08.11.2019 Bildarchiv von internationalem Rang erhält Forschungsbau
Spatenstich für zwei Neubauten der Philipps-Universität am Campus Firmanei
An der Schnittstelle zwischen Altem Botanischem Garten, historischer Altstadt und dem Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas entstehen bis Ende 2021 zwei Neubauten der Philipps-Universität Marburg: der Forschungsbau des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (DDK) und ein angrenzendes Seminargebäude. Wissenschaftsministerin Angela Dorn hat am Freitag, 8. November 2019, gemeinsam mit Finanzminister Dr. Thomas Schäfer und Prof. Dr. Katharina Krause, Präsidentin der Philipps-Universität Marburg, den ersten Spatenstich gesetzt.
Wissenschaftsministerin Angela Dorn: „Ich freue mich, dass an diesem zentralen Standort in Marburg der Baubeginn für gleich zwei wichtige Neubauvorhaben der Philipps-Universität erfolgen kann. Das ist zum einen der Neubau des Forschungszentrums Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg. Schon jetzt gehört das Bildarchiv zu den weltweit größten und einflussreichsten Zentren der kunsthistorischen Dokumentation und Wissensforschung mit einer Sammlung von mehr als 2,2 Millionen Fotos. Darüber hinaus wollen wir dem starken Studierendenzuwachs in den Wirtschafts- und Geisteswissenschaften gerecht werden. Daher errichtet die Universität neben dem Forschungsbau ein neues Seminargebäude mit acht Seminarräumen und neuestem technischen Equipment für größtmögliche Flexibilität in der Lehre. Der Neubau trägt außerdem dazu bei, dass das benachbarte zentrale Hörsaalgebäude entlastet wird. Ich wünsche allen am Bau Beteiligten gutes Gelingen.“
Finanzminister Dr. Thomas Schäfer: „Mit der Errichtung des Forschungsneubaus sowie des neuen Seminargebäudes wird der Campus Firmanei komplettiert. Ich bin gespannt, wie sich beide Gebäude in die Umgebung einfügen werden und freue mich, dass mit dem Bildarchiv eine höchst bedeutsame kunsthistorische Institution neu an diesem Standort angesiedelt wird. Mit dem Neubau kann das Bildarchiv nicht nur auf die Zukunft ausgerichtete Dokumentation betreiben, sondern seine Leit- und Vorbildfunktion als weit gesehenes Leuchtturmprojekt in der Forschung und Bereitstellung digitaler Forschungsinfrastruktur ausbauen. Durch das neue Seminargebäude entstehen zudem weitere Räume, die keine Wünsche an einen modernen Lehrbetrieb offen lassen. Toi, toi, toi allen, die sich bei diesem Bauprojekt einbringen!“
Der Auftrag des Bildarchivs umfasst die Sammlung, Erschließung und Vermittlung von Fotografien zur europäischen Kunst und Architektur sowie die Erforschung der Geschichte, Praxis und Theorie der Überlieferung von visuellem Kulturgut, insbesondere die Erkundung der damit verbundenen medialen Transformationsprozesse, der Bedingungen des Speicherns von Wissen in visueller Form und der Bedeutung der Erinnerung visueller Kultur in der Gesellschaft.
Beide Bauten wurden vom Berliner Büro Dichter Architektur geplant, das 2016 den Architekturwettbewerb gewonnen hat. Der Entwurf fasst die beiden in Nutzung und Größe sehr unterschiedlichen Gebäude zu einem Ensemble zusammen. Der Forschungsbau bietet auf vier Etagen rund 2.500 Quadratmeter Nutzfläche, allein 821 Quadratmeter sind für Archive vorgesehen. Das Seminargebäude umfasst acht große Seminarräume für jeweils 60 bis 100 Personen.
