22.02.2021 Chlorophyll, Proteine und Mangan: Wie entsteht atmosphärischer Sauerstoff?

Dr. Jan-Michael Schuller erhält Förderung der Daimler und Benz Stiftung zur Erforschung des Photosystems II

Abbildung des Photosystems II
Abbildung: Jan-Michael Schuller
Das Photosystem II katalysiert die lichtabhängige Wasserspaltung und produziert in einer einzigartigen chemischen Reaktion Sauerstoff. Diese Reaktion wird durch einen ungewöhnlichen Metall-Cofaktor katalysiert, der Mangan-, Calcium- und Sauerstoffatome enthält.

Das Wissen, wie Sauerstoff durch Photosynthese entsteht, ist fester Bestandteil von Lehrbüchern. Doch die Details sind immer noch nicht aufgeklärt – es fehlt der tiefe Blick in den atomaren Aufbau des sogenannten Photosystems II. Ein Forschungsteam am Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) um Dr. Jan-Michael Schuller vom Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Marburg macht sich die Kryo-Elektronenmikroskopie zunutze, um dieses Rätsel zu lösen. Die Daimler und Benz Stiftung fördert das Vorhaben mit rund 40.000 Euro.

Die moderne Ausstattung des neuen Forschungsbaus am Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) macht es möglich: Mithilfe eines neuen Verfahrens, der Kryo-Elektronenmikroskopie, ist Dr. Jan-Michael Schuller zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dabei, das Rätsel der Wasserspaltung zu lösen. Pflanzen und Algen sind es, die auf unserem Planeten dafür sorgen, dass genügend Sauerstoff zum Atmen entsteht. Der gasförmige Sauerstoff stammt aus Wassermolekülen, die in den grünen Organismen unter Einsatz einer hochkomplexen molekularen Maschine, dem Photosystem II, in O2, Elektronen und Protonen (H+) zerfallen. An der Spaltung beteiligt sind Chlorophyll, Proteine und Mangan. Das Photosystem fängt Sonnenlicht ein und nutzt dessen Energie, um den Wasserspaltungsprozess einzuleiten. Doch bislang ist noch nicht ganz klar, wie genau dieser Prozess auf atomarer Ebene abläuft. Vor allem ist bislang ungeklärt, wie die Zelle das Mangan in das Proteinumfeld einbaut. 

Mithilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie isolieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Photosystem-Vorläufermoleküle aus photosynthetischen Bakterien und stellen die Reifung des Wasserspaltzentrums im Reagenzglas nach, um im Anschluss die Einzelschritte zu visualisieren. Umständliches, wenn überhaupt mögliches Kristallisieren des Photosystem II-Proteinkomplexes mit anschließender Bestrahlung durch Röntgen- oder Synchroton-Strahlung ist nicht nötig: Die „molekulare Maschine“ kann im Elektronenmikroskop direkt abgebildet werden – und zwar im Maßstab von Nanometern, also Millionstel Millimetern. Mit der Kenntnis über die Entstehung und den Aufbau des Photosystems II sind zukünftige synthetisch-biologische Verfahren möglich, die für den Erhalt unserer Umwelt nützlich sein können.  

Dr. Jan-Michael Schuller ist Leiter der Forschergruppe „Molekulare Maschinen“ am Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) und dem Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Marburg. Die Forschergruppe um Schuller wird seit Juli 2020 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen ihres Emmy-Noether-Förderprogramms für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Gesamtvolumen von rund 1,55 Millionen Euro für sechs Jahre finanziert.

SYNMIKRO

SYNMIKRO wurde von 2010 bis 2018 als LOEWE-Zentrum gefördert. Seit 2019 ist es eine feste Einrichtung der Philipps-Universität Marburg. SYNMIKRO vereinigt 40 Arbeitsgruppen der Universität und des Max-Planck- Instituts für terrestrische Mikrobiologie aus den Fachgebieten Zell- und Mikrobiologie, Genetik, Medizin, Chemie, Physik, Mathematik, Informatik, Soziologie und Bioethik. Forscherinnen und Forscher am Zentrum beschäftigen sich mit den großen Fragen zu den kleinsten Lebewesen, den Mikroorganismen. Dabei wenden sie Konzepte der Synthetischen Biologie an, um die Vielfalt und Funktionen von Mikroorganismen zu verstehen und ihre Anwendungspotenziale zu erschließen. Für die Spezialgeräteausstattung des SYNMIKRO Forschungszentrums haben Bund und Länder insgesamt 5,35 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

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