03.12.2021 Frauenförderpreis 2020 der Universität Marburg verliehen

Katja Becker, Dominik Heider und Pierre Hecker ausgezeichnet

Foto: Christina Mühlenkamp
Die Verleihung des Frauenförderpreises 2020: Die Urkunden gingen an Prof. Dr. Katja Becker, Dr. Pierre Hecker und Prof. Dr. Dominik Heider.

Die Ausgezeichneten wurden schon im vergangenen Jahr bekanntgegeben. Wegen der Corona-Pandemie fand aber die Verleihung des Frauenförderpreises 2020 der Philipps-Universität Marburg erst jetzt – am 2. Dezember 2021 – statt. Der Preis ging an Prof. Dr. Katja Becker, Prof. Dr. Dominik Heider und Dr. Pierre Hecker. Die Verleihung fand in hybrider Form statt. Die Öffentlichkeit konnte die Preisverleihung online verfolgen.

„Ein Frauenförderpreis ist auch mehr als 100 Jahre nach der Zulassung der ersten Studentin an der Universität Marburg noch aktuell“, sagte die Präsidentin der Philipps-Universität, Prof. Dr. Katharina Krause, „denn noch immer sind Frauen in der Wissenschaft unterrepräsentiert, vor allem in naturwissenschaftlichen Fächern. Mit dem Frauenförderpreis setzen wir ein wichtiges Zeichen für die Gleichstellung. Ich gratuliere der Preisträgerin und den Preisträgern sehr herzlich und bedanke mich für ihre Tatkraft.“ Der Dank der Präsidentin ging auch an den Beirat des Frauenförderpreises.

Prof. Dr. Katja Becker erhält die Auszeichnung für die Stärkung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen und der Förderung von weiblichen Führungskräften in der Medizin. Prof. Dr. Dominik Heider wird dafür ausgezeichnet, Hemmschwellen bei naturwissenschaftlichen Fächern abzubauen und Dr. Pierre Hecker erhält den Preis für sein Engagement bei der Unterstützung gefährdeter systemkritischer Wissenschaftlerinnen in der Türkei.

„Die drei Felder, die die Preisträgerin und die Preisträger abdecken, sind sehr unterschiedlich und gerade deswegen für die Gleichstellung gleichermaßen wichtig“, betonte Dr. Nina Schumacher, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Universität Marburg. Sie fügte hinzu: „Das gesellschaftspolitische Engagement gegen antidemokratische und antifeministische Tendenzen, die Stärkung von Frauen in Führungspositionen und die Förderung von Naturwissenschaftlerinnen sind mehr denn je notwendig, um Gleichstellung zu erreichen.“

Den Festvortrag zum Thema „Institutional Diversity/Diversität institutionalisieren? Das Trilemma der Gleichstellungsarbeit in hyperdiversen, postmigrantischen und postkolonialen Gesellschaften“ hielt Prof. Dr. Maisha Maureen Auma. Die Erziehungswissenschaftlerin und Geschlechterforscherin betonte, um Gleichstellung zu erreichen, sei es notwendig, institutionelle Diskriminierung aufzuzeigen, ihre Ursachen zu benennen und sie ihrer vermeintlichen Gleichheit zu entkleiden. „Gleichstellungsarbeit zielt darauf ab, Teilhabe zu erwirken. Dazu gehört auch, dass weniger Menschen mit Diversitätswissen aus dem System aussortiert werden, und so in Positionen kommen können, in denen sie mitgestalten können. Demarginalisierung, Differenz und Empowerment sind unerlässlich für die Gleichstellungsarbeit“, sagte Auma.  

Prof. Dr. Maisha Maureen Auma ist seit 2008 Professorin für Kindheit und Differenz (Diversity Studies) an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Aktuell ist sie DiGENet Audre Lorde Gastprofessorin für Intersectional Diversity Studies der Berlin University Alliance am Standort TU Berlin. Zu Aumas Forschungsschwerpunkten gehören unter anderem Diversität in Bildungsmaterialien in Ost- und Westdeutschland, Sexualpädagogisches Empowerment für Schwarze Menschen und People-of-Color in Deutschland, Kritische Weißseinsforschung, Anti-Blackness sowie Kindheitsforschung. Sie ist seit 1993 aktiv bei der Schwarzen feministischen Selbstorganisation Generation Adefra, Schwarze Frauen* in Deutschland.

Die Preisträgerin und die Preisträger

Prof. Dr. Katja Becker

Katja Becker ist seit 2008 Professorin für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg und Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Sie engagiert sich für die Förderung von Frauen auf vielen Ebenen. Zum Beispiel wird für Frauen, die aus familiären Gründen in Teilzeit arbeiten möchten, nach Lösungen gesucht, wie sie ihre Leitungsfunktion möglichst behalten können – in der Medizin auch heute noch keine Selbstverständlichkeit. Becker hat individuelle Beratungsmöglichkeiten und eine Lehrveranstaltung zum Thema „Karriere mit und ohne Kind“ ins Leben gerufen und ist eine wichtige Ratgeberin auch für künftige Chefärztinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Als Mentorin des Deutschen Ärztinnenbundes unterstützt sie darüber hinaus Mentees in ihren unterschiedlichen Karrierestufen.

Prof. Dr. Dominik Heider

Dominik Heider leitet seit 2016 die Arbeitsgruppe Data Science in der Biomedizin am Fachbereich Mathematik und Informatik der Universität Marburg. Für die Förderung von Frauen in den Naturwissenschaften hat er zum Beispiel das Programm „Women in Science“ ins Leben gerufen, das Absolventinnen zum Schritt in Richtung Forschung ermutigen soll. In seiner eigenen Arbeitsgruppe fördert Heider aktiv den Frauenanteil. Sowohl auf Postdoc-Ebene als auch bei den Promovierenden beträgt dieser 50 Prozent. Der Anteil an weiblichen Mitarbeiterinnen ist damit überproportional, verglichen mit den anderen Arbeitsgruppen des Fachbereichs, womit Dominik Heider auch für seine Kolleginnen und Kollegen ein Vorbild ist.

Dr. Pierre Hecker

Pierre Hecker ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Islamwissenschaft am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) der Philipps-Universität. Er leitete das deutsch-türkische Forschungsprojekt „Atheism & The Politics of Culture in Contemporary Turkey“ und setzt sich in besonderer Weise für türkische Wissenschaftlerinnen ein. Von Repressalien sind vor allem Frauen betroffen, die sich im Rahmen der Petition „Akademiker*innen für den Frieden“ („Academics for Peace“) engagiert haben. Viele wurden aus dem Universitätsdienst entlassen, strafrechtlich verfolgt und als angebliche Terrorhelferinnen stigmatisiert. So wird den Frauen einerseits ihre Lebensgrundlage und soziale Sicherheit entzogen und andererseits systemkritische Genderforschung, die viele Wissenschaftlerinnen betrieben haben, unterbunden.

Hintergrund: Frauenförderpreis der Philipps-Universität

Ausgezeichnet werden Mitglieder oder Angehörige der Universität Marburg, die sich in besonderer Weise für die Förderung von Frauen im wissenschaftlichen oder nichtwissenschaftlichen Bereich engagiert haben. Die Auszeichnung ist mit 2.500 Euro dotiert und wird seit 1998 alle zwei Jahre vergeben. Die feierliche Verleihung des Preises 2020 konnte aufgrund der Coronavirus-Pandemie nicht stattfinden. 

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