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Zentralasien Exkursion der Iranistik nach Tadschikistan und Usbekistan

Foto: Leslie Tramontini
geografische Karte mit eingezeichneter Route der Reise
Karte: google maps
Die Reiseroute führte uns durch Usbekistan und Tadschikistan

Im Mai 2024 unternahm die Iranistik eine zwölftägige Exkursion nach Zentralasien mit zwölf Studierenden verschiedener Fachrichtungen und fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Centrums für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) der Universität Marburg. Unsere spannende und äußerst abwechslungsreiche Reise führte uns nach Usbekistan und Tadschikistan.

Wir erlebten modernes Stadtleben in Taschkent und Duschanbe, wanderten an einem abgelegenen Bergsee im Fan-Gebirge, bewunderten die Ästhetik islamischer Baukunst in Samarkand und Buchara, besichtigten die Ausgrabungsstätten an den alten sogdischen Zentren Sarazm und Afrasiab und begegneten dabei vielen netten und gastfreundlichen Menschen.

Eine Schrifttafel mit einer Gedichtzeile in arabischer und kyrillischer Schrift
Foto: Vera Tsukanova
„Übersetzung“. Das tadschikische Persisch wird im kyrillischen Alphabet notiert

Ein besonderer Schwerpunkt der Reise lag darauf, sich mit der sprachlichen Situation in Tadschikistan und in Teilen Usbekistans vertraut zu machen. Diese Region Zentralasiens gehört neben Iran und Afghanistan zu den Gebieten des persischen Sprachraums und wird auch als Wiege der neupersischen Literatur bezeichnet. Hier konnten wir die tadschikische Varietät des Persischen erleben, die sich in der Kontaktzone zwischen dem iranischen, türkischen und russischen Kultur- und Sprachraum entwickelte.

Akademischer Kontext der Exkursion

Studierenden sitzen auf dem Boden im Kreis um eine Landkarte herum und hören einem Referat zu
Foto: Bianca Devos
Die thematisch vielfältigen Referate waren als akademischer Pflichtteil auch unterhaltsam

Zur Vorbereitung der mitreisenden Studierenden bot die Iranistik im Wintersemester 2023/24 das Seminar „Tadschikistan – Einführung in Geschichte, Kultur und Politik“ an, das der ausgewiesene Zentralasien-Experten Dr. Thomas Loy (Prag) leitete. In diesem Seminar und zusätzlich in unserem außercurricularen persischen Gesprächskreis Gap-o Goft setzten sich die Studierenden intensiv mit der politischen und kulturgeschichtlichen Lage Tadschikistans und Usbekistans auseinander. Während der Reise brachten die Studierenden ihr Wissen zu unterschiedlichsten Themen in Form von Referaten ein.

Auf der Reise

Tadschikistan

Foto: Bianca Devos

Unsere Reise startete und endete in Taschkent (Usbekistan). Von dort fuhren wir an die tadschikische Grenze, die wir zu Fuß überquerten, was ein Abenteuer für uns alle war. Die erste Station in Tadschikistan war in Chudschand, der Geburtsstadt des Dichters und Sufis Kamal Chudschandi (1320-1400).

Die Weiterfahrt führte uns an den beeindruckenden Gipfeln der Serafschan-Kette und des Fan-Gebirges vorbei bis zur tadschikischen Hauptstadt Duschanbe

Eine Gruppe Studierender sitzen auf einer Felsenkuppe vor einem weiten Bergpanorama
Foto: Negin Maleklou
Vor den beeindruckenden Panoramen der Serafschan-Kette und des Fan-Gebirges hielt unser Busfahrer gern für Fotostopps
Foto: Bianca Devos
Duschanbe - die Hauptstadt Tadschikistans

 

Nach einem Besuch der Tajik National State University in Duschanbe fuhren wir in die nahegelegene Stadt Hisor mit der alten Festung des Emirs von Buchara, die als historische Stätte rekonstruiert und zu einem beliebten Ausflugsziel inländischer Touristen und frisch vermählter tadschikischer Brautpaare wurde.

Foto: Leslie Tramontini
Im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen an der Universität in Duschanbe
Alte Festungsstadt
Foto: privat

Nach zwei Tagen städtischen Trubels in Duschanbe genossen wir eine kurze Auszeit am Iskanderkul-See, der inmitten des Fan-Gebirges im westlichen Pamir auf über 2000 Metern Höhe liegt.

Bergsee
Foto: Roxana Varasteh
Iskanderkul - der See, an dem Alexander der Große (Iskander) sein Pferd getränkt haben soll
Frühstückspavillon am See
Foto: Bianca Devos
Wir wären gerne länger in Iskanderkul geblieben!

