06.03.2017
Ein Vorreiter des europäischen Kinos
Luca Bigazzi nimmt den 17. Marburger Kamerapreis entgegen
Zum 17. Mal haben die Universitätsstadt Marburg und die Philipps-Universität gemeinsam den Marburger Kamerapreis verliehen. In der Aula der Alten Universität nahm Luca Bigazzi den mit 5000 Euro dotierten Preis von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause entgegen.
„Mit Bigazzi ist zum ersten Mal ein italienischer Kameramann ausgezeichnet worden“, sagte Kulturdezernentin Dr. Kerstin Weinbach. „Seine Filme schöpfen aus dem visuellen Gedächtnis Italiens.“ Er stehe für ein europäisches Kino, das aktuelle gesellschaftliche Aspekte aufgreift. „Bigazzi setzt die Herausforderungen ins Bild, die unseren Kontinent derzeit bewegen“, betonte Weinbach. Sie sei stolz, dass er nun zur „Kamerapreis-Familie“ gehöre.
Prof. Dr. Katharina Krause sah Bigazzi in der Tradition des Malers Caravaggio. Ebenso wie dieser könne er mit Hilfe von Licht und Schatten Bildelemente akzentuieren oder auch verbergen. Dabei gehe es Bigazzi nicht um dekoratives Hell-Dunkel, sondern er habe ein inniges Verhältnis zur Realität. Es gelinge dem Preisträger, auch widersprüchliche Sachverhalte ins Bild zu rücken. Der von Prof. Dr. Malte Hagener und Andreas Kirchner organisierte Kamerapreis verbinde in einzigartiger Weise Kameraarbeit und Lehre – er ist eingebettet in die zweitägigen Bild-Kunst-Kameragespräche, bei denen Werke des Preisträgers gezeigt und mit ihm diskutiert werden.
Der 1958 in Mailand geborene Luca Bigazzi erhielt die Auszeichnung nicht zuletzt für seine meisterhafte Beherrschung einer breiten Palette visueller Ausdrucksformen. „Unter den aktiven Kameraleuten des italienischen Films nimmt Luca Bigazzi eine herausragende Stellung ein. Seit über 30 Jahren hat er mit vielen wichtigen italienischen Regisseurinnen und Regisseuren wie Silvio Soldini, Gianni Amelio,Francesca Comencini und Paolo Sorrentino zusammengearbeitet und erheblich zur
internationalen Renaissance des italienischen Kinos beigetragen“, heißt es in der Begründung des Beirats. „Bigazzi beherrscht eine breite Palette an Bildsprachen meisterhaft und ist längst selbst zu einem prägenden Akteur der italienischen und europäischen Filmgeschichte geworden, dem in den kommenden Jahren eine gewichtige Rolle bei der Herausbildung und Weiterentwicklung einer digitalen Bildsprache zuzutrauen ist.“ Sein Spektrum reicht von reporterhafter Handkamera-Ästhetik in „Mi piace lavorare“ über den Realismus von „Lamerica“ bis hin zur rauschhaften Bild-Opulenz von „La grande bellezza“.
Die Laudatio auf den Preisträger hielt Regisseur Silvio Soldini, mit dem Bigazzi vielfach zusammengearbeitet hat, unter anderem bei dem international sehr erfolgreichen Film „Brot und Tulpen“ mit Bruno Ganz. Prof. Dr. Malte Hagener nannte Soldini „Chronist eines Italiens im Wandel.“ Soldini erinnerte sich an die gemeinsamen Anfangsjahre, in denen er gemeinsam mit Bigazzi ohne finanzielle Mittel, dafür aber mit enormem Elan und einem gemeinsamen Traum in Mailand Filme gedreht hatte: „Luca hatte die meiste Energie von uns, er war nicht zu bremsen.“ Bigazzi widme sich seiner Arbeit mit absoluter Hingabe, sagte Soldini, der von dem Preisträger für seine Worte im Anschluss an die Laudatio herzlich umarmt wurde.
Und auch Luca Bigazzi selbst bezog sich in seiner Dankesrede auf die frühen Jahre mit Soldini: Ihre Geschichte zeige gerade jungen Menschen, dass man alleine nirgendwo hin gelange. Er habe das Neue Deutsche Kino mit Regisseuren wie Wim Wenders, Rainer Werner Fassbinder und Werner Herzog sehr verehrt, und deshalb sei der Marburger Kamerapreis für ihn auch eine besondere Freude.
Marburger Kamerapreis im Internet: www.marburger-kamerapreis.de
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Prof. Dr. Malte Hagener, Institut für Medienwissenschaft
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