11.09.2015
Impfstoffkandidat gegen MERS-Coronavirus wirkt
Erfolg für Gießener und Marburger Virologie: Test im Mausmodell verlief erfolgreich
Gemeinsame Pressemitteilung der Philipps-Universität Marburg und der Justus-Liebig-Universität Gießen
Das MERS-Coronavirus kann beim Menschen schwere Infektionen teilweise mit tödlichem Verlauf auslösen. Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts haben in Kooperation mit den Universitäten Gießen und Marburg sowie weiteren Forschungsgruppen innerhalb des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) einen Impfstoff auf Basis eines Masern-Impfvirus entwickelt, der hoch immunogen und protektiv ist. Über die Forschungsergebnisse berichtet das Team um Dr. Michael Mühlebach vom Paul-Ehrlich-Institut, Professor Dr. Stephan Becker von der Philipps-Universität Marburg und Professorin Dr. Susanne Herold von der Justus-Liebig-Universität Gießen in der aktuellen Online-Ausgabe des Journal of Virology.
Im Rahmen der Entwicklung von „Impfstoffplattformen“ gegen neuartige Erreger wie dem MERS-Coronavirus (MERS-CoV) werden ausgewählte genetische Sequenzen von Erregern in einen Impfvektor eingebaut, für den bereits umfangreiche klinische Erfahrungen vorliegen. Nach der Impfung wird eine Immunreaktion sowohl gegen den Impfvektor, als auch gegen den in der genetischen Sequenz kodierten Erregerbestandteil erzeugt. Der so hergestellte Vektorimpfstoff kann charakterisiert werden und als Modell oder Plattform für weitere Vektorimpfstoffe dienen. Denn da die Erregersequenz im Impfvektor leicht ausgetauscht werden kann, können auf Basis dieses ersten Vektorimpfstoffs weitere Impfstoffe gegen andere Erreger hergestellt werden. So soll die Impfstoffentwicklung zur Bekämpfung neuartiger Erreger im Fall plötzlich auftretender Ausbrüche wie der derzeitigen Ebola-Epidemie beschleunigt werden.
An einer solchen Impfstoffplattform arbeiten Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) um Dr. Michael Mühlebach, Leiter des Fachgebiets „Produktprüfung immunologischer Tierarzneimittel“ der Abteilung Veterinärmedizin und der Forschungsgruppe „Onkolytische Masernviren und Impfvektoren“ des Präsidenten. Als Impfvektor oder Trägerimpfstoff verwenden die Wissenschaftler abgeschwächte Masern-Impfviren, in die gezielt diejenigen Erregergene eingebaut werden, gegen die eine Immunreaktion erzeugt werden soll. Das Projekt gehört zum Forschungsschwerpunkt „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). . Nach der Identifikation des MERS-CoV als Ursache des im Jahr 2012 erstmals beim Menschen beschriebenen Syndroms vorwiegend respiratorischer Krankheiten wurde im PEI und DZIF die Entwicklung eines Impfstoffs gegen MERS auf Basis von Masernimpfviren begonnen. Dazu wurde das Gen des MERS-CoV-Hüllproteins in das Genom des Masern-Impfvirus eingebaut. Das so veränderte Masern-Impfvirus wurde charakterisiert, seine Identität und Stabilität wurden nachgewiesen. Mit ihrem neuen Impfstoff erzeugten die Forscher in Mäusen eine starke Immunantwort (Antikörperbildung und T-Zellantwort), welche die geimpften Tiere vor der nachfolgenden Infektion mit dem MERS-CoV schützte.
„Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die von uns entwickelten rekombinanten Masernviren als Impfstoffplattform für die Entwicklung von Impfstoffen gegen neu auftretende Krankheitserreger geeignet sind“, erläutert Mühlebach. Der entwickelte Vektorimpfstoff ist ein vielversprechender Kandidat für eine klinische Prüfung auf dem Weg zu einem MERS-Impfstoff.
Forscher des DZIF waren im Vorfeld bereits an der Identifikation des MERS-Coronavirus und an der Testentwicklung beteiligt. „Diese erfolgreiche Forschungsarbeit zeigt die Bedeutung solcher Forschungsverbünde, in die sich ergänzende Expertisen einfließen. Wir versprechen uns davon, dass beim Auftreten neuer Infektionskrankheiten Methoden für eine schnelle Diagnose der Infektionskrankheit ad hoc bereitgestellt und schnell wirksame Impfstoffe zur Bekämpfung entwickelt werden können“, betont Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.
Hintergrund zum MERS-Coronavirus
Im Jahr 2012 wurden erstmals Infektionen mit dem MERS-Coronavirus
(Middle East Respiratory Syndrom coronavirus) diagnostiziert.
Inzwischen wurden mehr als 1000 Infektionen bestätigt, die ihren
Ursprung auf der arabischen Halbinsel und dort vor allem in
Saudi-Arabien nahmen. Zuletzt war Südkorea von einem inzwischen
eingedämmten Ausbruch betroffen. Die meisten Infektionen erfolgten
vermutlich über Kamele, aber auch Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind
möglich. Das Virus verursacht beim Menschen schwere Infektionen mit
grippeähnlichen Symptomen sowie häufig Lungenentzündung und
Atemnotsyndrom. Weitere Symptome sind Durchfall sowie bei schweren
Verläufen akute Niereninsuffizienz. Die Erkrankung verläuft in etwa 30
Prozent der Fälle tödlich. Einen zugelassenen Impfstoff gibt es bisher
nicht, die Behandlung erfolgt rein symptomatisch.
(Pressetext: Corinna Volz-Zang, PEI)
Originalpublikation:
Malczyk AH, Kupke A, Prüfer S, Scheuplein VA, Hutzler S, Kreuz D, Beissert T, Bauer S, Hubich-Rau S, Tondera C, Eldin HS, Schmidt J, Vergara-Alert J, Süzer Y, Seifried J, Hanschmann KM, Kalinke U, Herold S, Sahin U, Cichutek K, Waibler Z, Eickmann M, Becker S, Mühlebach MD (2015) A highly immunogenic and protective MERS-Coronavirus vaccine based on recombinant MV vaccine platform. J. Virol., 9. September 2015, DOI: 10.1128/JVI.01815-15 , URL: http://jvi.asm.org/content/early/2015/09/03/JVI.01815-15.abstract
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Dr. Markus Eickmann,
Institut für Virologie
Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421
28-
64315
und -
66254
(Sabine Fischbach,
Sekretariat)
E-Mail:
eickmann@staff.uni-marburg.de
,
markus.eickmann@staff.uni-marburg.de