27.04.2018 EU-Projekt zur Epigenetik von Pflanzen
Fachbereich Biologie erforscht im Botanischen Garten epigenetische Veränderungen von Pyramidenpappeln
Innerhalb des europäischen Trainingsnetzwerks „EpiDiverse“ werden 15 Doktorandinnen und Doktoranden aus ganz Europa die epigenetische Anpassung von Pflanzen untersuchen. Über einen Zeitraum von vier Jahren investiert die Europäische Union dafür 3,8 Millionen Euro. Zwei Doktorandinnen werden im Rahmen des Projekts in Marburg forschen: Nilay Can aus der Türkei und Barbara Diez-Rodriguez aus Spanien. Vor Ort werden sie mit Forscherinnen und Forschern vom Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg zusammenarbeiten.
„Epigenetische Forschung beschäftigt sich mit den Änderungen der Genexpressionen, die nicht auf Mutationen zurückzuführen sind“, sagt Dr. Lars Opgenoorth vom Fachbereich Biologie der Universität Marburg, der mit den Doktorandinnen zusammenarbeiten wird. „Durch reversible chemische Veränderungen auf den DNA-Strängen kann so zum Beispiel die Ableserate von Genen verändert werden, was sich wiederum in einer Veränderung von Merkmalen niederschlagen kann.“ Gemeinsam mit Dr. Katrin Heer, Prof. Dr. Stefan Rensing und Dr. Noe Fernandez-Pozo sowie den beiden Doktorandinnen möchte Opgenoorth herausfinden, inwieweit epigenetische Mechanismen Einfluss auf Merkmale der Pflanzen haben, wie zum Beispiel Trockentoleranz oder auch Geschmack von Früchten. „Solche Erkenntnisse sind nicht nur wichtig für ökologische Zusammenhänge, sondern könnten auch in der Züchtung Verwendung finden“, sagt Opgenoorth.
Als Untersuchungsobjekte haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Pyramidenpappel und die Walderdbeere festgelegt. „Die Pyramidenpappel ist ein in ganz Europa genutzter Klon, der schon zu Zeiten von Napoleon als Wegmarkierung gepflanzt wurde und heute immer noch an vielen Wegrändern und Fußballplätzen steht”, sagt Heer. „Dadurch, dass ein einzelner Klon - als genetisch identische Kopie - in ganz Europa vorkommt, können wir den Einfluss von verschiedenen Umwelteinflüssen auf die Epigenetik untersuchen”, ergänzt Opgenoorth. Die Walderdbeere auf der anderen Seite schmecke nicht nur gut, sondern vermehre sich auf natürliche Weise klonal - so dass die genetische Diversität ebenfalls eingeschränkt sei und die Untersuchung der Epigenetik erleichtert, sagt Rensing. Im Zuge des Projekts wird Rodriguez-Diez in den kommenden Wochen 600 Pyramidenpappeln aus ganz Europa im Botanischen Garten pflanzen. „Eine große Aufgabe – aber ich freue mich sehr auf meine Zeit in Marburg“, sagt Rodriguez-Diez.
Neben den jeweiligen wissenschaftlichen Zielen haben sich Europäische Trainingsnetzwerke insbesondere der Förderung des akademischen Nachwuchses und der europäischen Idee verschrieben. So ist eine Einstellungsvoraussetzung, dass die Kandidatinnen und Kandidaten die letzten Jahre nicht in dem Land gelebt haben, in dem sie nun ihre Doktorarbeit durchführen werden. Gleichzeitig ist das Ziel, die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler fachlich exzellent auf ihr späteres Berufsleben in der Wissenschaft oder freien Wirtschaft vorzubereiten. So wird es in „EpiDiverse“ neben der Arbeit an den wissenschaftlichen Instituten auch Arbeitszeiten in Biotechfirmen und Fortbildungen, zum Beispiel zum Thema Ausgründung, geben. In Kürze steht der erste gemeinsame Workshop in Wageningen an, wo erstmalig alle 15 Doktorandinnen und Doktoranden sowie 15 Seniorwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zusammen kommen werden.
Koordiniert wird EpiDiverse durch Dr. Koen Verhoeven vom Nederlands Instituut voor Ecologie (NIOO-KNAW) in Wageningen in Zusammenarbeit mit Heer und Opgenoorth von der Universität Marburg sowie Prof. Dr. Oliver Bossdorf von der Universität Tübingen.