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Modell- und Demonstrationsvorhaben im Bereich der Erhaltung und innovativen nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt:
„Revitalisierung und ökologische Aufwertung bodensaurer Magerrasen durch die Anreicherung und nachhaltige Nutzung der Heilpflanze Arnica montana“
Besonders artenreich und mit einem hohen Anteil an schützenswerten Arten sind die extensiv bewirtschafteten Grünlandflächen und hier insbesondere die Magerrasen. Diese stellen die ältesten landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen in Deutschland dar, denn sie sind zumeist unmittelbar aus der Hut-Viehweide (11.500 v.Chr.) hervorgegangen und ihre Nutzungsart als Weide- und Mahdwiese hat bis in unsere heutige Zeit überdauert.
Beginnend mit der Mechanisierung der Landwirtschaft ab 1890, dem zunehmenden Einsatz von Düngemitteln ab 1920, dem Flurbereinigungsgesetz von 1953, gefolgt durch die verstärkte Industrialisierung der Landwirtschaft ab den 1960er Jahren und dem dadurch bedingten und stetig anwachsenden Einsatz von Pestiziden sowie durch den anhaltenden wirtschaftlichen Druck des globalen Marktes, geht die Bewirtschaftung dieser ertragsarmen Magerrasenflächen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zurück.
Heutzutage ist aufgrund der geringen Biomasseerträge eine ökonomisch tragfähige Nutzung von Magerrasenflächen kaum noch gegeben. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass der Flächenanteil von artenreichem Magergrünland am Dauergrünland in Deutschland mittlerweile auf unter 4% gesunken ist.
Die kontinuierlich abnehmende Flächengröße dieser mageren Standorte wirkt sich sehr negativ auf die Funktion komplexer ökologischer Netzwerke aus.
Die minimale Flächengröße für den Erhalt der komplexen und über viele Jahrhunderte entstandenen Beziehungsgefüge zwischen den Pflanzen, Insekten, Amphibien, Reptilien und Vögeln wurde auf vielen der von uns (Botanischer Garten Marburg) bundesweit in den letzten 15 Jahren untersuchten Magerrasenflächen bereits deutlich unterschritten.
Mit zunehmender Unternutzung und Verbrachung schwindet der Blütenpflanzen-reichtum auf den Magerrasenflächen und damit auch die Nahrungs- und Lebens-grundlage von zahlreichen Wildinsekten.
Diese Entwicklung ist auch aus landwirtschaftlicher Sicht sehr problematisch, da viele dieser Insektenarten für eine optimale Bestäubung von zahlreichen Nutzpflanzen unentbehrlich sind und zwar unabhängig von der Abundanz der Honigbiene, was anhand von wissenschaftlichen Publikationen in den letzten Jahren sehr gut belegt werden konnte.
Weltweit betrachtet sind etwa 70% der meistproduzierten Nutzpflanzenarten auf eine Insektenbestäubung angewiesen, insbesondere wenn ein maximaler Fruchtansatz realisiert werden soll. Laut einer TEEB-Studie aus 2010 beträgt ihr Anteil an der Weltwirtschaft ca. 138 Milliarden Euro.
Neben einem ausreichenden Nahrungsangebot ist auch ein weitgehend ungestörter Lebensraum für die Ansiedlung und Entwicklung von bestäubungsrelevanten Insekten entscheidend. Durch die späte landwirtschaftliche Nutzung der Magerrasen (Spätsommer/Herbst) erfüllt das extensiv genutzte Magergrünland dieses wichtige Kriterium.
Ohne den Erhalt und die Wiederherstellung von unternutztem bis verbrachten Magergrünland, kann dem dramatischen Insektenschwund und dem damit unmittelbar zusammenhängenden Qualitäts- und Quantitätsverlust in der landwirtschaftlichen Nahrungspflanzenproduktion nicht entgegengewirkt werden.
Aus den dargelegten Gründen wird ersichtlich, dass die bundesweit wie auch EU-weit schützenswerten bodensauren Magerrasen einen sehr hohen ökologischen und ökonomischen Wert besitzen. Letztendlich können diese Flächen aber nur durch eine kontinuierliche extensive landwirtschaftliche Nutzung erhalten werden. Die hierfür notwendige Nutzung und Pflege kann aber nur dann von den Bewirtschafter/innen realisiert werden, wenn für diese eine ökonomisch tragfähige Nutzungsperspektive eröffnet wird. Leider reichen die derzeit in Deutschland für den Erhalt von extensivem Grünland bestehenden Förderleistungen als Aufwandtsentschädigung bei weitem nicht aus. Die Folge ist der weiterhin zu verzeichnende anhaltende Rückgang von Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert in Deutschland.
Das primäre Ziel des Projektvorhabens besteht deshalb darin, ertragsarme bodensaure Magerrasenflächen durch ein passgenaues Flächenmanagement und durch eine zusätzliche Anreicherung ihrer Charakterart, der Heilpflanze Arnica montana, derart aufzuwerten, dass eine deutlich verbesserte ökonomisch Nutzung dieses Grünlandtyps, bei einer gleichzeitigen deutlichen Steigerung der Artenvielfalt (Pflanzen & Tiere), ermöglicht wird. Arnica montana ist eine Charakterart bodensaurer Magerrasen, was letztendlich bedeutet, dass durch ihren Erhalt auch alle anderen für diesen Lebensraum typischen Pflanzen und mit ihnen assoziierten Insekten (insbesondere Hummeln), Amphibien, Reptilien und Vögel erhalten bzw. in ihrem Bestand gefördert werden.
Eine auf Arnica montana abgestimmte Flächenpflege führt deshalb zu einer deutlichen qualitativen Verbesserung des krautigen Pflanzenbestandes und damit auch zu einem verbesserten ökonomischen Flächenwert für die Bewirtschafter/innen.
Zu den typischen Begleitarten von Arnica montana zählen beispielsweise die Medizinalpflanzen Thymus pulegioides, Galium verum, Veronica officinalis oder Betonica officinalis.
Diese Pflanzen enthalten zahlreiche sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe (Flavonoide, Bitterstoffe, Gerbstoffe, ätherische Öle, etc.), die eine sehr positive Wirkung auf die Tiergesundheit (z.B.: verbesserte Futteraufnahme, entzündungshemmende und antimikrobielle Wirkung, verdauungsfördernd, etc.) haben , wodurch der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung deutlich minimiert werden kann.
Zudem wird durch krautreiches Tierfutter die Milchqualität signifikant erhöht.
Letztendlich soll durch das Vorhaben aber auch gezeigt werden, dass eine landwirtschaftliche Nutzung gefährdeter Grünlandbiotope den Belangen des Naturschutzes nicht entgegensteht, sondern ganz im Gegenteil, für den langfristigen Erhalt sogar förderlich wenn nicht sogar notwendig ist.
Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) mit einer Summe von 380.000 € für 4 Jahre gefördert.