13.06.2024 Geschlechterforschung quer durch die Disziplinen verankern

Forschende diskutieren Zukunft der Marburger Gender Studies mit Wissenschaftsrat

Ein Mann mit Stift in der Hand blickt auf ein großformatiges Papier mit einer zeichnerischen Darstellujng des Diskussionsverlaufs.
Foto: Stefanie Riedasch
Graphic Recorder Pavo Ivkovic dokumentierte die Diskussion zeichnerisch.

Als multi- und interdisziplinäres Forschungsfeld, das sich mit allen Fragen von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen befasst, sind die Gender Studies besonders breit aufgestellt. Die hier gewonnen Erkenntnisse sollten daher auch in nicht-geistes- und sozialwissenschaftliche Disziplinen ganz grundlegend Eingang finden – zu diesem Ergebnis kommen die „Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Weiterentwicklung der Geschlechterforschung in Deutschland“. Grund genug, auch in Marburg einen genaueren Blick auf die strukturellen Voraussetzungen der Gender Studies zu werfen: Auf Einladung des Zentrums für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung und der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten diskutierten Forschende verschiedener Fächer mit Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze die Empfehlungen, um die Chancen künftiger Geschlechterforschung an der Philipps-Universität auszuloten.

Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze erläutert die Empfehlungen des Wissenschaftsrates.
Foto: Stefanie Riedasch
Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze erläutert die Empfehlungen des Wissenschaftsrates.

„Die größte Dynamik in dem Feld sehe ich in der Medizin, eingebettet in ihren gesellschaftlichen Kontext, und in der Stärkung der Forschungsinfrastruktur – da spielt die Musik“, so Szöllösi-Janze, Leiterin der vom Wissenschaftsrat eingesetzten Arbeitsgruppe zur Begutachtung der Geschlechterforschung. „Unsere Forschungsaktivitäten auch in den naturwissenschaftlichen und medizinischen Fächern zu einem festen Bestandteil zu machen, danach streben unsere Mitglieder schon lange“, sagt Matti Traußneck, stellvertretende Geschäftsführerin des Zentrums für Gender Studies. „Dabei kommt es vor allem auf die Synergieeffekte von sozial- und geisteswissenschaftlicher Herangehensweise und den Experimentalwissenschaften an. Gemeinsames Wissen kann hier besonders gut Forschungslücken schließen und zugleich durch die breite Verankerung die Geschlechterforschung langfristig stärken.“

Einen weiteren Aspekt eröffnet das vom BMBF-geförderte Projekt „EnRich“, dessen Ziel es ist, Forschende aller Fachgebiete der Philipps-Universität Marburg zu befähigen, Geschlechter- und Diversitätsdimensionen systematisch in Forschungskonzepte integrieren zu können, sowie Auswirkungen möglicher fehlender Aspekte während des gesamten Forschungsprozess zu überprüfen. „Wir starten in der Medizin und verfolgen das Ziel, dieses Angebot sukzessive in der Universität auszurollen. In den Naturwissenschaften sind ganz praktische Aspekte von Geschlechtlichkeit zu berücksichtigen, die für die Beantwortung von Forschungsfragen eine Rolle spielen – die systematische Sensibilisierung für Gender- und Diversitätsaspekte hat daher das Potential, die Forschungsqualität in allen Fächern positiv zu unterstützen“, erläutert die Vizepräsidentin für Chancengleichheit Prof. Dr. Sabine Pankuweit. Die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Ursula Birsl ergänzt: „Ein standardmäßiges unterstützendes Angebot zur Implementierung etwaiger Gender Aspekte in allen Forschungsbereichen der Universität – so stellen wir uns die geschlechter- und diversitätssensible Forschung in der ganzen Breite der Philipps-Universität künftig vor.“

Der Wissenschaftsrat ist das älteste wissenschaftspolitische Beratungsgremium in Europa und begutachtet in regelmäßigen Abständen Fachkulturen und Hochschulstrukturen des deutschen Wissenschaftssystems. Nach einer intensiven Erhebungsphase zum Stand der Geschlechterforschung in Deutschland erschienen 2023 die Empfehlungen zu ihrer Weiterentwicklung. An der Philipps-Universität besteht mit dem Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung seit 2001 eine dauerhafte Geschlechterforschungseinrichtung. Das Vorhaben „EnRich – Umsetzung des Zukunftskonzepts für eine geschlechtersensible Forschung an der UMR“ wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01FP23G09 gefördert.

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