20.07.2017 Gefährdete Wissenschaftler erhalten Schutz in Deutschland: Philipp Schwartz-Initiative fördert 56 weitere Stipendiaten
Humboldt-Stiftung vergibt Mittel an 41 Hochschulen, mit denen diese verfolgte Forscher aufnehmen können. Die meisten Stipendiaten kommen aus der Türkei und aus Syrien.
Die Alexander von Humboldt-Stiftung hat die Forschungseinrichtungen der dritten Runde der Philipp Schwartz-Initiative ausgewählt: 41 Einrichtungen aus ganz Deutschland können mit Hilfe der Initiative gefährdete ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei sich aufnehmen. Vergeben werden Fördermittel für insgesamt 56 Forscher, die Schutz in Deutschland suchen, weil ihnen in ihren Heimatländern Krieg oder Verfolgung drohen. Die Wissenschaftler forschen ab August 2017 für zwei Jahre als Philipp Schwartz-Stipendiaten an den ausgezeichneten Einrichtungen.
Die 41 Gasteinrichtungen wurden aus 68 Hochschulen und Forschungseinrichtungen ausgewählt, die einen oder mehrere gefährdete Wissenschaftler aufnehmen wollen und sich hierfür mit Konzepten zur persönlichen und wissenschaftlichen Einbindung der Forscher beworben hatten. Insgesamt waren 114 Personen nominiert worden. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren neben der Qualität der Einbindung, der wissenschaftlichen Passung und Qualifikation der Forscher auch die Perspektiven für einen erfolgreichen beruflichen Neustart.
Außenminister Sigmar Gabriel erklärte: „In mehr und mehr Ländern ist die akademische Freiheit in Gefahr und werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Druck gesetzt, verfolgt, mundtot gemacht. Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung ist für eine offene, moderne Gesellschaft unverzichtbar. Deshalb ist die Philipp Schwartz-Initiative in Zeiten, in denen autoritäre Bestrebungen vielerorts offenbar Konjunktur haben, ein klares Signal, dass wir betroffene Forscher nicht allein lassen, sondern ihnen geschützte Räume und damit eine Perspektive anbieten.“
Die Forscher, die an den nun ausgewählten Hochschulen aufgenommen werden, stammen aus der Türkei (40 Stipendiaten), Syrien (9), dem Irak (3), Venezuela (2), dem Jemen und der Ukraine (jeweils 1). Interviewmöglichkeiten mit einzelnen Forschern vermitteln wir gerne auf Nachfrage.
Bei der letzten Ausschreibung im Dezember 2016 hatten sich 59 Einrichtungen für die Philipp Schwartz-Initiative beworben und insgesamt 84 gefährdete Forscher nominiert. Die meisten der 44 geförderten Stipendiaten aus der vorherigen Runde stammen aus der Türkei (22 Stipendiaten), Syrien (16) und dem Irak (2).
Der Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung Enno Aufderheide sagte: „Dass wir mehr Bewerbungen denn je erhalten haben, zeigt, wie groß der Druck auf kritische und unabhängige Köpfe in vielen Ländern ist. Zugleich können wir diesmal noch mehr Philipp Schwartz-Stipendien finanzieren und damit mehr bedrohten Forscherinnen und Forschern helfen. Dies ist uns dank der Unterstützung aus der Politik und von privaten Stiftungen möglich, zuletzt sogar aus den USA. Beides macht deutlich, wie sehr Deutschland international wahrgenommen wird als ein Land, das für die Freiheit der Wissenschaft einsteht und sicherer Hafen für bedrohte Forscher ist. Von den Philipp Schwartz-Stipendiaten profitiert Deutschland schon jetzt. Ich bin sicher: Das wird künftig noch mehr der Fall sein.“
Die Philipp Schwartz-Initiative wurde von der Alexander von Humboldt-Stiftung mit Unterstützung des Auswärtigen Amts ins Leben gerufen. Sie wird finanziell unterstützt vom Auswärtigen Amt und von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, der Andrew W. Mellon Foundation (Vereinigte Staaten), der Fritz Thyssen Stiftung, der Gerda Henkel Stiftung, der Klaus Tschira Stiftung, der Robert Bosch Stiftung, dem Stifterverband und der Stiftung Mercator.
Die Initiative ist nach dem Pathologen jüdischer Abstammung Philipp Schwartz benannt, der 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen musste und die „Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland“ gründete. Teil der Initiative sind neben den Stipendien Mittel für die Schaffung von Strukturen an den Gasteinrichtungen sowie Tagungen zum Austausch und zur Vernetzung zwischen den Gasteinrichtungen. Dabei arbeitet die Alexander von Humboldt-Stiftung eng mit internationalen Partnern wie dem Scholars at Risk Network, dem Scholar Rescue Fund und dem Council for At-Risk Academics zusammen.
In der dritten Runde der Philipp Schwartz-Initiative wurden folgende Hochschulen ausgewählt:
• RWTH Aachen
• Universität Augsburg
• Otto-Friedrich-Universität Bamberg
• Alice Salomon Hochschule Berlin
• Forum Transregionale Studien Berlin
• Freie Universität Berlin
• Humboldt-Universität zu Berlin
• Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) Berlin
• Leibniz-Zentrum Moderner Orient (ZMO) Berlin
• Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin
• Technische Universität Berlin
• Universität Bielefeld
• Ruhr-Universität Bochum
• Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS Bremen
• Universität Bremen
• Technische Universität Chemnitz
• Technische Universität Darmstadt
• Universität Duisburg-Essen
• Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
• Goethe-Universität Frankfurt
• Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder
• Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
• Justus-Liebig-Universität Gießen
• Georg-August-Universität Göttingen
• Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg
• Universität Hamburg
• Friedrich-Schiller-Universität Jena
• Karlsruher Institut für Technologie
• Universität Kassel
• Universität zu Köln
• Universität Konstanz
• Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) Leipzig
• Hochschule Mannheim
• Philipps-Universität Marburg
• Technische Universität München
• FH Münster
• Universität Potsdam
• Universität Siegen
• Universität Stuttgart
• Universität Ulm
• Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Die Alexander von Humboldt-Stiftung
Jährlich ermöglicht die Humboldt-Stiftung über 2.000 Forschern aus aller Welt einen wissenschaftlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Stiftung pflegt ein Netzwerk von weltweit mehr als 28.000 Humboldtianern aller Fachgebiete in über 140 Ländern – unter ihnen 54 Nobelpreisträger.
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