11.09.2020 Altern ist bunt – nun auch in der Lehre
Erstmals widmet sich ein deutschsprachiges Lehrbuch unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Geschlechtern im Alter
Das Alter macht nicht Halt vor Menschen, die aus dem heteronormativen Raster fallen – diesem Thema haben Fachleute aus Berlin, Karlsruhe, Ludwigshafen und Marburg jetzt das erste deutschsprachige Lehrbuch gewidmet, in dem es um das Altern und Alter von schwulen, lesbischen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen geht: „LSBTIQ* und Alter(n). Ein Lehrbuch für Pflege und Soziale Arbeit“, herausgegeben von Tamara-Louise Zeyen, Ralf Lottmann, Regina Brunnett & Mechthild Kiegelmann, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2020, ISBN: 978-3-525-70272-7, 232 Seiten, 23,99 Euro
Was bedeutet der Slogan „Das Alter ist bunt“ für die altersbezogenen Berufe? Ein Beispiel aus der Praxis: In einem betreuten Wohnheim einer Kleinstadt bewirbt sich eine Person um einen Platz, die als Junge geboren wurde und seit Jahrzehnten als Frau lebt. Das Team fragt sich: Wie kann die Einrichtung ihr gerecht werden?
Fallbeispiele dieser Art unterstreichen den praxisorientierten Ansatz des Lehrbuchs – sie stammen aus Interviews mit Betroffenen oder aus der praktischen Arbeit. Wie altern Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen und Geschlechtern? Wie können sie durch Institutionen der Altenhilfe und in der Altenpflege unterstützt werden? Solche Fragen seien „im Zuge des gesellschaftlichen Wandels der letzten Jahrzehnte zunehmend in die öffentliche Aufmerksamkeit“ gerückt, heißt es in der Einleitung. Die Gesellschaft wird älter, wobei gleichzeitig die Diversität alter Menschen zunimmt. Das fordert den Fachkräften in Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen neue Kompetenzen ab.
Dem trägt das Buch durch ausführliche Kapitel zu Grundlagen- und Querschnittsthemen sowie zu Anwendungsbeispielen Rechnung, wobei das herausgebende Team „besonderen Wert auf Perspektiven aus den Communitys und Hinweise auf Praxiseinrichtungen sowie bestehende Angebote“ legte.
„Die praxisorientierte Gliederung der Beiträge lenkt den Fokus auf professionelles Handeln“, heißt es in der Einleitung. Das Lehrbuch ist für Ausbildung, Studium und Weiterbildung gedacht, aber auch für die Begleitung der Praxis in der Altenhilfe, um die „Förderung einer bedarfsgerechten und menschenrechtsorientierten Arbeit mit Älteren voranzutreiben“.
Zur Herausgabe des Lehrbuchs hat sich ein Team von Fachleuten aus den Sozialwissenschaften zusammengefunden: Professorin Dr. Regina Brunnett lehrt Gesundheitswissenschaften an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. Die Sozialpädagogin und Sozialpsychologin Dr. Mechthild Kiegelmann hat eine Professur an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe inne. Der Soziologie und Gerontologe Dr. Ralf Lottmann forscht an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin (ASH Berlin). Die Erziehungswissenschaftlerin Tamara-Louise Zeyen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Sozial- und Rehabilitationspädagogik der Philipps-Universität Marburg. Sie verfertigt derzeit eine Dissertation über „Wohnprojekte für gleichgeschlechtlich l(i)ebende Personen im Alter“.