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Syndetische und asyndetische Satztypen im klassischen Arabisch
Bearbeiter: Michael Waltisberg
Für das Promotionsvorhaben habe ich einige Typen von arabischen Satzmodellen gewählt, die bisher keine eigene monographische Behandlung erfahren haben und in den einschlägigen Grammatiken meist nur kursorisch und nicht zusammenfassend abgehandelt werden. Es handelt sich um einige häufig auftretende Satzmuster, die sich dadurch auszeichnen, dass zwei Teilsätze asyndetisch miteinander verbunden sind. Daneben stehen eingebettete Sätze, die zusätzlich die Konjunktion wa- 'und' u.a. verwenden. Das richtige Verständnis dieser Satztypen, die eine klar eingrenzbare Gruppe bilden, erlauben der Kontext und syntaktische Regeln wie die Inversion der Wortfolge oder der Wechsel der Tempusform. Das klassische Arabische besitzt natürlich auch die Möglichkeit, Konjunktionen zu verwenden und die semantische Relation zwischen zwei Teilsätzen offen zu markieren. Da die asyndetischen Satztypen bei oberflächlicher Betrachtung die scheinbar gleiche Bedeutung wie die syndetischen Satzmuster haben, sind die beiden Konstruktionstypen in den europäischen Grammatiken bisher ausnahmslos unter der gleichen Rubrik abgehandelt worden, ohne dass so dem spezifischen Charakter und der eigenständigen Funktion der asyndetischen Sätze Rechnung getragen worden wäre. Ebensowenig sind bisher die exakten Bedeutungsdifferenzen herausgearbeitet worden, die zwischen Syndese und Asyndese im klassischen Arabisch bestehen.
Von der Untersuchung ausgeschlossen blieben diejenigen asyndetischen Sätze, deren Funktion die Attribuierung einer Nominalphrase ist, d.h. alle Formen des Relativsatzes. Ebensowenig werden Fragen behandelt, die die interne Struktur von Nominalphrasen und die dortige Verwendung von Asyndese betreffen.
Da für die behandelten Satztypen bisher die theoretische Fundierung fehlt, ist besonders ihr syntaktischer Status unklar: Handelt es sich um koordinierte oder subordinierte Sätze? Wie stark ist die jeweilige syntaktische Integration? Mit welchen Mitteln sind die syndetischen und asyndetischen Sätze in ihren Matrixsatz eingebettet? Welche formalen Mittel besitzt das klassische Arabisch zur Markierung von Subordination und wie sind diese beschaffen? Wie sind die syntaktischen und semantischen Unterschiede zu fassen? Das gewählte Thema erweist sich so als Teil eines umfassenderen Problemkomplexes: Wie bildet das klassische Arabisch komplexe Sätze, und welche Rolle spielen hier die syndetischen und asyndetischen Techniken?
Es war das Ziel des Vorhabens, die theoretische Basis des Problems der Syndese und Asyndese in der Bildung von komplexen Sätzen zu erweitern und durch die Bestimmung des jeweiligen semantischen Inhalts die einzelnen Konstruktionen funktional gegeneinander abzugrenzen. Die Arbeit gehört damit in das Gebiet der grammatischen Grundlagenforschung.
Die angewandte Methode ist induktiv angelegt: Basierend auf einer umfangreichen Datenbasis wurde eine Hypothese formuliert und daraus die Regeln abgeleitet. Dieses Vorgehen ermöglichte es, sich von den Normen der einheimischen arabischen Grammatiker zu lösen und davon unabhängig gewonnene Ergebnisse zu erhalten. Als Quellentexte für eine grammatische Untersuchung eignen sich im klassischen Arabisch besonders die umfangreichen historischen Überlieferungen, und hier besonders die Biographie des Propheten Mohammed und die frühe islamische Geschichte. Das der Arbeit zugrundegelegte Korpus setzte sich daher überwiegend aus Texten der Autoren Ibn-Hisam, al-Waqidi und at-Tabari sowie Passagen aus der Ajjam al-'Arab-Überlieferung (Abu l-Faraj al-Isfahani, Naqa'id) zusammen.
Die Ergebnisse wurden publiziert in: Waltisberg, Michael: Satzkomplex und Funktion - Syndese und Asyndese im Althocharabischen, Wiesbaden: Harrassowitz, 2009.