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23.12.2016

Vertauschte Signalrichtung steuert Zellwanderung

Pharmakologenteam findet Molekül, das bei der Signalweitergabe als Bote wie als Empfänger dienen kann

Eine Forschungsgruppe unter der Leitung des Marburger Pharmakologen Professor Dr. Thomas Worzfeld hat einen neuen Mechanismus entdeckt, der die zielgerichtete Wanderung von Tumor- und Immunzellen steuert. Das Team fand ein Proteinpaar, das seine Funktionen bei der Signalweitergabe zwischen Zellen vertauschen kann: Beide Partner können entweder als Signalgeber oder als Rezeptor dienen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Philipps-Universität, dem Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim sowie aus Marseille veröffentlichen ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Cell Biology“.

Immunzellen wandern auf ein Lymphgefäß (rot) zu; unbehandelte Zellen enthalten Semaphorin 4A (grün), bei den anderen ist es entfernt (blau). (Aufnahme: AG Worzfeld. Das Bild darf nur im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die zugehörige wissenschaftliche Publikation verwendet werden.)

„Wir zeigen, dass Semaphorin 4A in zwei Richtungen arbeiten kann“, sagt Seniorautor Thomas Worzfeld. Zellen nehmen Signale aus ihrer Umgebung auf, indem Moleküle von außen an zelleigene Rezeptoren binden; diese lösen dann im Zellinneren eine Weiterleitung des Signals aus, das die Reaktion der Zelle steuert. Semaphorin 4A kannte man bisher als Signalgeber für das Rezeptorprotein
Plexin-B1.

Das Team nutzte verschiedene Zellarten, um das Zusammenspiel der beiden Moleküle zu untersuchen, namentlich Krebszellen und Immunzellen. Diese Zellen tragen Semaphorin 4A an ihrer Zellmembran. „Wir haben Plexin-B1 zugesetzt, woraufhin die Zellen zu wandern begannen“, berichtet Worzfeld – dieses Verhalten erwartet man, wenn Semaphorin 4A als Empfänger des externen Signals fungiert. Entfernten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Semaphorin 4A aus der Zelle, blieb die Wanderungsbewegung aus.

„Wir haben einen neuen Mechanismus identifiziert, bei dem Semaphorin 4A als Rezeptor dient und Signale weiterleitet, die es von seinem Bindungspartner Plexin-B1 empfängt“, fasst Worzfeld die Ergebnisse zusammen. „Dieser Mechanismus steuert die gerichtete Wanderung von Tumor- und Immunzellen.“

Professor Dr. Thomas Worzfeld lehrt Pharmakologie am Fachbereich Medizin der Philipps-Universität. Neben seiner Arbeitsgruppe sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim beteiligte sich auch die Arbeitsgruppe des Marburger Pharmakologen Professor Dr. Moritz Bünemann und eine Arbeitsgruppe aus Marseille an den Forschungen, die der Publikation zugrunde liegen. Die Studie wurde unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert.

Originalpublikation: Tianliang Sun & al.: A Reverse Signaling Pathway Downstream of Sema4A Controls Cell Migration Via Scrib, Journal of Cell Biology 2016, Bd. 216 (2017)

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Thomas Worzfeld
Pharmakologisches Institut
Tel.: 06421 28- 65005
E-Mail: thomas.worzfeld@staff.uni-marburg.de