03.06.2016
IHK zeichnet zwei Wissenschaftlerinnen der Philipps-Universität Marburg aus
Der Wissenschaftspreis ging an die Zahnmedizinerin Dr. Simone Dudda und der Förderpreis an die Biologin Celine Mara Zumkeller
Der Wissenschaftspreis:
Dank der von Dr. med. dent. Simone Dudda entwickelten Methode halten
die Kunststofffüllungen in Zähnen nun erheblich länger. Im Kern werden
mechanische Spannungen am Übergang zwischen Füllung und Zahn minimiert,
ohne dass ein Zahnarzt die Behandlung verlängern muss. Dafür wurde eine
neue Applikationseinrichtung gebaut. Bei dieser kommt eine wohldosierte
Menge Licht gezielt zum Einsatz – üblicherweise achten Zahnärzte sehr
darauf, dass möglichst wenig Licht auf das Füllungsmaterial gelangt,
damit es nicht zu früh aushärtet. Die neue Vorgehensweise überzeugt
auch die Fachwelt: Die Philipps-Universität hat die Erfindung an eine
international agierende Dentalfirma verkauft. Zugleich sind Patente in
Europa und den USA
angemeldet.
Die 26-Jährige hat „mutig eine verwegene Hypothese überprüft und
bestätigt und daraus ein neues Verfahren entwickelt“, lobt ihr
Doktorvater Prof. Dr. Michael Gente. Die Versuche zu diesem „absolut
exotischen Lösungsansatz“ starteten bereits im vierten Fachsemester.
Dr. med. dent. Simone Dudda hat zwischen Oktober 2008 und November 2014
an der Philipps-Universität Marburg studiert und ihren Doktor-Titel
erworben. Heute arbeitet die gebürtige Essenerin in der Zahnarztpraxis
Dr. Max Heuermann in Münster.
Der Förderpreis:
Grundlagenwissen für ein Forschungsgebiet erarbeitet, das noch in den Kinderschuhen steckt: Das ist die Leistung, für die Celine Mara Zumkeller mit dem IHK-Förderpreis geehrt worden ist. Es handelt sich um die synthetische Genomik, einem Teilgebiet der synthetischen Biologie. Deren Potenzial für die Industrie ist enorm, speziell für bio-basierte Verfahren, wie zum Beispiel der Produktion von Wirkstoffen in Mikroorganismen.
Fast alle Bakterien codieren ihre genetischen Informationen auf einem einzelnen Chromosom. Um neue Eigenschaften in ein Bakterium zu übertragen, werden heutzutage kleinere DNA-Moleküle außerhalb einer Zelle leicht modifiziert und dann in das Bakterium eingebracht. Ein zweites, synthetisches Chromosom wäre jedoch aufgrund seiner Stabilität und dem zusätzlichen Speicherplatz für industrielle Prozesse von Vorteil. Zu diesem Zweck hat das Team um Prof. Dr. Torsten Waldminghaus das synthetische, sekundäre Chromosom synVicll konstruiert und die 24-Jährige dieses dann bezüglich ihrer Eigenschaften analysiert und weiter entwickelt. Dieser Prototyp wurde als zweites, zusätzliches Chromosom in das Bakterium E-scherichia coli eingepflanzt.
Das Ergebnis: Es ist in der Tat möglich, Bakterien ein zweites Chromosom einzusetzen und dieses so zu optimieren, dass es dauerhaft vererbt und zugleich nicht integriert wird. Damit habe Zumkeller „die innovative Idee eines synthetischen sekundären Chromosoms einen guten Schritt weiter in Richtung einer biotechnologischen Anwendung gebracht“, erklärte der vormalige Dekan des Fachbereichs Biologie und kürzlich gewählte Marburger Vizepräsident, Prof. Dr. Michael Bölker, in seiner Begründung, Celine Mara Zumkeller für den IHK-Förderpreis vorzuschlagen. Die gebürtige Lörracherin war von Oktober 2012 bis August 2015 an der Philipps-Universität Marburg und schloss das Studium mit dem Bachelor of Science (Biologie) ab. Derzeit arbeitet sie an ihrem Master-Abschluss in Biotechnologie an der Universität von Edinburgh.
Wissenschaftsförderung ist auch Wirtschaftsförderung
„Der IHK-Wissenschaftspreis steht als Symbol und Marke für die gemeinsame Verpflichtung, dass Wissenschaft und Wirtschaft auch Beiträge zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wohlfahrt leisten“, sagte der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Marburg, Peter Lather. Durch eine solche Zusammenarbeit erwachse eine zentrale Treiberfunktion für die Unternehmen aus der Region. „Ohne die Universität Marburg sähe unser Wirtschaftsraum komplett anders aus“, hielt Lather fest. „Regionale Wissenschaftsförderung ist auch immer wieder regionale Wirtschaftsförderung.“
„Mit der Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg verfügt die
Philipps-Universität Marburg über einen langjährigen Partner, der immer
wieder Impulse aus der Forschung aufgreift“, sagte
Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause. „Der
Wissenschaftspreis stellt für unseren wissenschaftlichen Nachwuchs
einen wichtigen Ansporn und ein Bindeglied in die Unternehmenswelt dar.
Vor allem schätzen wir die Ermutigung, die für sehr junge Forscherinnen
und Forscher vom Nachwuchspreis für Abschlussarbeiten
ausgeht.“
Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Thomas Clauß vom Fachbereich
Wirtschaftswissenschaften über „Geschäftsmodelle in Zeiten der
Digitalisierung: Herausforderungen und Chancen“. Nach der
Preisverleihung nutzten die Gäste aus Wissenschaft und Wirtschaft die
Chance zum Austausch und Netzwerken.
Über den IHK-Wissenschaftspreis:
Den ersten Wissenschaftspreis hat die IHK Kassel-Marburg 1984 ausgelobt. Im Jahreswechsel wird die Auszeichnung an Absolvent/innen der Universitäten Marburg und Kassel verliehen. Bei gleicher Gelegenheit wird seit 2001 ebenfalls der Förderpreis für Diplomarbeiten vergeben – als Anreiz, um nach weiterer wissenschaftlicher Exzellenz zu streben.
Kontakt:
Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg
Andreas Nordlohne
E-Mail:
nordlohne@kassel.ihk.de