20.11.2024 Einmal tief Luft holen mit Mareike Lehmann

Die Lungenkrankheit COPD gilt als unheilbar – Die Biomedizinerin Mareike Lehmann forscht dagegen an

Portrait von Mareike Lehmann
Foto: Anna Lena Jung
Prof. Dr. Mareike Lehmann erforscht am Institut für Lungenforschung die Selbstheilungskräfte der Lunge.

Heute ist der Welt-COPD-Tag. COPD steht für chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und ist die dritthäufigste Todesursache weltweit. In Deutschland ist im Durchschnitt jeder neunte Erwachsene über 40 Jahren davon betroffen. Das heißt, wir kennen alle jemanden, der unter dieser Erkrankung leidet. Die Patient*innen sind teilweise sehr eingeschränkt, sind auf extra Sauerstoff angewiesen und die kleinsten Tätigkeiten strengen sie sehr an. Und das Schlimmste: Wir können diese Erkrankung bis heute nicht heilen, sondern nur Symptome lindern. Mareike Lehmann, Professorin für translationale Entzündungsforschung am Institut für Lungenforschung möchte das ändern. Wir fragen nach:

Frau Lehmann, wie schlimm ist COPD?

 COPD ist eine schwere Lungenerkrankung, bei der die Atemwege dauerhaft verengt sind. Betroffene haben oft Husten, Atemnot und bekommen leicht Infektionen; die Krankheit wird mit der Zeit schlimmer und kann das Leben stark einschränken. Und bis heute ist die Erkrankung unheilbar.

Beschreiben Sie uns mal eine COPD-Lunge plastisch?

Eine COPD-Lunge zeigt dramatische, das gesamte Gewebe betreffende Veränderungen. Äußerlich ist sie oft dunkelgrau bis fast schwarz verfärbt, besonders bei Rauchern. Die ursprünglich zarte, rosafarbene Struktur einer gesunden Lunge ist einer verdickten, steifen Oberfläche gewichen.

Beim Aufschneiden sind häufig große, sackartige Löcher sichtbar, verursacht durch die Zerstörung der Alveolenwände, wodurch die Oberfläche für die Sauerstoffaufnahme massiv reduziert wird. Die Atemwege sind verengt und voller Schleim, was die Atmung zusätzlich erschwert. Insgesamt verliert die Lunge ihre Elastizität und kann sich nicht mehr richtig zusammenziehen, ähnlich wie ein ausgeleierter Luftballon.

Die Heilungschancen sind gering. Mit der COPD-geschädigten Lunge geht es stehts bergab. Wie wollen Sie das kurieren?

 COPD ist bisher unheilbar, und derzeit können wir nur die Symptome lindern. Eine Lungentransplantation ist im Endstadium möglich, aber Spenderlungen sind rar, und die Nebenwirkungen sind erheblich.

Wir wollen jetzt einen alternativen Weg gehen und die Selbstheilungskräfte der Lunge aktivieren, die bei COPD verloren gehen. Dazu möchten wir Veränderungen in den Lungenstammzellen rückgängig machen, um die Regeneration der Lunge zu fördern.

Forschung ist das eine, ein Medikament oder eine Therapie ist das andere. Wie lange müssten wir noch warten?

 Es ist sicher richtig, es dauert oft eine Weile, bis Forschungsergebnisse den Patienten zugutekommen. Um diese Zeit zu verkürzen, testen wir das Potenzial neuer Ansätze direkt an menschlichem Gewebe und Patientenproben. Der Einsatz dreidimensionaler Lungenmodelle bringt uns dabei nah an die Patientensituation heran. In den USA wurden solche Modelle bereits als Tierversuchsalternative anerkannt, und wir hoffen auf eine baldige Zulassung auch in Deutschland, um Forschungsergebnisse schneller zu den Patienten zu bringen.

Ist COPD zwangsläufig? Was ist die beste Prävention?

COPD entsteht durch genetische und Umweltfaktoren wie Rauchen und Luftverschmutzung. Auch Lungenschäden im jungen Alter erhöhen das Risiko. Ein gesunder Lebensstil – gute Ernährung, saubere Luft, Bewegung und Nichtrauchen – hilft, das Risiko zu senken. Da jedoch nicht jeder Zugang zu sauberer Luft hat, sind auch politische Maßnahmen nötig. Trotzdem wird COPD nicht vollständig vermeidbar sein, weshalb unsere Forschung sich auf die Früherkennung von Risikopersonen und gezielte Prävention konzentriert.

COPD ist ein globales Gesundheitsproblem, das internationale Empfehlungen und innovative Präventionsansätze erfordert. Mit dem internationalen Netzwerk COPD-iNET und nationalen Strukturen wie dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) stärken wir die Zusammenarbeit, um die Forschung weltweit zu beschleunigen und zu bündeln.

Welches Umfeld bietet Ihnen da die Uni Marburg?

Die Universität Marburg bietet für die COPD-Forschung ein ausgezeichnetes Umfeld, da sich starke klinische Forschung und starke Grundlagenforschung vereinen. Dies versetzt uns in die besondere Lage, echte translationale Forschung zu machen, da Kliniker*innen und Grundlagenwissenschaftler*innen sich an einen Tisch setzen, um den Patienten zu helfen.  

 Die Fragen stellte Martin Schäfer.

Weitere Informationen:
Deutsches Zentrum für Lungenforschung
COPD-Netzwerk

Kontakt