 

Zum Abschluss unserer Etappe in Tadschikistan besuchten wir die Ausgrabungsstätten der sogdischen Stadt Alt-Pandschakent und die frühbronzezeitliche Siedlung Sarazm

überdachte Ausgrabungsstätte
Foto: Ursula Schorge-Weckend

Usbekistan

Der usbekische Teil unserer Exkursion begann mit der Besichtigung der geschichtsträchtigen Städte Samarkand und Buchara. Die Schönheit dieser auf der alten Seidenstraße gelegenen Städte wird in der persischen Poesie bilderreich besungen. Samarkand beeindruckte auch uns mit ihren Meisterwerken timuridischer Baukunst, die wir am Registan-Platz, in der Bibi-Chanum-Moschee und dem Gur-e Amir-Mausoleum, der Grabstätte Timurs, bestaunten.

ein Mausoleum mit blauer Kuppel
Foto: Bianca Devos
Das Gur-e Amir Mausoleum in Samarkand

Auch unter Timurs Nachfahren war Samarkand ein wichtiger Ort der Wissenschaft in der islamischen Welt, besonders unter dem Statthalter und Enkel Timurs Ulugh Beg (1394-1449). Dieser ließ in seinem Observatorium einen sechs Meter hohen Sextanten aufstellen, um die Position und Maximalhöhe der Sterne zu bestimmen.

Kupferstich mit Astromomen
Foto: Ursula Schorge-Weckend
Kupferstich: Im Observatorium von Samarkand schließt sich der Kreis zur Philipps-Universität Marburg

Im dazugehörigen Museum entdeckten wir eine Verbindung zur Universitätsstadt Marburg: Der Astronom Johannes Hevelius ließ sich im Kreise der seinerzeit weltberühmten Astromomen verewigen, zu seiner Rechten sitzen Ulugh Beg und Landgraf Wilhelm IV von Hessen-Kassel (1532-1592), der älteste Sohn unseres Universitätsgründers Philipp des Großmütigen.

Auch vorislamische Zeugnisse konnten wir in der Umgebung von Samarkand entdecken. Die ca. 750 v. Chr. gegründete Stadt mit Zitadelle Afrasiab war unter den persischen Achämeniden (6.-4. Jh. v. Chr.) die Hauptstadt der Satrapie (Provinz) Sogdien. 

Wandmalereien aus achaemenidischer Zeit im Museum von Afrasiab
Foto: Ursula Schorge-Weckend
Im Museum der Ruinenstadt Afrasiab ist ein Kunstschatz an sogdischen Wandmalereien ausgestellt.

Buchara spielte als Hauptstadt des Samaniden-Reichs (819-999 n. Chr.) eine bedeutende Rolle für die Wiederbelebung und Entwicklung des nach der islamischen Eroberung zurückgedrängten Neupersischen. Durch die besondere Förderung am Hofe der samanidischen Herrscher etablierte sich das Persische als Literatur- und Verwaltungssprache. Auch in dieser Stadt besichtigten wir bedeutende Bauwerke islamischer Architektur, darunter das formvollendet schlichte Samaniden-Mausoleum, das berühmte Poi-Kalon-Ensemble und den Ark-Palast.

Foto: Ursula Schorge-Weckend
Das Poi Kalon Ensemble in Buchara besteht aus der Kalon Moschee, dem Kalon Minarett (12. Jh.) sowie zwei Medressen

Besonders beeindruckte uns die lebendige Atmosphäre auf den Basaren und die uns entgegengebrachte Gastfreundschaft.

Zurück mit einer Schatztruhe voller Erinnerungen

Gruppe Studierender in traditionellen Kostümen
Foto: Bianca Devos
In der alten Festung Hisor durften wir traditionell tadschikische Festtagskleider anprobieren

Die Exkursion war für alle Beteiligten, sowohl Studierende als auch Mitarbeitende, ein ungemein bereicherndes und gruppenbildendes Erlebnis – eine seltene Gelegenheit seit der Pandemie. Eine enorme Bereicherung war das extrem breite Spektrum an Wissen, das die Teilnehmenden mitbrachten, und uns ein gegenseitiges Lernen ermöglichte. 

Tadschikistan faszinierte uns besonders durch seine vielfältige Natur, während die historischen Städte der Seidenstraße in Usbekistan mit ihrem kulturellen Erbe glänzten. Das Programm bot ausreichend freie Zeit, um die Städte auf eigene Faust zu erkunden, die eigenen Persischkenntnisse auszuprobieren, lokale Trends zu entdecken oder einfach die Atmosphäre zu genießen.

Die harmonische Stimmung in unserer Gruppe und die Begegnungen mit den Menschen vor Ort machten diese Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis. 

Foto: Bianca Devos
Begegnungen
Foto: Bianca Devos
Straßenmarkt: Rhabarber to go
Eine Herde Schafe auf der Bergstraße
Foto: Bianca Devos
Rushhour

 

Wir danken der Universität Marburg und dem CNMS für die finanzielle Unterstützung der mitreisenden Studierenden, die diese Reise für sie überhaupt erst ermöglicht hat.

Foto: Bianca Devos

Danke und rahmat-i kalon an alle Mitreisenden, die durch ihre gute Laune, ihr großes Interesse und ihre Aufgeschlossenheit diese Exkursion zu einem wunderbaren Gruppenerlebnis gemacht haben!