistik
und Latinistik, Klassische Archäologie, Provinzialrömische Archäologie,
Christliche Archäologie, Islamische Archäologie) und der
Wirtschaftswissenschaften befassen sich nach einer Einführungssektion
„Normen – Institutionen – Ökonomik“ in den Sektionen „Normen“
sowie Wirtschaft und Kulturkontakt“ mit verschiedenen Aspekten des
Themas.
Die Tagung ist öffentlich und kann kostenlos besucht werden.
Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.
Das interdisziplinäre Marburger Centrum Antike Welt entwickelt gemeinsame Projekte und Fragestellungen zu Themen der antiken Welt. Im Fokus steht dabei, wie der Austausch von Waren und Ideen in der Antike verlief. Insbesondere interessiert, auf welche Weise die Verbreitung von Ideen sowie kulturellen Gütern und Handel sich gegenseitig bedingten. Im Blickfeld stehen die Wechselwirkungen von ökonomisch-gewinnorientiertem Austausch materieller Güter einerseits und kultur- und geistesgeschichtlich wirkmächtigen Neuerungen andererseits, also das Verhältnis von Ökonomie und Kultur. Niederschlag finden die Forschungen des MCAW auch in der universitären Lehre, in Ausstellungen, Vorträgen für das breite Publikum und im Kontakt mit Schulen.
Das Marburger Centrum Antike Welt ist ein Zusammenschluss der altertumswissenschaftlichen Disziplinen Ägyptologie, Alte Geschichte, Altes Testament, Altorientalistik, Bürgerliches Recht und Römisches Recht, Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, Geschichte der Alten Kirchen und des Christlichen Orients, Gräzistik, Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft, Klassische Archäologie, Latinistik, Neues Testament, Semitistik, Vor- und Frühgeschichte und hat Vertreter/innen aus Wirtschaftswissenschaften und Medizin kooptiert.
Kontakt
Prof. Dr. Sabine Föllinger
Direktorin des Marburger Centrums Antike Welt
Tel.:
06421 / 28-2 45 17
E-Mail