15.02.2017
Etappensieg im Kampf gegen Lungenfibrose
Gießener und Marburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären Wirkmechanismus des Medikaments Pirfenidon
Pressemitteilung des Forschungscampus Mittelhessen
Im Kampf gegen die meist tödlich verlaufende Krankheit Lungenfibrose
sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten
Gießen und Marburg einen wichtigen Schritt vorangekommen. Die
Idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) ist eine chronische
Lungenerkrankung unbekannter Ursache mit sehr schlechter Prognose und
begrenzten Behandlungsoptionen. Schätzungen gehen von derzeit ca.
20.000 Betroffenen allein in Deutschland aus. Die mittlere
Überlebenszeit nach der Diagnose liegt bei etwa drei bis fünf Jahren,
die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei 20 bis 40 Prozent. Die Prognose ist
somit ungünstiger als die vieler Tumorerkrankungen.
Bei der IPF kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung bestimmter
Lungenzellen (Fibroblasten), die in großen Mengen Kollagen und andere
Bindegewebskomponenten bilden. Dadurch kommt es zu einer schweren
Störung des Gasaustausches und die Lunge wird weniger dehnbar.
Patienten mit IPF leiden typischerweise unter Luftnot, zunächst bei
Belastung, später bereits oft in Ruhe, und unter einem quälenden
trockenen Husten. Derzeit gibt es nur zwei Medikamente, welche zur
Therapie der IPF zugelassen sind. Eines davon ist Pirfenidon, welches
das Fortschreiten der Krankheit in klinischen Studien verlangsamen
konnte. Wie Pirfenidon auf molekularer Ebene genau wirkt, war
allerdings bisher nicht vollständig klar.
Dem Forscherteam rund um die Gießener Lungenforscherin Prof. Dr.
Malgorzata Wygrecka und ihren Marburger Kollegen rund um Dr. Matthias
Lauth ist es nun gelungen, den Wirkmechanismus des Medikaments
nachzuvollziehen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass
Pirfenidon zwei fibrosefördernde zelluläre Signalkaskaden blockiert:
Den Hedgehog- und den TGF-beta Signalweg. Es konnte nachgewiesen
werden, dass Pirfenidon die zentrale Schnittstelle der beiden
interagierenden Signalwege blockiert. Diese Tatsache bildet mit hoher
Wahrscheinlichkeit die Grundlage für die Wirksamkeit des Medikaments.
„Durch unsere Ergebnisse lassen sich in Zukunft möglicherweise noch
effektivere Wirkstoffe zur medikamentösen Behandlung der Lungenfibrose
entwickeln“, betont Prof. Wygrecka.
Publikation
1Didiasova M., 2Singh, R., 3Wilhelm, J., 4Kwapiszewska, G., 1Wujak,
L., 1Zakrzewicz, D., 5Schaefer, L., 3Markart, P., 3Seeger, W., 2Lauth,
M., 1Wygrecka, M.: Pirfenidone exerts antifibrotic effects through
inhibition of GLI transcription factors. FASEB J. 2017 Feb 1
DOI:
10.1096/fj.201600892RR
Departments of 1Biochemistry and 3Internal Medicine, Universities of
Giessen and Marburg Lung Center, Giessen, Germany; 2Institute of
Molecular Biology and Tumor Research (IMT), Philipps University, Center
for Tumor Biology and Immunology, Marburg, Germany; 4Ludwig Boltzmann
Institute for Lung Vascular Research, Graz, Austria; 5Institute of
Pharmacology and Toxicology, Goethe University School of Medicine,
Frankfurt am Main, Germany
Weitere Informationen
Ansprechpartner
Prof. Dr. Malgorzata Wygrecka
Institut für Biochemie
Friedrichstraße 24, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-47482
E-Mail:
malgorzata.wygrecka@innere.med.uni-giessen.de
Oder
Dr. Matthias Lauth
Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung
Zentrum für Tumor- und Immunbiologie
Hans-Meerwein-Str. 3
35043 Marburg
Email:
lauth@imt.uni-marburg.de
Der Forschungscampus Mittelhessen ist eine gemeinsame Einrichtung der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen zur Stärkung der regionalen Verbundbildung insbesondere in der Forschung und der Nachwuchsförderung.