05.09.2024 Uni Marburg schafft das Forschungs-Triple

Gleich drei große Forschungspreise gehen an Marburger Nachwuchsforscherinnen aus Mikrobiologie und Psychologie

Gruppenfoto der drei Forscherinnen Julia Kurth - Judith Klatt - Mareike Grotheer
Foto: Jan Bosch
Die drei Forscherinnen (v.l.n.r.) Julia Kurth, Judith Klatt, Mareike Grotheer erhalten einen ERC Starting Grant, die höchste europäische Forschungsauszeichnung für junge Forschende.

Julia Kurth: Mikrobiologie. Judith Klatt: Mikrobiologie. Mareike Grotheer: Psychologie [SM1] – gleich dreimal gehen Forscherinnen der Uni Marburg aus der jüngsten Förderrunde des Europäischen Forschungsrats (ERC) erfolgreich hervor. Alle drei Nachwuchsforscherinnen erhalten einen sogenannten ERC Starting Grant, der die Preisträgerinnen über einen Zeitraum von fünf Jahren mit im Schnitt 1,5 Millionen Euro ausstattet. Ziel ist es, junge Forschende mit innovativen Ideen beim Aufbau einer Arbeitsgruppe zu unterstützen. An der Uni Marburg untersuchen die Mikrobiologinnen Julia Kurth und Judith Klatt im Forschungszentrum Mikrokosmos Erde die klimarelevanten Stoffkreisläufe der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan sowie des Luftsauerstoffs. Und die Psychologin Mareike Grotheer macht sich auf die Spur des Lernens im menschlichen Gehirn.

„Wir sind begeistert, dass mit dem ERC Grant gleich drei junge Nachwuchsforscherinnen hier an der Uni Marburg ihre tollen Forschungsideen umsetzen können. Das zeigt die Stärke unserer Profilbereiche Mikrobiologie, Biodiversität, Klima sowie Geist, Gehirn, Verhalten und macht die Expertise der Philipps-Universität sichtbar, die sie gerade auch in zwei Exzellenzclusteranträgen einbringt“, sagt Prof. Dr. Thomas Nauss, Präsident der Philipps-Universität Marburg.

Faszination Stoffwechsel

Im Forschungsprojekt der Mikrobiologin Dr. Julia Kurth soll untersucht werden, welche bislang übersehenen oder auch versteckten Substanzen zur Bildung der Treibhausgase Methan und CO2 führen. Hierzu identifiziert und charakterisiert die Forscherin die Enzymsysteme, die diese Substanzen umwandeln. Daraufhin schaut sich ihre Arbeitsgruppe an, welche Mikroorganismen diese Enzymsysteme besitzen und erforscht deren Stoffwechsel. Zudem untersucht die Nachwuchsgruppe, in welchen Ökosystemen diese Prozesse ablaufen und welche mikrobiellen Netzwerke beteiligt sind. „Vor kurzem wurde beispielsweise beschrieben, dass auch Holzverbindungen eine Rolle bei der mikrobiellen Methanproduktion spielen. Das beteiligte Enzymsystem haben wir bereits identifiziert und charakterisiert“, sagt die Forscherin. Mit dem ERC Starting Grant stehen ihr und ihrer Arbeitsgruppe über fünf Jahre rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Faszination Erdgeschichte

Woher stammt der Sauerstoff, den wir täglich zum Atmen brauchen? Um dies zu verstehen, blicken Forschende weit in die Vergangenheit der Erde zurück. „Die Geologie spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Biologie“, erklärt die Mikrobiologin Dr. Judith Klatt, die zur Erforschung dieser Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit einem ERC Starting Grant über 1,77 Millionen Euro über fünf Jahre ausgezeichnet wird. Im Zentrum der Forschungsarbeit steht der Zusammenhang zwischen dem Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), mikrobiellen Prozessen wie Photosynthese und dem Anstieg des Luftsauerstoffs. Das erste Leben in Form von Mikroorganismen entwickelte sich in der Abwesenheit von Sauerstoff. Seitdem haben diese winzigen Lebewesen in den Ozeanen über geologische Zeiträume hinweg unsere Atmosphäre zu dem gemacht, was sie heute mit ihren rund 21 Prozent Luftsauerstoff ist. In der frühen Erdgeschichte sahen aber alle Prozesse in den Ozeanen ganz anders aus, da es die heutigen, entwickelten Lebewesen wie Tiere und Pflanzen noch nicht gab. „Ich bin auf der Suche nach den mikrobiellen und geochemischen Mechanismen in den frühen Ozeanen, die den Sauerstoffgehalt unserer Atmosphäre reguliert und über ein Niveau getrieben haben, das die Evolution von komplexen Organismen wie uns überhaupt ermöglichte“, sagt die Forscherin. Dazu simuliert sie die Prozesse in frühen Ozeanen im Labor.

Faszination Lernen

Die Neurowissenschaftlerin Dr. Mareike Grotheer erforscht den Zusammenhang von Lernen und den strukturellen wie auch funktionellen Eigenschaften des sich entwickelnden Gehirns. In vielen Lernprozessen spielt die Substanz Myelin im Gehirn eine wichtige Rolle. Sie umhüllt die Verbindungen zwischen Gehirnzellen (Neuronen) und ist entscheidend für das plastische Verhalten des Gehirns. Mit neuesten Verfahren wie der Magnetresonanztomografie (MRT, englisch: MRI) wollen die Forschenden um Grotheer herausfinden, wie das Myelin Lern- und Reifungsprozesse im Gehirn beeinflusst. Dazu wollen die Forschenden gewissermaßen live in das Gehirn von Testpersonen hineinschauen. „Wir wollen hier nicht nur Erwachsene untersuchen, sondern auch Babys, die gerade zu Krabbeln anfangen, und Kinder, die Jonglieren oder eine neue Sprache lernen. Hierdurch wollen wir aufdecken, wie sich die neuronalen Grundlagen von Lernprozessen über die menschliche Entwicklung hinweg verändern“, sagt Mareike Grotheer. Sie erhält mit dem ERC Starting Grant 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre.

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