27.04.2021 Annemarie Schimmel - Wissenschaftlerin, Sprachgenie, Dichterin und "Freundesammlerin"

Ausstellungsleitung: Paulina Rinne M.A.

Welche Perspektiven hatten Frauen, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine akademische Laufbahn in der Religions- und Islamwissenschaft einschlagen wollten? Diese Frage steht hinter einer Sonderausstellung in den Räumen der Religionskundlichen Sammlung, die am 21.4.2021 in einer Online-Vernissage eröffnet wurde. Konkret geht es um den Lebensweg von Annemarie Schimmel (1922 – 2003), der trotz ihrer bedeutsamen Forschung zu islamischer Mystik sowie ihrer umfangreichen Übersetzungstätigkeit eine Professur in Deutschland versagt blieb. Obwohl sie später Professorin in Ankara und Harvard wurde und für ihr Engagement als „Brückenbauerin“ zwischen christlichen und islamischen Kulturen vielfach gewürdigt wurde, steht sie bis heute im Schatten männlicher Forscher, die als „Klassiker der Religionswissenschaft“ gelten.

Die Ausstellung soll daher nicht nur über das bewegte Leben einer Forscherin und deren leidenschaftliches Interesse für den Islam, für Sprachen und für Lyrik erzählen, sondern auch die misogynen Strukturen beleuchten, die lange Zeit die universitären und außeruniversitären Lebenswege von Frauen einengten. Wie bedeutsam diese Thematik auch heute noch ist, wurde auch durch das überaus große fachliche und öffentliche Interesse an der Vernissage deutlich:

Durch den Abend führte die Leiterin der Religionskundlichen Sammlung, Frau Prof. Dr. Edith Franke. Nach Grußworten von Prof. Dr. Christl Maier (Direktorin des GfZ, Philipps-Universität Marburg), Dr. Nina Schumacher (Gleichstellungsbeauftragte, Philipps-Universität Marburg), Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Pye (ehem. Generalsekretär und Präsident der IAHR) sowie von Prof. Dr. Satoko Fujiwara (Generalsekretärin der IAHR, WSN) berichtete Prof. Dr. Dr. Peter Antes (ehem. Präsident der IAHR, ehem. Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Religionsgeschichte, Leibniz Universität Hannover) von seinen persönlichen Erinnerungen an Annemarie Schimmel und ihre virtuosen Sprachkenntnissen. Anschließend thematisierte Dr. Gudrun Schubert (Schubert-Durand Stiftung) Schimmels Liebe zu Büchern und ihren ganz eigenen Zugang zu islamischer Lyrik und Mystik. Auch ein erster (wenn auch virtueller) Blick in die Ausstellung war möglich, denn Paulina Rinne (Kuratorin der Ausstellung und Doktorandin am Fach Religionswissenschaft) präsentierte anhand ausgewählter Objekte wichtige Stationen im Leben Annemarie Schimmels. Welche Relevanz und Implikationen sich aus der Biographie und der Forschung Schimmels auch für heutige Forscher:innen ergeben, war das Thema der abschließenden Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Rosalind Hackett (ehem. Präsidentin der IAHR, Mitbegründerin des WSN; Universität Tennessee) und Dr. Arezou Azad (Universität Oxford).

Alle Interessierten, die mehr über Annemarie Schimmel, ihre religionswissenschaftliche Forschung und ihr außerfachliches Werk erfahren möchten, können die Sonderausstellung in den Räumen der Religionskundlichen Sammlung besuchen, sobald dies im Rahmen des Pandemiegeschehens wieder möglich ist.

 Alisha Meininghaus

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