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Globale Gurus: Wie ein hinduistisches Konzept transnational wird
Vanessa Lange
Am 1. Februar 2017 war es wieder soweit: Ein neuer Vortrag der Reihe „Religion am Mittwoch“ lockte zahlreiche interessierte BesucherInnen in die Räumlichkeiten des Fachgebiets Religionswissenschaft. Dieses Mal referierte Vanessa Lange aus Bern zum Thema „Globale Gurus: Wie ein hinduistisches Konzept transnational wird“. Eingeleitet wurde ihr Vortrag von Gerrit Lange, der Gedichte des indischen Mystikers und Gurus Kabir vortrug und anhand von Gebetsketten verschiedener religiöser Traditionen dessen Philosophie vorstellte.
Im Anschluss erläuterte Vanessa Lange zunächst die vielfältigen sozialen Rollen, die traditionell in Indien mit dem Begriff „Guru“ konnotiert werden können. Diese können von einem Lehrer bis hin zur Verkörperung eines Gottes reichen. Ein Anzeichen für die Globalisierung des Begriffs sei bereits darin zu erkennen, dass er auch als Synonym für „Experte“ in den deutschen Sprachgebrauch übernommen wurde. Eine Entterritorialisierung und Internationalisierung des Guru-Konzepts ist etwa seit 120 Jahren zu beobachten. Als Faktoren, die das Phänomen des „globalen Gurus“ mit weltweiter, teilweise auch nicht-hinduistischer Anhängerschaft ermöglichten, nannte Frau Lange u. a. den westlichen Orientalismus und die koloniale Indien-Romantik. Sie führten zu einer positiven Konnotation des Begriffs. Außerdem stellte das Parlament der Weltreligionen im Jahr 1893 zum ersten Mal eine Bühne dar, auf der „der Hinduismus“ durch Swami Vivekananda repräsentiert wurde. Er kann, weil er zahlreiche Reisen in den Westen unternahm, als der erste globale Guru betrachtet werden. Weitere Gründe für die Ausbreitung des Konzeptes liegen laut der Vortragenden in der Hippie-Bewegung, erschwinglich gewordenen Indien-Reisen, der Verbreitung hinduistischer Konzepte durch Bücher und andere Medien, in der Auswanderung indischer Bevölkerungsgruppen und in der universalistischen Tendenz einiger hinduistischer Traditionen. Abschließend wies Frau Lange auf die große Deutungshoheit global agierender Gurus hin, die Auswirkungen auf den modernen Hinduismus habe. Es komme ebenfalls oft zu einer intensiven Verflechtung der Gurus mit indischer und internationaler Politik, da ihre Globalität ein sozialer Prestigefaktor sei. Nach dem Vortrag bestand wie immer die Möglichkeit, das Thema im Foyer weiter zu vertiefen.
Alisha Meininghaus