Das Land Hessen konnte nach erfolgreicher Begutachtung durch den Wissenschaftsrat eine Bundesförderung als Forschungsbau in Höhe von rund 9,4 Millionen Euro von den Gesamtkosten in Höhe von rund 20 Millionen Euro einwerben. „Dass das wichtigste Beratungsgremium zur Wissenschaftspolitik diesen Neubau, und damit den weiteren Ausbau des DDK empfiehlt, bezeugt den hohen wissenschaftlichen Rang des Zentrums, weit über nationale Grenzen hinaus“, konstatiert Universitäts-Präsidentin Professorin Dr. Katharina Krause. Die Kosten des Seminargebäudes von rund 8,7 Millionen Euro werden durch die dritte Phase des Programms Hochschulpakt 2020 finanziert.
Der Direktor des DDK, Prof. Dr. Hubert Locher, sagt zu den Möglichkeiten des neuen Forschungsbaus: „Ein bedeutendes Bildarchiv, das zudem Teil der universitären Forschungsinfrastruktur ist, das ist schon einzigartig. Die Universität wird als Forschungsort gestärkt und zugleich verbindet sich hier Forschung mit Lehre.“
Hintergrund: Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
Mit rund zwei Millionen Foto-Aufnahmen zur europäischen Kunst und Architektur umfasst das Bildarchiv Foto Marburg einen singulären Bestand. Dazu gehören unter anderem auch historisch besonders wertvolle Glasplattennegative aus der Frühzeit der Fotografie – die ältesten Aufnahmen stammen aus dem Jahr 1870.
Die Sammlung ist nicht nur einem kleinen Kreis von Fachleuten vorbehalten: Die vom DDK betriebene digitale Bilddatenbank „Bildindex der Kunst und Architektur“ ist zwar für Forschung und Lehre konzipiert, steht aber allen Interessierten offen. Rund drei Millionen Fotografien von 1,8 Millionen Kunst- und Bauwerken sind im Internet frei recherchierbar.
Einen Kern der Arbeit am DDK bilden Fotokampagnen, die das Zentrum durchführt und die mitunter auch von außen angestoßen werden. Eine Kooperation besteht seit Anfang 2015 mit dem Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München: Im Projekt „Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland“ werden erstmalig mehr als 5000 farbenprächtige Decken- und Wandgemälde in Schlössern, Kirchen und Klöstern, in Treppenhäusern, Festsälen und Bibliotheken umfassend dokumentiert, analysiert und präsentiert. Das von der Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften geförderte Projekt hat eine Laufzeit von 25 Jahren.
Generell ist die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen prägend für das DDK, und das Zentrum ist bestens vernetzt. Unter dem Namen „Pharos“ haben sich 14 internationale Archive zu einem Consortium zusammengeschlossen – mit dem DDK als einzigem Partner im deutschsprachigen Raum.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Anfänge des DDK liegen im frühen 20. Jahrhundert. Als der Kunsthistoriker Richard Hamann 1913 dem Ruf ans Marburger Kunstgeschichtliche Institut folgte, fand er für die Arbeit mit den Studierenden kaum Anschauungsmaterial vor. Aus diesem Mangel heraus begründete er am Kunstgeschichtlichen Institut eine „Photographische Abteilung“ und erweiterte den sogenannten „Kunsthistorischen Apparat“ systematisch durch eine umfangreiche Sammlung an Fotografien von Werken der Kunst und Architektur. Hamann sammelte nicht nur, sondern führte auch selbst mit seinen Mitarbeitern und Studierenden Fotokampagnen durch und baute die Bildersammlung allmählich zu einem bedeutenden Bildarchiv aus.
1927 wurden die „Photographische Abteilung“ und das Kunstgeschichtliche Institut in einem Neubau an der Biegenstraße untergebracht, der zum 400-jährigen Bestehen der Universität errichtet worden war und seither auch das Museum der Universität beherbergt. Seit 1962 ist das Bildarchiv der Philipps-Universität Marburg eingegliedert. Seit 2009 firmiert es als eine zentrale Einrichtung der Universität unter dem Namen Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg.