21.01.2025 Marburger Kamerapreis 2025 geht an Caroline Champetier
Mit 5.000 Euro dotierter Preis der Universität und der Stadt Marburg wird am 30. April verliehen
Kinobesuche waren in ihrer Jugend nur selten – dafür umso prägender. Heute prägt sie andere mit ihren Werken: Die in Frankreich geborene Bildgestalterin Caroline Champetier erhält den Marburger Kamerapreis 2025. Verliehen wird der Preis am 30. April.
„Im Kino findet Magie statt. Caroline Champetier ist eine der Magierinnen, die seit mehr als 40 Jahren dafür sorgt, dass Menschen besondere, fantastische und prägende Momente im Kino erleben können“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bei der Bekanntgabe der Preisträgerin 2025. „Sie gibt damit auch etwas zurück, denn sie selbst berichtet, wie sehr sie das Kino in ihrer Jugend geprägt hat.“
„Die enorme Produktivität von Caroline Champetier zeigt sich nicht nur in der Zahl der mehr als 100 Filme, bei denen sie seit Ende der 1970er Jahre als Bildgestalterin beteiligt war, sondern auch in der Zusammenarbeit mit einer Fülle unterschiedlicher Regisseurinnen und Regisseure. In dieser Vielfalt hat sie sich stets eine humanistische Haltung bewahrt, die sich in der Auswahl der Projekte ebenso zeigt wie in der ästhetischen Gestaltung", sagt der organisatorische und inhaltliche Leiter des Kamerapreises, Prof. Dr. Malte Hagener.
Ihre Fähigkeit, sich visuell stets neu auszudrücken, macht sie zu einer der vielseitigsten Kamerafrauen Europas. Gewürdigt wurde dies bereits 2023 mit der Verleihung der Berlinale Kamera auf dem Filmfestival in Berlin, nun folgt der mit 5000 Euro dotierte Marburger Kamerapreis, dessen Verleihung am 30. April um 20 Uhr im Cineplex in die Marburger Kameragespräche eingebettet ist. Bei diesen steht die Preisträgerin für Diskussionen über ihre Arbeit zur Verfügung.
„Caroline Champetier prägt seit mehr als 40 Jahren das europäische und insbesondere französischsprachige Kino wie kaum eine andere Bildgestalterin“, heißt es in der Begründung der Jury. Dabei schlage sie eine Brücke zwischen Filmschaffenden der französischen Nouvelle Vague wie Jean-Luc Godard, Jacques Rivette und François Truffaut und einer neuen Generation von Filmschaffenden und insbesondere weiblichen Regisseurinnen wie Christine Angot, Anne Fontaine und Ounie Lecomte.
Zu ihren bekannten Arbeiten zählen unter anderem die Filme „Hanna Arendt“ von Margarethe von Trotta und „Die Witwe Clicquot“ von Thomas Napper. Mit den Regisseuren Xavier Beauvois, Leos Carax, Jacques Doillon, Philippe Garrel und Benoît Jacquot hat sie im Laufe ihrer Karriere besonders häufig zusammengearbeitet.
Gemeinsam mit dem Kameramann William Lubtchansky hat die Preisträgerin 1981 ihren ersten Spielfilm „Le pont de nord“ unter der Regie von Jacques Rivette realisiert. Sie war eine seiner Kameraassistentinnen bei Claude Lanzmanns „Shoa“ (1985), bevor sie bei Lanzmanns späteren Filmen wie „16 Heures“ (2001) und „Le dernier des injustes“ (2013) selbst als Director of Photography fungierte. „Lanzmanns Dokumentarfilme über den Holocaust bewahren einen dokumentarisch anmutenden Blick, der die beobachtende Distanz bevorzugt, in langen Einstellungen zum Ausdruck kommt und nicht vorschnell einzugreifen versucht“, hebt die Jury hervor.
Im Laufe ihrer Karriere hat Champetier dann die Bildgestaltung für über 140 Spiel- und Dokumentarfilme sowie Serien übernommen. Besondere Anerkennung fanden ihre Arbeiten mit Regisseur Leos Carax, darunter „Tokyo!“ (2008), „Holy Motors“ (2012) und „Annette“ (2021), die mehrfach ausgezeichnet wurden. „Die Regisseure, mit denen ich arbeite, gehören ganz unterschiedlichen Generationen an“, sagt die Preisträgerin. Allen gemeinsam sei, dass sie Autoren sind, „das ist sozusagen meine Nische.“ Regie-Ikone Jean-Luc Godard, einer der berühmtesten Vertreter der Nouvelle Vague, habe ihr das Sehen beigebracht, „er hat mir beigebracht, dass ein Bild nicht nur etwas ist, das ich auf eine Leinwand projiziere, sondern auch etwas, das ich empfange: ein bestimmter Zustand des Lichts, eine Landschaft, ein Raum, von denen ich ausgehe und dann entscheide, ob ich Licht hinzufüge oder etwas nicht ausleuchte.“
Die Kameraarbeiten von Caroline Champetier scheinen in der Tradition eines sozialen Realismus zu stehen. Deutlich wird das laut Jury daran, dass viele ihrer Filme auch Milieustudien sind. Hinzu kommen behutsame Kameraschwenks und Parallelfahrten aus sicherer Distanz. Im Kontrast dazu stehe Champetiers Wechsel zur Handkamera, die das Geschehen dynamisiert und von einer bevorstehenden Bedrohung zeugen kann.
Das Schaffen der Preisträgerin mache sich die gesamte Bandbreite an bildgestalterischen Möglichkeiten zunutze, begründet die Jury des Kamerapreises ihre Entscheidung. Der beobachtende Blick ihrer Kamera sei stets Ausgangspunkt für filmische Erkundungen.
Hintergrund
Der Marburger Kamerapreis wird seit 2001 vergeben. Die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg vergeben den Marburger Kamerapreis in diesem Jahr zum 24. Mal. Ziel ist es, diejenigen zu würdigen, die das zentrale Element des Films, das Bild, schaffen und oft zu Gunsten von Schauspieler*innen und Regisseur*innen in den Hintergrund treten. Bei den jährlichen Marburger Bild-Kunst Kameragesprächen steht daher die Bildgestaltung im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Caroline Champetier nimmt den Preis am Mittwoch, 30. April, entgegen. Vom 30. April bis 2. Mai finden die 26. Bild-Kunst Kameragespräche rund um die Preisvergabe in den Filmkunsttheatern im Capitol Marburg statt.
Dotiert ist der Marburger Kamerapreis mit 5.000 Euro. Das Preisgeld wird anteilig von der Sparkasse Marburg-Biedenkopf gestiftet. (Pressetext: Gemeinsame Pressemitteilung der Stadt und der Universität Marburg)
Weitere Informationen gibt es unter www.marburger-kamerapreis.de.