01.04.2015
Neuer Filmspot wirbt für Zivilcourage
Stadt, Landkreis, Polizei und Universität kooperieren in Marburg bei der Kampagne Gewalt-Sehen-Helfen des hessischen Netzwerks gegen Gewalt
Ein junger Mann wird bedroht, Passanten eilen vorüber – bloß nichts sehen, bloß aus der Sache heraushalten. Wie geht es besser? Damit beschäftigt sich der neue Filmspot der hessenweiten Kampagne „Gewalt-Sehen-Helfen“, der im Marburger Kino Cineplex Premiere feierte. Der visuelle Aufruf zur Zivilcourage wird in den kommenden Wochen im Internet und in den hessischen Kinos zu sehen sein. Finanziert wurde das Filmprojekt aus Mitteln des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport.
Seit Mai 2013 kooperieren Philipps-Universität und Universitätsstadt Marburg in dem Projekt „Einsicht – Marburg gegen Gewalt“. „Einsicht“ orientiert sich an der Wirkungsforschung und den Leitlinien zur lokalen Gewaltprävention und wird von einem breiten Netzwerk getragen. Ziel ist es, die vielen einzelnen Präventionsmaßnahmen in der Stadt zusammenzuführen. Unter diesem Dach entstanden auch die Initiative und die Umsetzung des Filmspots. Die Trainings des „Gewalt-Sehen-Helfen“-Programms werden in Marburg bereits seit 2008 von der Universitätsstadt und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf angeboten und von der Polizeidirektion unterstützt.
Gewalt-Sehen-Helfen sensibilisiert Menschen dafür, Gewaltsituationen frühzeitig zu erkennen und gibt konkrete Hinweise zu richtigem Helferverhalten. Die zentrale Botschaft der Kampagne ist, dass jeder Mensch, unabhängig von Alter, Geschlecht oder körperlicher Konstitution in einer Gewaltsituation sinnvoll Hilfe leisten kann, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Dies ist auch der Inhalt und das Anliegen des Marburger Kampagnenfilms: „Er trägt dazu bei, diese Botschaft stärker in das Bewusstsein der Menschen zu rücken und fördert das Hinsehen und Helfen“, so der Marburger Sozialpsychologe Prof. Dr. Ulrich Wagner, Urheber des Projekts Einsicht und Moderator der Premierenveranstaltung.
Der dreiminütige Film setzt die Alltäglichkeit und Willkür der Gewalt in Szene: Ein junger Mann, vielleicht ein Marburger Student (dargestellt von Alexander Peiler vom Landestheater Marburg), gerät in einer Seitengasse an zwei übellaunige Männer, die ihn unvermittelt in die Zange nehmen. Vorbeilaufende sehen, hören, sagen nichts, bis eine Passantin (dargestellt von der Fernsehschauspielerin Marita Marshall) zur Hilfe kommt. Gezeigt wird eine Gewaltsituation, für die drei unterschiedliche Handlungsszenarien angeboten werden – mit durchaus unterschiedlichen Konsequenzen für Helferin und Opfer. Mit diesem Stilmittel bietet der Film mehrere Identifikationsmöglichkeiten und regt zur Selbstreflexion an.
„Im Kinospot zur Kampagne Gewalt-Sehen-Helfen können wir uns alle wiedererkennen“, sagte Oberbürgermeister Egon Vaupel bei der Premiere des Filmspots und betonte: „Er führt uns vor Augen, dass es keine Alleingänge und Heldentaten braucht. Schließen wir uns mit anderen zusammen, können wir gemeinsam viel mehr erreichen.“ Landrätin Kirsten Fründt unterstrich: „Wichtig ist, dass wir uns in einer Not- oder Gefahrensituation nicht wegschauen, sondern aktiv werden und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.“ Kathrin Rahn, die im hessischen Innenministerium für Präventionsfragen zuständig ist, stellte die Bedeutung des Hinschauens und der Kooperation nicht nur auf zwischenmenschlicher, sondern auch auf institutioneller Ebene heraus. Die Situation in Marburg sei in dieser Hinsicht innovativ und vorbildlich.
Eine weitere Perspektive auf die Thematik bot Regisseur Dr. Thomas Rösser (Streiflicht Produktion). In einem persönlichen Resümee zeichnete er die Entwicklung des Films von der ersten Diskussion über die Inhalte, den Drehtag im Oktober 2014 bis zur finalen Auswahl der einzelnen Szenen nach: „Wir wollten nicht den 20. Lehrfilm produzieren, der die Leute langweilt. Der Spot nähert sich mit Esprit und Witz dem ernsten Thema, das war mir sehr wichtig. Beim Helfen kommt es auf den richtigen Weg an, und den versuchen wir mit dem Spot aufzuzeigen.“
Dass künstlerischer Anspruch und Gewaltprävention nicht nur optische, sondern auch musikalische Verbindungen eingehen können, verdeutlichten am Premierenabend auch Shantal Yancey und Shalau Baban von „Woodvalleymovement“. Die HipHop-Gruppe entstand aus der Jugendarbeit des St. Martin-Hauses im Marburger Waldtal und spricht Jugendliche sogenannter Risikogruppen an. In ihren Texten singen die jungen Musiker über Frustration, Integrationsschwierigkeiten oder Straffälligkeit.
Opferzentriertes, Gemeinwesen orientiertes und gewaltfreies Eingreifen sind die Themen des Films und die Grundsätze der Kampagne „Gewalt-Sehen-Helfen“. Im Vordergrund steht, dass jeder Einzelne einen Beitrag zur Bewältigung einer Gefahrensituation leisten kann. Selbst wer im Zweifelsfalle „nur“ den Polizeinotruf betätigt – das eigene Verhalten zählt und kann für das Schicksal eines anderen Menschen entscheidend sein.
Wer herausfinden möchte, ob das tatsächlich funktioniert, kann sich gerne für ein Training anmelden. Auf der Website der Stadt finden Sie das Seminarprogramm der Kampagne
Weitere Informationen:
Projekt „Einsicht“:
www.einsicht-marburg.de
Kampagne Gewalt-Sehen-Helfen:
https://innen.hessen.de/gewalt-sehen-helfen
Der Filmspot der Kampagne im Internet wird nach Fertigstellung der
Netzversion über die „Einsicht“-Facebookseite veröffentlicht:
www.facebook.com/einsicht.marburg
Making-of-Video:
www.youtube.com/watch?v=AjT-oG-h0ik
Kontakt
Prof. Dr. Ulrich Wagner, Johannes Maaser M.A., AG Sozialpsychologie der Philipps-Universität Marburg
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