01.08.2024 Biomarker für Schweregrad bei Lungenentzündungen entdeckt

Marburger Forschende: Die Anzahl bestimmter weißer Blutkörperchen weisen auf die Schwere des Krankheitsverlaufs hin

Porträts Dr. Barbara Weckler und Prof. Dr. Bernd Schmeck
Foto: Anna Lena Jung
Dr. Barbara Weckler (links) aus der Gruppe von Prof. Dr. Bernd Schmeck untersuchte den Zusammenhang von Eosinophilenanzahl und Krankheitsverlauf bei ambulant erworbener Lungenentzündung.

Eine Lungenentzündung ist bei einer rechtzeitigen Diagnose gut behandelbar. Dennoch stellen in Deutschland Lungenentzündungen die häufigste infektionsbedingte Todesursache dar. Bislang hat die Forschung noch keinen guten Risikomarker, etwa einen messbaren Blutwert, gefunden, der die Vorhersage eines schweren Krankheitsverlaufs ermöglicht. Eine solche Vorhersage könnte helfen, Risikopatient*innen frühzeitig zu identifizieren und so durch enge Überwachung und Erfassung von Komplikationen die Überlebenschancen von Menschen mit Lungenentzündung zu verbessern. In ihrer aktuellen Studie haben Wissenschaftler*innen um Dr. Barbara Weckler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Bernd Schmeck vom Institut für Lungenforschung der Philipps-Universität Marburg zusammen mit weiteren Teams der Universitätsmedizin sowie des Deutschen Zentrums für Lungenforschung die Eosinophilenzahl im Blut als potenziellen Risikomarker für einen schweren Krankheitsverlauf untersucht. Und sind fündig geworden: Eine geringe Eosinophilenzahl geht mit schweren Verläufen und höherer Sterblichkeit einher. Eosinophile stellen eine Untergruppe der Leukozyten im Blut dar – den weißen Blutkörperchen – und sind an der Immunabwehr beteiligt, etwa bei Allergien oder der Bekämpfung von Parasiten. Sie können mittels Blutabnahme relativ einfach gemessen werden. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden im Fachmagazin „CHEST“.

Für die Studie wurden Daten von 6.748 erwachsenen Patient*innen mit außerhalb des Krankenhauses erworbener Lungenentzündung analysiert, die zwischen 2009 und 2020 in fünf Universitätskliniken behandelt wurden. Sie wurden in eine Gruppe mit niedrigeren und eine mit höheren Eosinophilenzahlen unterteilt. Zwischen diesen beiden Gruppen wurden Sterblichkeit, Notwendigkeit der künstlichen Beatmung, Risiko der Sepsis (eine überschießende Abwehrreaktion des Körpers, die zu Gewebe- und Organschäden führt und häufig tödlich endet), Dauer des Krankenhausaufenthalts und Zeit bis zum Tod im Krankenhaus verglichen.  

In der Patientengruppe mit den niedrigeren Eosinophilenzahlen war die Sterblichkeit im Krankenhaus, die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung und das Risiko für eine Sepsis signifikant erhöht. Außerdem benötigten die Patient*innen mit den niedrigen Eosinophilenzahlen mehr Zeit, bis sie aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten. Auch fiel auf, dass Patient*innen auf der Gruppe mit den niedrigen Eosinophilenzahlen schneller im Krankenhaus starben.

Die Daten legen nahe, dass sich anhand der Eosinophilenzahl die Schwere der Lungenentzündung vorhersagen lässt. „Das Ziel ist es, die Prognose von Hochrisikopatient*innen mit niedrigen Eosinophilenzahlen möglicherweise durch frühzeitige Überwachung und Therapieanpassung zu verbessern“, so Dr. Weckler. Für die Umsetzung in den klinischen Alltag ist noch weitere Forschung nötig: So müssen beispielsweise die genauen Mechanismen, durch die die Eosinophilenzahl das Fortschreiten und den Ausgang der Lungenentzündung beeinflusst, weiter untersucht werden. 

Originalveröffentlichung: Weckler BC, Pott H, Race A, Jugkaeo N, Karki K, Ringshandl S, Seidemann C, Schöndorf I, Renz H, Fähndrich S, Jung AL, Bertrams W, Makoudjou A, Zöller D, Finotto S, Schild S, Seuchter SA, Rohde G, Trinkmann F, Greulich T, Vogelmeier CF, Schmeck B, Eosinopenia as predictor of disease severity in patients with community-acquired pneumonia: an observational study, CHEST (2024), doi: https://doi.org/10.1016/j.chest.2024.05.041.

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